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Printenprinz

Printenprinz

Titel: Printenprinz
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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sich noch warm an, als Böhnke erneut abhob. Er war gerade auf dem Sprung zu seinem Morgenspaziergang gewesen und im Hauseingang umgedreht.
    »Da haben wir den Salat«, hörte er die bekannte Stimme, auf die er gewettet hatte, nachdem er sich mit einem knappen »Ich höre« gemeldet hatte. Diese anonyme Floskel, die er aus dem Kieler ›Tatort‹ kannte, hatte er übernommen, weil er sie für originell erachtete. Sein Gesprächspartner verzichtete wie er auf die Namensnennung, sie wussten, wer mit wem sprach.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ein Zufall war letzte Nacht«, fuhr der Anwalt fort. Er setzte einfach Böhnkes Wissen voraus, dass er über von Sybars Tod redete.
    »Hast du denn Anhaltspunkte, die auf einen gezielten Anschlag auf von Sybar hinweisen?«
    Böhnke übersprang ebenfalls einige gedankliche Zwischenschritte. Er wusste, wie Grundler tickte und konnte sich unbedenklich auf die wesentlichen Punkte beschränken. Dass der Rechtsanwalt nicht einmal die kleinste Kleinigkeit übersah, hatte er erst vor ein paar Wochen erfahren dürfen, als sie den Mord an einem Kölner Kommunalpolitiker aufgeklärt hatten.
    »Nein«, antwortete Grundler offen. »Aber ein Attentat würde ins Bild passen. Der junge von Sybar hat sich nicht gerade beliebt gemacht in den letzten Monaten.«
    »Weil er als Öcher Karnevalsprinz in Köln wurde? Mach dich nicht lächerlich!«
    Er solle das nicht unterschätzen, entgegnete Grundler. »Aber er hatte wohl noch ein paar andere Fettnäpfchen gefunden, in die er mit großer Freude hineingetreten ist.«
    »Und welche?«
    Grundler lachte herzhaft auf. »Das, Commissario, kannst du leicht herausbekommen, wenn du den Auftrag vom alten von Sybar annimmst. Ehrlich gesagt, weiß ich auch nur, dass es mit Grundstücken in Aachen und in Köln zu tun hat.«
    »Mit anderen Worten«, Böhnke übersprang wieder einige Gedankengänge, »dir wäre es sehr recht, wenn ich herumschnüffele.«
    »Nicht doch so negativ«, tadelte Grundler milde. »Du sollst nicht herumschnüffeln, du sollst Informationen sammeln und sortieren.«
    »Deinetwegen?«
    »Wenn du willst, meinetwegen.«

    Auf den letzten Drücker kam Lieselotte Kleinereich am frühen Abend in Huppenbroich an. Sie freute sich auf die zwei Nächte in der ländlichen Idylle so nahe bei Aachen und doch so weit weg. Sie genoss jede Minute in dem Buchendorf und in der Wohnung, die früher einmal als Hühnerstall diente und die sie mit Böhnke zusammen eingerichtet hatte. Ursprünglich sollte es ihre Ferienwohnung und Wochenenddomizil sein. Nach Böhnkes Vorruhestand war er hierhin umgezogen, während Lieselotte noch in Aachen wohnte. In einigen Jahren würde sie, wenn sie ihre Apotheke abgetreten hatte, zu ihm nach Huppenbroich ziehen. Wenn seine Gesundheit das überhaupt zuließ. Momentan führten sie gewissermaßen eine etwas intensivere Wochenendbeziehung ohne Trauschein, wie Lieselotte ihre Partnerschaft scherzhaft definierte. Demnächst würde es heißen: Wir leben auf dem Lande und wohnen in einem Hühnerstall, immer vorausgesetzt, es gäbe überhaupt ein ›demnächst‹.
    Aber die Gedanken an Böhnkes Gesundheitszustand waren schnell beiseite geschoben, als er sie umarmte und innig küsste. Die Apothekerin kam nicht einmal dazu, ihr geschäftsmäßiges Kostüm gegen bequeme Jeans und Bluse zu wechseln, geschweige denn, am Küchentisch einen Happen zu essen, da gerade im Aachener Lokalprogramm des WDR der Fernsehbericht über das Unglück angekündigt wurde.
    Der gesprochene Text kam beiden merkwürdig bekannt vor, bis ihnen klar wurde, dass es sich um den Korrespondentenbericht aus dem Radio vom Morgen handelte, der nun mit Bildern und Filmen unterlegt war. Vom nächtlichen Tatort, davon sprach der Reporter unentwegt, gab es keine Aufnahmen. Die Polizei hätte Dreharbeiten während der Ermittlungen untersagt, hieß es zur Begründung. So gab es nur aus großer Entfernung gemachte Bilder, auf denen nicht viel zu erkennen war.
    Statt des Unglücksorts zeigte der Sender eine Animation, die den Hergang wiedergab und zu dem der O-Ton des Feuerwehrmanns zu hören war.
    Die nächste Sequenz zeigte den schwarzen Porsche von Sybars beziehungsweise was davon übrig geblieben war. Die zersplitterte Windschutzscheibe war ansatzweise an den Seite zu erkennen, die Karosserie war zerknautscht, die Vorderräder standen schräg.
    »In diesem Wrack hatte Peter von Sybar keine Überlebenschance«, trug der Journalist mit getragener Stimme vor.
    Erneut
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