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PR NEO 0057 – Epetrans Geheimnis

PR NEO 0057 – Epetrans Geheimnis

Titel: PR NEO 0057 – Epetrans Geheimnis
Autoren: Christian Montillon
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fuhr Kishori fort.
    Oder zwei, dachte Belinkhar.
    Der alte Lehrmeister stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch zwischen Talisha und Estar da Tesmet. »Diese Prüfung findet in einer virtuellen Umgebung statt. Sie geht auf ein reales Ereignis während einer Abschlussprüfung zurück, das Jahrtausende zurückliegt. Sie werden sich auf einem feindlichen Planeten wiederfinden. Sie sind dort gestrandet. Irgendwo in Ihrer Nähe liegt ein Rettungsschiff, das einen von Ihnen aufnehmen und in Sicherheit bringen kann. Wem dies gelingt, der hat seine Ark Summia vollendet.«
    Die nächsten Sekunden waren voll quälender Stille. Belinkhar musterte ihre Konkurrentinnen. Keine erwiderte den Blick.
    »Wenn Sie dort sind, beeilen Sie sich. Diese Prüfung läuft schnell ab, denn Sie werden alle in der Nähe des Rettungsboots beginnen. Sie wird Ihnen aber auch alles abverlangen. Handeln Sie rasch und konsequent. Jede Ihrer Bewegungen wird aufgezeichnet und analysiert. Dieser Test Ihrer Fähigkeiten hat früher oft zu Todesfällen geführt, weshalb wir ihn in eine virtuelle Umgebung verlagert haben. Sie können dort verletzt werden, aber nicht sterben – und sobald sie abbrechen, steht medizinische Hilfe bereit. Ich wünsche Ihnen Glück. Eines noch: Der Übergang wird plötzlich für Sie kommen.« Kishori klatschte in die Hände ...
    ... und Belinkhar sah etwas auf sich zujagen, spürte ein taubes, dumpfes Gefühl in ihrem Schädel. Ein Narkosestrahl, dachte sie, dann wurde es dunkel.
     
    Als sie die Augen wieder aufschlug, musste eine Menge Zeit vergangen sein. Sie lag auf einem hölzernen, winzigen Boot und jagte darauf einen reißenden Fluss hinunter.
    Wind brauste, Wasser spritzte ihr ins Gesicht. Virtuell oder nicht, es fühlte sich echt an. Das Boot war ein Spielball der Wellen. Belinkhar rutschte darin hin und her. Sie krallte sich am Rand fest, richtete sich auf, setzte sich und verschaffte sich einen Überblick. Der Fluss schnitt sich tiefer in einen Dschungel. Zu beiden Seiten streckten Bäume ihre üppig grünen Äste über das Ufer.
    Ein Schlag ließ das Boot erzittern, ein Teil des Bugs zersplitterte krachend. Ein Holzstück traf Belinkhar am Brustkorb. Der Schmerz war echt, die Illusion perfekt. Wasser schäumte in das Boot, quoll der Mehandor über die Füße.
    Vor sich sah sie weitere Klippen. Das konnte nicht mehr lange gutgehen. Sie musste raus! Das Boot tanzte auf der Strömung. Ihr blieb keine Zeit, ausführlich nachzudenken. Vor sich sah sie einen ausladenden Ast, stieß sich ab und sprang.
    Der Schlag, mit dem sie gegen den Ast prallte, trieb ihr die Luft aus den Lungen. Sie klammerte sich fest. Die Muskeln schrien, wollten loslassen – aber sie gab nicht auf. Sie stemmte sich hoch, kam auf dem Ast zu liegen und entspannte sich.
    Sosehr man sich eben entspannen konnte, wenn man auf einem Ast über einem reißenden Fluss lag und nicht wusste, wie lange dieser einen noch trug. Also schob sie sich vorwärts. Ihre Schulter schmerzte, als wäre sie gebrochen. Sie tastete vorsichtig danach und fühlte Blut.
    Das Rauschen des Wassers hatte bislang alles übertönt. Nun hörte Belinkhar über sich Tiere keckern, aus den Wipfeln der Bäume. Endlich erreichte sie den Stamm. Er mochte etwa zwei Meter hoch liegen. Wenn sie sprang, würde sie dicht am Ufer aufkommen. Sie wollte sich gerade herablassen, als sie eine Bewegung sah.
    Jemand stapfte über den überwucherten Boden. Jeder Schritt tauchte tief in Gräser und Gebüsch. Hin und wieder knackten Äste und zerbrachen – kaum hörbar im Dröhnen des Flusses und dem Kreischen der Tiere. Belinkhar nahm immer mehr solcher Geräusche wahr, je mehr sie lauschte und sich darauf konzentrierte, das Wasserrauschen in den Hintergrund zu verdrängen.
    Estar da Tesmet näherte sich. Offenbar waren die letzten Minuten auch für sie alles andere als einfach gewesen. Beeilen Sie sich, hatte Kishori gesagt, und: Die Prüfung wird Ihnen alles abverlangen. Genau danach sah es auch bei der Hochedlen aus. Ihr Oberkörper war blutverschmiert. Bei dieser Menge konnte es nicht ihr eigenes sein, sonst wäre sie nicht in der Lage zu laufen. Ihre Kleidung war zerrissen, als wäre ein wildes Tier über sie hergefallen; genauso war es wohl auch gewesen.
    Die Hochedle schien sehr zielstrebig unterwegs zu sein, als wüsste sie exakt, wohin sie sich wenden musste. Hatte sie das rettende Beiboot womöglich schon gefunden? Kishori hatte darauf hingewiesen, dass sie alle sich in der Nähe des
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