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Pretty Daemon

Pretty Daemon

Titel: Pretty Daemon
Autoren: Julie Kenner
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Ich holte tief Luft, um mich zu wappnen, und wandte mich ihm dann zu. David blieb stehen. Mit einer Hand stützte er sich auf den Stock. Obwohl sein Gesicht nicht im Entferntesten an das des früheren Eric erinnerte, wusste ich doch, dass ich in diesem Moment wieder ganz und gar meinen ersten Mann anblickte. Ich konnte Davids Gesicht, sein Hinken und den Stock getrost vergessen. Diese Augen gehörten Eric, und die Bitte um Entschuldigung, die ich darin erkennen konnte, traf mich mitten ins Herz.
    »Es tut mir leid«, sagte er. Ich merkte, wie ich mich allmählich wieder entspannte.
    »Die Sache ist nicht einfach. Wir müssen es beide langsam angehen. Verstehst du? Auch du musst Geduld zeigen und etwas flexibler sein.«
    Sein Mund zuckte, als ob er ein Lächeln unterdrücken müsste. »Seit wann weißt du, was Geduld ist?«
    »Du hast Recht«, erwiderte ich grinsend. Dieser Mann kannte mich leider zu gut. »Ich will damit nur sagen, dass wir uns beide anstrengen müssen.«
    »Ich weiß«, antwortete er mit ernster Miene. »Ich kann zwar nicht behaupten, dass mir gefällt, wie unser Leben verlaufen ist. Aber das weißt du ja sowieso.«
    »Ja, das weiß ich«, antwortete ich. »Und ich verstehe deine Gefühle. Was jedoch ein Wochenende mit Allie betrifft…« Ich beendete den Satz nicht, sondern zuckte nur hilflos mit den Schultern.
    »Wir sprechen ein andermal darüber.«
    »Ja. Das wird das Beste sein.« Ich sah ihn an. In seinen Augen zeigten sich noch immer Bedenken. »Eric«, sagte ich leise. »Ich verstehe dich. Ich verstehe dich wirklich. Aber ob es dir gefällt oder nicht – ich bin in puncto Allie jetzt quasi alleinerziehend. Es ist also meine Entscheidung, und ich muss mir erst einmal ganz sicher sein, dass ich die richtige treffe.«
    »Das wirst du«, erwiderte er leise. »Das tust du immer, Katie.«
    Seine Worte, so unschuldig sie auch gemeint sein mochten, ließen mich an die große Vertrautheit denken, die uns einmal miteinander verbunden hatte. Vor langer Zeit einmal hatte mich Eric Crowe besser als irgendein anderer Mensch auf der Welt gekannt, und sein Glaube an mich war genauso unerschütterlich gewesen wie der meine an ihn.
    Ich ging auf seine letzte Bemerkung lieber nicht ein. »Ich glaube kaum, dass Watson heute Nacht noch hier auftauchen wird«, meinte ich stattdessen und wechselte so von meinen persönlichen Dämonen zu jenen, die direkt aus der Hölle kommen. »Falls er hier ist, hat er sich wohl entschlossen, zumindest heute Nacht sein Versteck noch nicht zu verlassen.«
    »Glaubst du denn noch immer, dass wir beobachtet werden?«, wollte David wissen.
    Ich horchte kurz in die Nacht hinein. »Nein. Ich glaube, wir sind wirklich allein. Falls uns Watson gesehen hat, ist er jetzt jedenfalls verschwunden.«
    »Du hast sicher Recht«, entgegnete David. »Sollen wir trotzdem noch eine Runde drehen? Oder es an einem anderen Ort versuchen?«
    Ich zögerte. In der Zeitung hatte ich am Morgen vom überraschenden Überleben eines gewissen Sammy Watson gelesen, eines Barkeepers in einem Nachtclub. Sammy war in der Gasse überfallen worden, in der wir gewartet hatten. Ein junges Paar, das zufällig vorbeigekommen war, hatte ihn bewusstlos und blutend auf dem Boden gefunden. Wahrscheinlich dachten sie, dass der Gestank nach altem Fett und fauligen Chicken-Wings ihrem Techtelmechtel eine besonders romantische Note verleihen würde. Statt Romantik fanden sie jedoch den beinahe toten Sammy.
    Der Zeitung nach war er in einem höchst kritischen Zustand ins Krankenhaus eingeliefert worden. Eine Krankenschwester hatte dem Reporter erklärt, dass man von seinem baldigen Tod ausgegangen war und es deshalb als Aufgabe des Krankenhauses betrachtet hatte, ihm die restliche Lebenszeit so angenehm wie möglich zu machen. Das Klinikpersonal war nicht wenig überrascht gewesen, als sich Sammy am nächsten Morgen bester Gesundheit erfreute und sogleich bereit war, ein paar Daiquiris und Margaritas zu mixen.
    Da er stabil wirkte, wurde er aus dem Krankenhaus entlassen. Der Leser erfuhr auch noch von den Freudentränen der Mutter und der Freundin, die seine wunderbare Genesung kaum fassen konnten.
    Ich konnte mir vorstellen, wie sich diese Frauen gefühlt haben mussten. Sie hatten befürchtet, Sammy für immer zu verlieren. Doch dann hatte er überlebt. Diesmal jedoch würden sie ihn tatsächlich verlieren. Das wusste ich. Schließlich war ich diejenige, die ihn ins Jenseits befördern würde.
    Nicht ihn. Sammy war bereits
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