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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
Autoren: Marian Keyes
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Kaufhausdudelversion von »Waterloo« erfüllt das Zimmer. Muss das Abba-Medley sein.
    Himmel, wenn sie wollen, dass ich in die Realität zurückkomme, dann sind sie komplett auf dem Holzweg.
    Dankbar lasse ich mich unter die Oberfläche sinken, hinunter und immer weiter, zum ermesslichen Grund. Hier ist es so friedlich! Als würde man eine Woche lang auf einer perfekten tropischen Insel am Strand liegen, ohne Sorge, ohne Angst. Ohne etwas zu fühlen. Nichts, nicht, nichts.
     
    Chris, mein Mann, ist oft hier. Er sitzt dann ganz nah bei mir und weint, und im Hintergrund jault Coldplay leise vor sich hin. Er riecht immer gut, und solange er da ist, hält er den Verfall und den Tod in der Krankenhausluft in Schach. Er redet ununterbrochen, und seine Stimme klingt verzweifelt. Heute sagt er: »Laura, weißt du noch, wie wir uns kennen gelernt haben? Auf dem Flug nach Frankfurt? Ich wollte am Fenster sitzen, um die Alpen zu sehen, und du wolltest deinen Platz nicht hergeben. Ich dachte, du bist die tollste Frau, die ich je gesehen hatte. Und du hast geantwortet, egal, wie toll ich dich finde, du bleibst trotzdem am Fenster sitzen.«
    Ja, Chris, daran erinnere ich mich .
    »Und weißt du noch, wie wir zusammen den Anzug für mein Vorstellungsgespräch gekauft haben, und du mich alle möglichen und unmöglichen Sachen hast anprobieren lassen, die ich zuvor nie getragen hatte? Wir haben so gelacht!«
    Ja, Chris, daran erinnere ich mich .
    »Bitte komm zurück, Laura, o bitte, komm zurück.« Und dann – vermutlich, weil sonst keiner in der Nähe ist – flüstert er mir ins Ohr: »Es tut mir so Leid, Laura, ich liebe dich so sehr, es tut mir so schrecklich, schrecklich Leid. Ich mach alles wieder gut, bitte komm zurück. Ich tu auch alles, was du willst.«
    Du könntest Coldplay für eine Weile ausstellen, denke ich.
    Aber es spielt keine Rolle. Ich gehe nirgendwohin. Mir gefällt es hier unten.
     
    Ich bekomme eine Menge Besuch. Manche Leute merke ich mehr als andere. Die Mädels von der Arbeit waren da und haben versucht, eine Atmosphäre wie im Büro zu schaffen, indem sie jede Menge Schokoriegel anschleppten und leidenschaftlich darüber diskutierten, dass Milchschokolade doch so viel leckerer ist als Bitterschokolade  – ein Chorus von: »Bah! Ooh, Bitter schokolade – würg! Dann würde ich lieber gar keine Schokolade essen – na ja, das dann doch nicht ganz!« erhob sich.
    Lautes Gelächter, aber weit weg. Ich kann nicht immer kontrollieren, wie viel ich gerade mitkriege, ich bin Schwankungen unterworfen wie ein schlecht eingestelltes Radio. Vielleicht interessierte es mich zu diesem Zeitpunkt einfach nicht besonders. Vielleicht befürchtete ich, sie würden anfangen, über die Arbeit zu sprechen. Weil ich das nämlich nicht wissen wollte. In vielerlei Hinsicht ist das jetzt ein bisschen wie Urlaub für mich. Netter als Urlaub eigentlich, denn die einzige Person hier unten bin ich.
     
    Erschrocken fahre ich aus meinem dunklen Nichts empor. Mein Zimmer scheint voller wütender Cockneys zu sein. Einige von ihnen brüllen rum: Jemand hat mit jemand anderem geschlafen, und der andere hat gedacht, der Erste würde ihn lieben, und jetzt wollen sie einander umbringen. Laute Stimmen und schreckliche Aggressionen – was ist da los? Die ganze Kiste mit der Stimulation geht eindeutig zu weit! Ich will, dass diese Leute aus meinem Zimmer verschwinden.
    Mein Bett wackelt. Was soll denn das schon wieder? Ein Erdbeben, das irgendwie mit diesen Cockneys zusammenhängt?
    »Was in aller Welt ist hier los?« Die Stimme der Autorität. Garantiert eine der Schwestern. »Mrs Coy und Orla Coy, machen Sie, dass Sie aus Lauras Bett kommen, und zwar sofort!«
    Noch mehr Bettgerüttel, dann die verlegene Stimme meiner
Mutter: »Tut mir Leid, Schwester, wir haben nur versucht, alles so zu arrangieren, als würden wir uns zu Hause EastEnders ansehen. Wenn Laura rüberkommt, dann kuscheln wir uns immer auf dem Sofa zusammen.«
    »Aber sie ist schwer krank! Ihr Kopf darf nicht bewegt werden! Sie hätten einen von den Schläuchen abreißen können, durch die Ihre Tochter am Leben erhalten wird, Mrs Coy.«
    Das muss ich mir nicht länger antun. Ich lasse mich wieder hinuntersinken, sacht und langsam wie eine Feder, und warte darauf, dass sich das dunkle, tröstliche Nichts wieder um mich schließt.
    Aber irgendetwas muss schief gegangen sein, als sie in mein Bett einmarschiert sind, denn statt im wohltuenden Nichts zu schweben, stehe
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