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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
Autoren: Marian Keyes
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sich flink und lautstark tosend an der Straße entlang. Lila Schiefer und bläulicher Kalkstein durchbrachen die Oberfläche der Wiesen, und meilenweit sahen wir kein Lebewesen außer den an den Abhängen grasenden Schafen, farbenfroh in Orange und Pink.
    Schließlich waren wir am Ziel. Delphi liegt in einem Tal, fast völlig umgeben von Bergen, denen es gelingt, prächtig auszusehen, ohne gleichzeitig so streng und abweisend zu wirken wie eine Äbtissin, die einen demütigt, weil man die Hausaufgaben nicht gemacht hat. Die Schönheit ist geradezu überwältigend.
    Die ersten Anzeichen, dass die Delphi-Leute wussten, was sie taten, sah man bereits an der Architektur. Irlandbesucher, vor allem all die armen Holländer und Deutschen, die so verliebt sind in »die Natur«, regen sich schrecklich auf über die »Bungalowitis«, die wie ein Ausschlag einen großen Teil des ländlichen Irlands befallen hat. Primelgelbe Mini-Ranches sind nicht unbedingt das Sympathischste, was man sich denken kann, aber hier braucht man keine derartigen Monstrositäten zu befürchten. Es war alles sehr sympathisch  – ein einzigartiges Gebäude aus Glas, Holz und Stein (natürlich aus der Gegend), mit witzigen abgerundeten Dachfenstern, die dem Ganzen das Flair einer etwas vergrößerten Hobbitbehausung verleihen. Eigentlich befindet sich kein Teil des Delphi-Wellness-Centers unter der Erde, aber wenn es so wäre, wenn auf dem Dach Gras wachsen würde, damit dort die Tiere der Hobbits grasen könnten, dann würde einen das nicht im Geringsten überraschen. Irgendwie besitzt die Anlage eine Bilbo-Beutlin-Magie.
    Wir stiegen aus dem Auto und wurden vom besten Duft der
Welt begrüßt – Torfrauch in feuchter Luft. Und wir machten, dass wir reinkamen.
    Die Innenarchitektur ist so, als hätte man versucht, das Draußen nach drinnen zu bringen. Überall sind riesengroße Fenster, die einen möglichst umfassenden Blick auf die Umgebung gewährleisten; Naturholz wie Buche und Mooreiche (keine hässliche orangestichige Kiefer) bedeckt die Böden; der geschwungene Empfangstresen aus Eichenholz ruht auf Schieferplatten wie eine Art Mini-Stonehenge; ein doppelt hoher Kaminmantel sieht aus wie ein runder gemauerter Turm; alles ist kurvig, wellig, gerundet; unter einer dicken Glasscheibe fließt ein Bach, der zum Grundstück gehört, mitten durch die Eingangshalle. (Man kann zum Spaß darauf auf und ab hüpfen, um zu sehen, wie viel Gewicht das Glas aushält. Antwort: jede Menge. Ich hab es mal nach einem Sechzehn-Gänge-Menü ausprobiert – mehr davon später –, und es hat nicht mal gequietscht.)
    Alles ist extrem gemütlich. Sonst hätte das Naturzeug ja auch gar keinen tieferen Sinn und ich könnte auch in einem Zelt auf der Wiese gegenüber übernachten. Die Broschüre beschreibt Delphis Stil als »moderner Luxus mitten in der Wildnis«, und das bringt es sehr gut auf den Punkt.
    Und nun zu den Anwendungen! Die Liste enthielt alle üblichen Verdächtigen – Gesichtsbehandlungen, Massagen, Packungen etc. –, aber es standen auch interessantere Dinge wie Reiki, Hopi-Ohrkerzen und Schallwellentherapie zur Auswahl. Ich begann schließlich mit einer Aromatherapie-Massage, jedenfalls glaubte ich das. Aufgrund eines Missverständnisses meinerseits hatte ich mich jedoch aus Versehen für einen Körperwickel eingetragen, obwohl ich gar nicht auf so was stehe. (Für all diejenigen, die es nicht wissen: Man wird mit irgendwelchem stinkenden Zeug eingeschmiert, mit eng an den Körper gepressten Armen in eine heiße
Foliendecke gewickelt und muss da drin dann ungefähr vierzig Minuten schwitzen. Manche Leute schwören darauf. Aber ich gehöre nicht zu ihnen.) Doch sobald ich mein Entsetzen äußerte, zeigte sich augenblicklich das Format des Personals. Mitfühlend, ruhig und schnell fand man einen anderen Behandlungsraum für mich, und innerhalb weniger Minuten war meine Massage im Gang. Im Laufe meiner Anwesenheit gewann ich überhaupt den Eindruck, dass sämtliche Therapeuten – eine bunte Mischung aus Australiern, Briten und Iren – ein Diplom in fortgeschrittener Freundlichkeit besitzen. Sie waren herzlich, intelligent und einfühlsam, und die Wirkung einer solchen inneren Einstellung ist einfach unbezahlbar. Wenn du das Gefühl hast, dass sich der Masseur oder die Masseurin, die einen bearbeitet, insgeheim über den Zustand deiner Oberschenkel lustig macht, hilft dir seine oder ihre technische Kompetenz auch nichts mehr.
    Was mich aufs Thema
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