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PRIM: Netzpiraten (German Edition)

PRIM: Netzpiraten (German Edition)

Titel: PRIM: Netzpiraten (German Edition)
Autoren: Dietrich Enss
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sollen zum Chef kommen. Jetzt gleich.“
    Talburn hatte gewartet, denn normalerweise stellte sein Vertreter Ronald Limpes seine Äußerungen gleich darauf wieder infrage. Aber diesmal nickte er nur bekräftigend und deutete mit dem Zeigefinger nach oben.
    Die Büros von TODAY erstreckten sich über die oberen drei Stockwerke des viergeschossigen William Alexander Bligh Gebäudes in der West 69. Straße an Manhattens teurer Westside. Viel Verkehr gab es nicht zwischen den Stockwerken. Die Redaktion, in der der größte Teil der Belegschaft arbeitete und wohin die meisten Besucher kamen, lag im dritten Stockwerk. Darüber residierte die Geschäftsleitung in großzügig ausgestatteten Räumen. Im Konferenzraum fanden dreißig Teilnehmer Platz. Und der Chef und Herausgeber von TODAY, Wayne P. Ferrentil, hatte sich dort oben eine seiner drei oder vier Wohnungen eingerichtet. Unter der Redaktion befanden sich das Großraumbüro von DATA TODAY und die letzten Überreste des Zeitungsarchivs, die noch in Papierform aufbewahrt wurden. Und darunter, im Hochparterre hinter dem Hauseingang, lag das Rechenzentrum mit den Datenbanken, um die TODAY von Zeitungen im ganzen Land beneidet wurde, wenn nicht sogar in der ganzen Welt. Der höchst profitable Datenservice sollte vor einigen Jahren in die eigenständige Firma Data Today Inc. umgewandelt werden, aber die Eigentümer von TODAY überlegten es sich anders. So zerschellten auch Robert Talburns Träume, in denen er sich bereits als Geschäftsführer mit Erfolgsbeteiligung sah. Immerhin beförderte man ihn vom Abteilungsleiter zum Direktor. Zu einem der fünf Direktoren von TODAY und verantwortlich für die Sektion DATA TODAY.
    Wie alle anderen in der Firma benutzte er nie die Treppen im Haus. Sie waren kahl, schlecht beleuchtet und voller Fluchtwegschilder und Hinweise für den Katastrophenfall. Eine junge Redakteurin hatte einmal gesagt, sie wagte es nicht, die Treppe zu nehmen, weil da dann jeden Moment das Sirenengeheul ausgelöst werden könnte. Die beiden Personenfahrstühle im Haus bedienten unterschiedliche Bereiche, und um in den vierten Stock zu gelangen, konnte er nicht den benutzen, mit dem er morgens vom Eingang aus zur Redaktion hochfuhr. Er trat in die Kabine und drückte den obersten Knopf neben dem blankgeputzten Schild mit der Aufschrift Management. Er wurde bereits von der Empfangssekretärin Emily erwartet, die ihm die Fahrstuhltür öffnete. Sie tauschten einen kurzen Gruß, dann begleitete Emily ihn in das Vorzimmer von Wayne Ferrentil.
    „Hi, Theresa!“, begrüßte Bob Ferrentils Sekretärin. Sie blieb sitzen und musterte ihn mit missbilligenden Blicken über den Rand ihrer Lesebrille hinweg.
    „Guten Morgen Mister Robert Talburn. Ich dachte, Sie könnten sich nun langsam einmal gute Kleidung leisten. Gehen Sie hinein, er erwartet Sie!“
    „Was gefällt Ihnen nicht an meinen Klamotten?“ fragte Bob lachend und öffnete die Tür zu Ferrentils Büro.
    „Sie sehen immer noch aus wie ein mittelloser Computer Freak.“
    „Ich bin einer“, rief Bob ihr zu.
    Wayne Ferrentil hatte den letzten Teil des kurzen Wortwechsels gehört und lachte still vor sich hin. Er streckte Bob seine Hand hin und zeigte dann auf den mit Leder bezogenen Stuhl vor seinem Schreibtisch. „Wie ein leitender Manager sehen Sie wirklich nicht aus, Bob. So würde man Sie nicht in meinen Golfclub lassen. In andere sicher auch nicht. Vielleicht als Gärtner.“
    Bob sagte nichts. Er wusste um seinen Wert für TODAY, und dass Kleidung dabei keine Rolle spielte. „Vielleicht ändern Sie Ihre Ansicht ja bald, Bob, denn Sie bekommen weibliche Gesellschaft.“ Bob sagte immer noch nichts und schaute seinen Chef nur fragend an.
    „Ich erhielt gestern Abend einen Anruf von meinem alten Freund Jon. Jonathan M. Berkner. Sagt Ihnen der Name etwas?“
    „Nein, ich glaube nicht.“
    „Dann schauen Sie mal in der Katakombe nach. Jon ist sozusagen ein Mitbegründer unserer Zeitung. Blieb aber immer im Hintergrund. Er möchte, dass wir für eine Weile eine junge Dame in unserer Datenbankabteilung mitarbeiten lassen. Sie ist Wissenschaftlerin in einem Universitätsinstitut, Spezialistin in ihrem Gebiet, und arbeitet an irgendeiner wichtigen Forschungssache. Sie heißt Ann-Louise Norwood.“
    „Wie lang ist eine Weile? Welche Universität, welches Gebiet, welche Forschungssache?“, fragte Bob trocken.
    Ferrentil spürte die Ablehnung seines Vorschlags in Bobs Stimme. Er ließ sich Zeit, um seinen
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