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PRIM: Netzpiraten (German Edition)

PRIM: Netzpiraten (German Edition)

Titel: PRIM: Netzpiraten (German Edition)
Autoren: Dietrich Enss
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starken Forschungsdrang bei Ann-Louise zu stoppen hatte. Ein wenig hatte er gefürchtet, dass Ron sie derart vollquatschen würde, dabei sich ständig selbst widersprechend, dass sie bald die Lust an ihrem Praktikum verlieren könnte.
    Ron leistete keinerlei Widerstand. Das war ungewöhnlich und musste ebenfalls mit der Wirkung zusammenhängen, die Ann-Louise auf Männer ausübte. Schnell zeigte sich, dass sie außerordentlich kompetent war. Die Arbeitsleistung von Sarah erfüllte sie sozusagen nebenher, obwohl Ron ihr gesagt hatte, dass dazu natürlich keinerlei Verpflichtung bestand. Sie analysierte die Sicherheitsvorkehrungen gegen schädliche Software und Eindringlinge und machte Ron derart detaillierte Vorschläge für Verbesserungen, dass er ihr schon bald Zugang zu den Programmcodes für die Katakombe gewährte.
    Er hatte Ron deshalb zur Rede gestellt. Ron trug neuerdings richtige und vor allem auch saubere Halbschuhe, und Hemden statt T-Shirts mit vermeintlich witzigen Aufdrucken.
    ’Du hast sie an die Quellcodes gelassen? Bist du verrückt?’
    ’Nur für die Katakombe und die A-Daten im Rechenzentrum. Sie ist enorm hilfreich und effektiv. Fast genial. Es ist so, als ob sie unsere Programmierungen bereits kennt, allein durch das Ausführen der Programme.’
    ’Will sie etwas lernen oder will sie uns etwas beibringen, Ron? Vielleicht sind ja auch unsere Kryptaprogramme verbesserungsfähig.’
    ’Keine Sorge, Bob! Von der Krypta hat sie keine Ahnung, woher denn auch. Und selbst wenn sie etwas ahnen würde, würde sie die B- und C-Daten und -programme ebenso auf unseren Servern vermuten und nicht ausgelagert in der Wolke. Das bleibt selbstverständlich auch so. Sie hat mir gezeigt, wie man an einer Morrisson-Sperre vorbeikommt.’
    Hier hatte er fast die Fassung verloren. Erst hat sie angeblich keine Ahnung, und dann kommt sie selbst auf eine Morrison-Sperre zu sprechen? Die Sperre wurde eingesetzt, um bestimmte Bereiche in Datenbanken abzutrennen und nur für registrierte und durch Passwörter privilegierte Nutzer zugänglich zu machen. DATA TODAY verwendete eine Variante dieser Sperre. Es war - unter Eingeweihten - eine recht wirkungsvolle Sperre, aber er selbst hatte als Hacker eine ihrer Vorgängerversionen schon zu Studentenzeiten geknackt.
    ’Was hast du da zu ihr gesagt?’
    ’Warte mal! Sie hat nicht nur gezeigt, wie man an der Sperre vorbeikommt, sie hat auch gleich vorgemacht, wie der Einbruch unsichtbar gemacht wird, selbst nachdem Daten abgegriffen worden waren.’
    ’Was hast du gesagt?’
    ’Dass wir uns an Gesetze halten müssen und illegale Methoden nicht dulden.’
    Die Kellnerin Sue brachte das Essen auf einem Tablett. Sie merkte, dass er in Gedanken verloren war und verfiel auf Zeichensprache, um ihn so wenig wie möglich zu stören. Kaum hatte sie das Tablett abgestellt, zeigte sie mit der freien Hand auf die Kaffeekanne in der anderen Hand. Talburn ließ sich Kaffee nachschenken. Das Baseballspiel kam offensichtlich in die heiße Schlussphase, jedenfalls war der Geräuschpegel angestiegen. Er nahm es nur unterschwellig wahr, und während er zu essen begann, sah er Ann-Louise und sich wieder im Büro.
    Er hatte Ronald Limpes instruiert, dass Ann-Louise Norwood ihn nicht stören durfte. Er sollte sie unbedingt vom Glaskasten fernhalten und selbst mit ihr klar kommen. Es waren irrationale Anordnungen aus seiner damaligen Gefühlsverwirrung heraus, wie er sich jetzt eingestehen musste, denn gleichzeitig war sein Interesse an ihr gewachsen, jedenfalls schaute er häufig ins Büro hinaus und suchte sie an Sarahs Platz. Er registrierte ihre Kleidung und ihren spärlichen Schmuck. Sie benutzte kaum Make-up. Er beobachtete, dass Ron TODAY zusammen mit ihr zum Lunch verließ. Wenn sie ging, bewegte sie sich wie eine Sportlerin, federnd und elastisch, und ihre Haare wippten im Takt mit ihren Schritten. Das alles war aber sofort nebensächlich, wenn man ihr ins Gesicht sah. Es war wirklich unmöglich, ihrem Blick auszuweichen. Sie war es bestimmt gewohnt, dass man ihr nachschaute und dass Männer ihr nachstellten. Sie musste auch bemerkt haben, dass er aus seinem Kasten immer wieder zu ihr hinüberblickte. Aber sie interessierte sich offensichtlich überhaupt nicht für ihn.
    Schon am zweiten Tag hatte er - was lag näher - die TODAY Basissuche gestartet und ihren Namen eingegeben. In der Katakombe hatte er gar nicht erst nach ihr gesehen, denn sie war weder berühmt noch reich oder alt genug,
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