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PR Lemuria 06 - Die längste Nacht

PR Lemuria 06 - Die längste Nacht

Titel: PR Lemuria 06 - Die längste Nacht
Autoren: Hubert Haensel
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etwas Fremdes... «
    »...weder akonischen noch arkonidischen Ursprungs und auch nicht einzuordnen?« Als die Funkerin zögerte, drängte Brouk weiter: »Haben wir eine ungefähre Einpeilung des Senders?«
    »Sehr nah diesmal«, antwortete die Frau. »Die Positionsdaten sind noch nicht exakt, aber ich blende sie ein.«
    Im Panoramaholo flammte eine Farbmarkierung auf. Der Kurs der GOLDEN GOOSE tangierte diesen Bereich sogar.
    Brouk kaute auf seiner Unterlippe, bis die Neugierde alle Bedenken überwand. Vielleicht ist das die Chance, auf die wir alle gewartet haben.
    Eine kleine Kurskorrektur und etwas Vorsicht - mehr bedurfte es gar nicht für ihre Rettung. Vielleicht sogar für ihren Erfolg.
     

2
    Die erste Wahrnehmung war ein greller, stechender Schmerz. Ebenso schnell, wie er die Lider geöffnet hatte, schloss er sie wieder, zog die Augen zurück und wartete darauf, dass das Toben unter seiner Schädeldecke abklang. Alles in ihm drängte danach, die von der gleißenden Lichtflut ausgelöste Qual lauthals hinaus zubrüllen, doch er atmete nicht einmal.
    Er wartete.
    Zeit verging, die er nicht messen konnte. Sie interessierte ihn auch nicht. Weil der Begriff nichts anderes war als die abstrakte Umschreibung eines schwer zu greifenden Phänomens.
    Zeit ist subjektiv.
    Der Satz entstand in ihm. Ohne sein Zutun. Geprägt von einem seiner beiden Gehirne, deren Existenz er sich erstmals deutlich bewusst wurde.
    Zeit ist der Beweis dafür, dass ich lebe. Ich kann sie nicht anhalten, indem ich mein Leben anhalte oder mich abschotte.
    Atme endlich!
    Etwas in seiner Nähe verursachte Geräusche. Er registrierte ein dumpfes Blubbern wie von einer abfließenden Flüssigkeit. Namen und Begriffe nahmen für ihn Gestalt an, obwohl er genau wusste, nie zuvor Ähnliches gehört zu haben.
    Zuvor?
    Es gab kein Zuvor.
    Seine Erinnerung begann mit dem Schmerz und reichte nicht weiter zurück. Dennoch wusste er sehr viel, ohne je damit in Berührung gekommen zu sein. Er musste sich nur darauf konzentrieren und nach den richtigen Antworten suchen.
    Die Helligkeit schien matter zu werden. Aber vielleicht gewöhnten sich seine Augen nur daran. Ein zweiter Erweckungsimpuls jagte eine neue Schmerzwoge durch seinen Körper.
    Nach wie vor atmete er nicht. Das brauchte er auch nicht in der eng begrenzten Welt um sich herum. Alles andere war fremd, kalt
    und nicht erstrebenswert.
    Nach einer Weile bewegte er mehrere Finger, ohne es bewusst zu wollen. Danach konnte er nicht mehr verhindern, dass er die Hände zu Fäusten ballte. Zugleich durchflutete ihn ein Gefühl ungeahnter Stärke.
    Als er die Fäuste wieder öffnete, spürte er zum ersten Mal jeden einzelnen Finger - sechs waren es jeweils, und vier Hände - und streckte die Arme.
    Ein neues Geräusch drang heran, ein dumpfes Dröhnen, das sich sogar durch den Boden fortpflanzte. Es kam näher, auf ihn zu, verstummte.
    »Wach auf, Ion Lissos!«, dröhnte eine Stimme. »Ich sehe, dass Leben in dir ist! Du hast eine Aufgabe zu erfüllen!«
    Er schwieg, nur noch getrieben von einem einzigen herausfordernden Gedanken: Wie lange kann ich existieren, ohne zu atmen? Wenn er sich selbst kennenlernen wollte, musste er das herausfinden. Zuallererst. Und danach so vieles andere über seinen Körper.
    »Fehlzüchtungen enden im Konverter!«
    Ein fürchterlicher Schlag traf ihn in die Seite und riss ihn vom Boden. Rücklings prallte er auf, erst mit den Schultern, dann mit dem Leib und zuletzt mit dem Schädel. Er registrierte, dass der Boden unter ihm nachgab, sich verformte und möglicherweise sogar aufbrach.
    Der Schmerz war unglaublich. Ion Lissos' Aufschrei wurde zum urwüchsigen Brüllen - und dann erst merkte er, dass er ungewollt atmete.
    Gedankenschnell wälzte er sich herum. Die beiden Brustarme waren kürzer als die anderen Gliedmaßen, doch konnte er sich mit ihnen kraftvoll vom Boden abstoßen. Ebenso mit den Beinen. Er spannte die Muskeln bis zum Zerreißen - ein Vorgang, den er bewusst gar nicht wahrnahm - und sprang.
    Fünf oder sechs Schritte vor ihm ragte eine massige Gestalt auf. Nur schattenhaft sah er sie mit allen drei Augen, erneut geblendet von der Lichtfülle, die sich wieder ungehindert über ihn ergoss. Im Sprung riss er die Handlungsarme hoch, aber der andere, der ihm den heftigen Tritt verpasst hatte, wich ebenso blitzschnell zur Seite.
    Ion Lissos stürzte ins Leere, schlug abermals auf...
    ...und registrierte, dass sein Körper sich veränderte. Er spürte den Schmerz
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