Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes
Autoren: Douglas Clegg
Vom Netzwerk:
peinigte. Zahl reiche Nächte mussten vergangen sein, seit wir an diesen Ort gebracht worden waren, denn meine Kehle fühlte sich so trocken an wie eine Wüste. Ewen wirkte sehr gequält, ich flüsterte ihm zu: »Du musst stark sein. Das müssen wir beide. Wir werden entkommen. Ich weiß es.«
    Er besaß kaum genügend Kraft, um zu sprechen. Doch schließlich sagte er zu mir, dass es für ihn keine Rolle mehr spielte, ob er der Auslöschung anheimfiele oder nicht. »Möge ich bald erneut sterben und niemals mehr von den Toten erweckt werden.«
    »So darfst du nicht denken«, erwiderte ich. »Weder habe ich den Priester des Blutes aus seiner Gefangenschaft befreit, noch habe ich seinen heiligen Leib verschlungen, nur um dann in diesem Schoß der Hölle zu liegen. Als Knabe sah ich einen anderen Vampyr, ebenfalls das Opfer irgendeines übernatürlichen Verrates. Ich half dabei, das Wesen ans Tageslicht zu holen, wo unser früherer Herr Kenan Sensterre und seine Jäger ihm den Kopf
abschlugen und seinen Körper verbrannten. Es ist uns nicht bestimmt, dass dies unser Grab wird, Ewen. Wir werden hier nicht ausgelöscht werden, das verspreche ich dir.« Ich war mir jedoch nicht sicher, ob ich meine eigenen Worte glauben konnte. In meinen Augen schwammen Tränen, als ich Ewen im Arm hielt und sein Zittern spürte. Wir waren so schwach wie fieberkranke Sterbliche. Die Myrrydanai hatten uns schon viel genommen, und nun verfügten sie auch noch über den Stab der Nahhashim. Ich wusste zwar nicht, wie ich von seiner Magie Gebrauch machen konnte, durfte aber sicher sein, dass sie um seine Geheimnisse wussten.
    Ich hatte ihn ihnen über lassen, indem ich in die Falle gegangen war, die man für mich aufgestellt hatte.
    Mich überkamen die Erinnerungen des Blutes an den Priester und seine Worte, die der Schlange heilig waren. Alles zu Einem. Alles zu Einem. Was bedeutete dies für mich?
    Mein Hunger machte mich wahnsinnig. Während ich meinen Gefährten umarmte, dachte ich an sein Blut und daran, wie erfrischend es mir schmecken würde. Die Schlange kann ihr eigenes Gift trinken. Allerdings würde er ausgelöscht werden, wenn ich von ihm tränke. Dies konnte ich nicht tun. Ich habe keinen Zweifel daran, dass er gleich falls an das meinige Blut dachte, und an den Schatten auf seinem Gesicht er kannte ich, dass er sich mit der Hoffnungslosigkeit unserer Lage abfand.
    Alles zu Einem. Der Eine in Allem.
    Die Stimme des Priesters in meinem Blut drang trotz meines schlimmen Fieberzustandes bis zu meinem Geist vor. Ich roch Ewens süße Kehle, wusste, dass meine Zunge gleich unter der Haut das dunkle, reine Gift der Schlange kosten würde. Das Blut war bereits Tausende von Jahren - seit der ersten Schöpfung - durch die Adern unserer Art geflossen, als der Priester selbst, und ja, sogar Pythia entstanden waren, durch die Blutstropfen der Medhya,
die sich mit dem Gift des Geliebten der Datbathani vermischt hatten.
    Alles in Einem. Einer in Allem.
    Wir Alle sind Eins. Der Eine ist in Allem.
    Wer ist der Eine?
    Es ist das Blut der Schlange.
    Es ist unsere Stärke, die von der Schlange stammt.
    Das Gift ist die Stärke. Das Gift bezwingt das Blut.
    Ich bin.
    Ich bin, ich weiß. Ich bin der Eine in Allem. Der Maz-Sherah.
    Alles in Einem.
    Es gab nur ein einziges Ding, das mir nicht gestohlen worden war, da die Myrrydanai nicht wussten, dass ich es besaß.
    Die Blüte. Sie lag zerdrückt in der Tasche an meiner Seite.
    Von einigen wurde sie das »Gift der Schlange« genannt.
    Ich griff in die Tasche und holte sie hervor. Dann zog ich Ewens Lippen auseinander und hieß ihn die getrocknete Blüte zwischen seinen Zähnen zerdrücken. Ich selbst hatte bereits davon gekostet. Er aber brauchte ihren Saft.
    Nachdem er meinen Worten gehorcht hatte, umarmte ich ihn, so müde wie glücklich. »Ich bin Alles in Einem. Ich bin der Eine. Wenn der Eine Alles ist, so ist Alles eins«, flüsterte ich ihm zu. »Trinke von mir.«
    Er blickte mich an, keuchend, mit ausgetrockneten Lippen. Als er zu sprechen anhob, war seine Kehle so trocken, dass die Worte unzusammenhängend klangen. »Nein. Das werde ich nicht. Ich würde … ich würde … sterben.«
    »Trinke von mir«, befahl ich und rückte ein wenig von ihm ab. Ich legte meine Hand hinter seinen Kopf und drückte diesen gegen meinen Hals. »Du trägst das Gift in dir. Vermischt mit dem Blut. Bei mir ist es ebenso. Du und ich, wir können voneinander trinken, denn das Gift der Schlange schützt das Blut.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher