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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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Untersucher, seinen grauen Spitzbart streichend. »Drei Minuten, nachdem Sie Mr. Royces Geistlichen holen gegangen waren, kam die ganze Sache heraus. Sie erinnern sich des Dieners mit dem Wachsgesicht und den schwarzen Handschuhen, der den Zug anhielt?«
    »Ich würde ihn überall wiedererkennen. Ich bekam beinahe eine Gänsehaut, als ich ihn sah.«
    »Gut,« fuhr Gilder langsam fort, »als der Zug wieder weg war, war auch der Mann wieder weg. Ein ziemlich unverfrorener Verbrecher, nicht, der mit demselben Zuge entkommt, welcher die Polizei herbeiholt?«
    »Sie sind also wohl ziemlich sicher,« versetzte der junge Mann, »daß er wirklich seinen Herrn ermordete?«
    »Ja, mein Sohn, ich bin ziemlich sicher,« erwiderte Gilder trocken, »aus dem einfachen Grunde, weil er mit zwanzigtausend Pfund durchgegangen ist, die im Schreibtische seines Herrn lagen. Nein, das einzige, was man eine Schwierigkeit nennen kann, liegt darin, wie er ihn umbrachte. Der Schädel scheint von einer großen Waffe eingeschlagen zu sein, doch ist nirgends eine solche Waffe zu finden und es wäre auch dem Mörder lästig gewesen, sie mit sich zu nehmen, es sei denn, sie war zu klein, um beachtet zu werden.«
    »Vielleicht war die Waffe zu groß, um beachtet zu werden,« sagte der Priester mit sonderbarem leisen Kichern.
    Gilder wandte sich bei dieser gewagten Bemerkung um und fragte Brown ziemlich ernsthaft, was er meinte.
    »Habe mich dumm ausgedrückt, ich weiß es,« erwiderte Father Brown entschuldigend. »Es klingt wie ein Märchen. Aber der arme Armstrong wurde mit einer Riesenkeule ermordet, einer großen, grünen Keule, zu groß, als daß man sie sehen könnte, und die wir die Erde nennen. Er zerschellte an diesem grünen Damm, auf dem wir stehen.«
    »Wie meinen Sie das?« fragte der Detektiv hastig.
    Father Brown wandte sein Vollmondgesicht der schmalen Rückwand des Gebäudes zu und blinzelte hoffnungslos hinauf. Seinen Augen folgend sahen sie, daß ganz oben an dieser sonst fensterlosen Wand ein Dachstubenfenster offen stand.
    »Sehen Sie nicht,« erklärte er, indem er etwas linkisch wie ein Kind emporzeigte, »er wurde von dort oben herabgestürzt.«
    Gilder betrachtete stirnrunzelnd das Fenster und meinte dann: »Nun ja, möglich ist es ja. Aber ich verstehe nicht, weshalb Sie Ihrer Sache so sicher sind.«
    Brown riß seine grauen Augen weit auf. »Nun,« sagte er, »ein Stück von einem Stricke hängt an dem Bein des Toten. Sehen Sie nicht das andere dort oben in der Ecke des Fensters eingeklemmt?«
    In dieser Höhe sah das Ding wie ein Staubstreifen oder ein Haar aus, aber der scharfsinnige alte Schnüffler war befriedigt. »Sie haben ganz recht, Herr,« gab er Father Brown zu, »der Trumpf gehört jedenfalls Ihnen.«
    Fast während er noch sprach, bog zu ihrer Linken ein Extrazug mit einem Wagen auf der Linie ein, hielt an und spie ein paar weitere Polizisten aus, in deren Mitte das Galgenstrickgesicht von Magnus, dem verschwundenen Diener.
    »Wahrhaftig! Sie haben ihn,« rief Gilder und trat mit einer ganz neuen Lebhaftigkeit darauf zu.
    »Haben Sie das Geld?« schrie er den ersten Polizisten an.
    Der Mann blickte ihn mit einem ziemlich befremdeten Gesichtsausdruck an. »Nein.« Dann fügte er hinzu, »wenigstens hier nicht.«
    »Welches ist der Inspektor, bitte?« fragte der Mann namens Magnus.
    Sobald er den Mund aufmachte, begriff jeder sofort, wie diese Stimme einen Zug anhalten konnte. Er war ein unfreundlich blickender Mann mit glattem, schwarzem Haar, farblosem Gesicht und einem leisen Anfluge von östlicher Rasse in den geschlitzten Augen und dem Mund. Abstammung und Namen waren unbestimmt geblieben, seit Sir Aaron ihn von einer Kellnerstelle in einem Londoner Restaurant und auch (wie man sagte) von noch schlimmeren Dingen »gerettet« hatte. Doch seine Stimme war so lebensvoll wie sein Gesicht. Entweder infolge genauer Aussprache einer ihm fremden Sprache oder aus Rücksicht gegen seinen Herrn (der etwas taub gewesen war), hatten Magnus' Laute einen eigenartig durchdringenden und scharfen Klang und die ganze Gruppe sprang fast auf, als er sprach.
    »Ich habe es immer gewußt, daß es so kommen würde,« sagte er laut mit unverschämter Freundlichkeit. »Mein armer, alter Herr machte sich über mich lustig, weil ich schwarz trug, aber ich sagte es immer, ich würde für sein Leichenbegängnis bereit sein.«
    Hier machte er eine kurze Bewegung mit seinen schwarz behandschuhten Händen.
    »Sergeant,« sagte Inspektor
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