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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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muß, dann will ich erst noch mein Vergnügen haben.«
    Seine mächtigen Schultern hoben sich und seine Eisenfaust fuhr Magnus in sein grinsendes Mongolengesicht, so daß dieser flach wie ein Seestern auf den Rasen gestreckt lag. Zwei oder drei Polizisten legten sofort ihre Hände an Royce, den übrigen aber schien es, als wäre jedwede Vernunft zusammengebrochen und als hätte sich das Weltall in ein sinnloses Narrenspiel verwandelt.
    »Nichts davon, Mr. Royce,« hatte Gilder befehlerisch ausgerufen. »Ich werde Sie wegen tätlichen Angriffes festnehmen.«
    »Nein, das werden Sie nicht,« erwiderte der Sekretär und seine Stimme klang wie die eines eisernen Gongs, »Sie werden mich wegen Mordes festnehmen!«
    Gilder warf einen beunruhigten Blick auf den niedergeschlagenen Mann, aber da diese mißhandelte Person bereits aufrecht saß und von dem wesentlich unverletzten Gesichte das bißchen Blut abwischte, meinte er nur kurz: »Was meinen Sie?«
    »Es ist ganz richtig, was dieser Kerl sagt,« erklärte Royce, »Miß Armstrong war mit einem Messer in der Hand ohnmächtig. Aber sie hatte nicht das Messer ergriffen, ihren Vater zu überfallen, sondern um ihn zu verteidigen.«
    »Ihn zu verteidigen?« wiederholte Gilder strenge. »Gegen wen?«
    »Gegen mich.« antwortete der Sekretär.
    Alice blickte ihn verwirrt, und betroffen an, dann sagte sie leise: »Trotz allem, es freut mich doch, daß Sie hochherzig sind.«
    »Kommen Sie hinauf,« lud Patrick Royce nachdenklich ein. »und ich will Ihnen die ganze vermaledeite Geschichte erklären.«
    Das Dachzimmer, des Sekretärs Privatzimmer (eine ziemlich kleine Zelle für einen so umfangreichen Einsiedler), trug allerdings alle Spuren eines gewaltsamen Dramas. In der Mitte des Bodens lag wie weggeworfen ein großer Revolver, weiter zur Linken eine Branntweinflasche, offen, doch nicht ganz leer. Die Decke des kleinen Tisches war herabgezerrt und zertreten und ein Stück von einer Schnur gleich der bei der Leiche gefundenen hing unordentlich über das Fensterbrett hinweg. Zwei Vasen lagen zerbrochen auf dem Kaminbrett und eine auf dem Teppich.
    »Ich war betrunken,« bekannte Royce und diese Einfachheit bei dem so vorzeitig vernichteten Manne hatte doch etwas Rührendes, wie etwa die erste Sünde eines kleinen Kindes.
    »Sie alle kennen mich,« fuhr er mit heiserer Stimme fort; »jedermann weiß, wie meine Geschichte begann und so mag sie auch ebenso enden. Man nannte mich einst einen klugen Mann und ich hätte auch ein glücklicher sein können: Armstrong rettete die Überbleibsel von Verstand und Kraft aus der Kneipe und war nach seiner Art immer gut mit mir, der arme Bursche. Nur wollte er mich nicht Alice heiraten lassen und man wird immer behaupten, er hatte recht. Nun können Sie Ihre eigenen Schlüsse ziehen und werden nicht verlangen, daß ich auf Einzelheiten eingehe. Das dort in der Ecke ist meine halbgeleerte Branntweinflasche, hier auf dem Teppich mein ganz verschossener Revolver. Es war der Strick von meinem Koffer, den man bei dem Toten fand und aus meinem Fenster wurde die Leiche gestürzt. Sie brauchen keinen Detektiv damit zu befassen, meine Tragödie zusammenzustellen, es ist ein in dieser Welt nur zu oft wiederkehrender Fall. Ich stelle mich selbst dem Galgen und, weiß Gott, das sagt genug.«
    Auf ein ziemlich rücksichtsvoll gegebenes Zeichen traten die Schutzleute an den starken Mann heran, um ihn abzuführen; aber ihre Rücksichtnahme wurde durch das sonderbare Gebaren Father Browns gestört, der auf Händen und Knien an der Türe auf dem Teppich umherkroch, als wäre er in eine unverständliche Gebetsart vertieft. Vollkommen gleichgültig dafür, was andere über sein Tun und dessen Art denken mochten, blieb er in dieser Stellung, zeigte aber der Gesellschaft ein vergnügtes, rundes Gesicht und glich so einem Vierfüßler mit einem sehr komischen Menschenkopfe.
    »Sehen Sie,« sagte er gemütlich, »das stimmt wirklich nicht zusammen. Erst sagten Sie, wir hätten keine Waffe gefunden, jetzt aber finden wir deren zu viele. Da ist das Messer zum Erstechen und die Schnur zum Erdrosseln und die Pistole zum Erschießen, bei all dem brach er sich noch den Hals durch den Sturz aus dem Fenster! Das paßt nicht zusammen, es ist nicht wirtschaftlich!« Und er schüttelte den Kopf über dem Boden wie ein grasendes Pferd.
    Inspektor Gilder hatte in ernster Absicht den Mund geöffnet, ehe er jedoch sprechen konnte, fuhr die groteske Gestalt am Boden geschwätzig
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