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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
Autoren: Marian Keyes
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puddinggelben Pracht und Herrlichkeit zu zeigen. Aber es brachte ihn fast um, das nicht tun zu können. In gut zwei Tagen hatte er sich unsterblich in sie verliebt.
    Und würde sie zurechtkommen? Sie dachte , es sei alles in Ordnung, aber was würde geschehen, wenn er sie verließ und niemand mehr da war, der ihr Selbstvertrauen stützen konnte? Würde sie dann womöglich zu Michael zurückgehen? Denn das wäre nicht gut, das wäre überhaupt nicht gut.
    Bib sorgte sich, was für ihn ganz ungewöhnlich war. Aber am Abend des letzten Tages kam ihm die Antwort.
    Ros hatte vor dem Nachtflug noch ein paar Stunden Zeit, deshalb entschloss sie sich, statt in ihrem Zimmer zu sitzen und Trübsal zu blasen, noch einen letzten Inliner-Ausflug auf der Strandpromenade zu machen. Bib hatte nichts damit zu tun – sie entschied das ganz allein. Eigentlich wären ihm ein paar stille Momente mit ihr sogar lieber gewesen, statt neben ihr herzurasen, während sie hin und her flitzte und vor Vergnügen laut lachte.
    Auch Bethany und Tod waren wieder unterwegs. Unermüdlich rannte Bethany hinter dem Rad her und hielt es fest. So fuhren sie auf dem immer gleichen Stück Strandpromenade hin und her, bis Bethany plötzlich losließ und Tod davonsauste. Als er merkte, dass er ohne Hilfe fuhr, geriet er kurz ins Schwanken, richtete sich dann aber auf und schrie laut vor Freude und Stolz: »Ich fahr allein! Schau doch, Mum, ich kann es!«
    »Ist alles eine Frage des Selbstvertrauens«, sagte Bethany und lächelte Ros an.
    »Da haben Sie vermutlich Recht«, pflichtete Ros ihr bei, während sie anmutig weiterrollte. Und frontal mit einem Jogger zusammenknallte.
    Während Bib ihr wieder hoch half, hatte er eine Erkenntnis. Natürlich! Jetzt verstand er endlich. Er hatte bei Ros sozusagen die Rolle der Stützräder übernommen, ohne dass sie es gemerkt hatte. Er hatte ihr Selbstvertrauen eingeflößt – das Vertrauen, dass sie ihre Arbeit in einer fremden Stadt bewältigen, dass sie sich von ihrem tyrannischen Freund lösen konnte. Und genau wie Tod seine Mutter nicht mehr brauchte, um das Fahrrad aufrecht zu halten, so brauchte auch Ros Bib nicht mehr. Sie würde es schaffen, das spürte er. Von ihrem Auftreten beim Abschlussmeeting bis zu dem eigenen Entschluss, Inliner zu fahren, strahlte ihr Verhalten
eine Stärke und ein Selbstvertrauen aus, die absolut überzeugend waren.
    Er freute sich für sie. Ehrlich. Aber es ließ sich nicht länger leugnen, dass für ihn die Zeit gekommen war, sie zu verlassen. Bib fragte sich, was das seltsame Gefühl in seiner Brust war, und er brauchte einen Augenblick, bis er begriff, dass zum ersten Mal sein Herz brach.
     
    Auf dem Flughafen von L. A. herrschte ein noch schlimmeres Gedränge als gewöhnlich.
    »Die suchen alle nach Aliens«, klärte die junge Frau am Schalter Ros auf. »Anscheinend hat jemand vor ein paar Tagen ein kleines gelbes Männchen gesehen.«
    Aliens! , dachte Ros und sah sich ärgerlich unter den aufgeregten und übereifrigen Leuten um, die mit Geigerzählern und Metalldetektoren herumschwirrten. Also ehrlich! Was soll der Quatsch?
    Als sich Ros in ihrem Sitz anschnallte, hatte sie keine Ahnung, dass ihr Flugzeug von einer knapp einen Meter großen Lebensform beobachtet wurde, die mit Mühe die Tränen zurückhielt. »Große Jungs weinen nicht«, ermahnte sich Bib selbst, während er zusah, wie Ros’ Flugzeug die Startbahn entlangrollte, bis es fast außer Sicht war. Dann schwang es sich in die Lüfte, wurde plötzlich ganz leicht und begann zu schweben. Bib blickte ihm nach, bis es nur noch ein Fleck im Blau des Himmels war, und trabte dann durch die Menschenhorden zurück, die darauf brannten, seine Bekanntschaft zu machen, zurück zu der Stelle, wo er sein Raumschiff versteckt hatte. Es war Zeit heimzufliegen.
    Ros’ Flugzeug landete an einem luftigen englischen Sommertag und brachte sie zurück in ihr Leben ohne Michael. Während die heulenden Maschinen allmählich verstummten, versuchte sie den bittersüßen Stein der Traurigkeit in ihrer Brust hinunterzuschlucken.
Doch obwohl sie den Verlust deutlich spürte, wusste sie, dass sie ohne Michael klarkommen würde. Mitten in ihrem Kummer, im Auge des Sturms, entstand die Sicherheit, dass sie damit fertig werden würde. Sie war allein, und das war okay. Und sie fühlte noch etwas anderes in sich – die feste Überzeugung, den unerschütterlichen Glauben daran, dass sie nicht für den Rest ihres Lebens allein bleiben würde. Das
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