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PR 2701 – Unter der Technokruste

PR 2701 – Unter der Technokruste

Titel: PR 2701 – Unter der Technokruste
Autoren: Christian Montillon
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ängstigte ihn, obwohl er das niemals öffentlich zugegeben hätte. Es tat weh, ein Stück der unmittelbaren Heimat derart verändert zu sehen. Und verloren.
    Was war aus den vielen Menschen geworden, die in den großen Städten des Mondes gelebt hatten? Waren sie tot? Erstickt unter der kalten Technologie?
    Eine entsetzliche Vorstellung!
    Irgendein Sensations-Medienbericht hatte dieses Phänomen technisches Geschwür oder noch pointierter Metallkrebs genannt. Eine unsinnige Bezeichnung, wie ein Heer von Wissenschaftlern seitdem betonte. Sie diene nur dazu, den Menschen Angst einzujagen, schüre die Furcht vor dem Unbegreiflichen, Unerklärbaren.
    So unsinnig dieses Wort sein mochte, Rhodans Meinung nach traf es auf der Gefühlsebene durchaus zu; trotz der sehr negativen Assoziationen, die wohl jeder Terraner unwillkürlich dabei empfand. Trotzdem war es aussagekräftiger als alle ausgefeilten Fachbegriffe für das Metallgeflecht, das den ganzen Mond überwucherte.
    Die STARDIVER flog wenige Meter darüber. Über dem Techno-Rhizom. Der Kruste. Dem metallischen Etwas von unfassbaren Ausmaßen, düster und bedrückend und ...
    »Siehst du das?«, fragte Shanda Sarmotte hektisch. Ihr halblanges Haar fiel über das Gesicht, als sie sich ruckartig umdrehte; ein Auge verschwand unter einer Strähne. Sie schob sie beiseite, blinzelte kurz. Ihr Atem ging schwer, ihre Züge wirkten noch schmaler als sonst, geradezu zerbrechlich.
    Rhodan hatte seine Begleiter fast vergessen, war zu gebannt von den wirren Eindrücken des Fluges und dem Anblick des Technogeschwürs.
    »Das Geflecht ist nicht starr«, sagte Shanda. »Hier bewegt sich etwas. Und dort. Es formt sich um wie eine Welle, die sofort wieder erstarrt.« Shandas Finger wanderten in dem Holo umher, das ihre Umgebung zeigte. »Wir sind ...«
    »Mittendrin!« Das war Fionn Kemeny. Sein Oberlippen- und Kinnbärtchen trug er akkurat gestutzt. Die schlohweißen Augenbrauen waren wie ein geisterhafter Hauch über dem Gesicht. »Ist es nicht faszinierend? Wie ein Traum!«
    Es klang keineswegs ängstlich. Vielmehr fasziniert. Aus ihm sprach der Wissenschaftler. Der Professor für Hyperphysik, der keinen Gedanken daran verschwendete, dass er sterben könnte. Für ihn zählte nur die gigantische Fremdtechnologie. Er staunte darüber und sah aus, als wäre er völlig glücklich.
    Fragte sich nur, ob das von großem Mut zeugte oder von übergroßer Torheit.
    Shanda zog die Hand aus dem Holo zurück. Die Finger zitterten. »Ein Albtraum«, präzisierte sie. »Deine Begeisterung in allen Ehren, Fionn.«
    »Keineswegs, wir ...«
    Toufec fiel ihm ins Wort: »Still!«
    Das eine Wort klang schneidend und angespannt. Im Unterschied zu Kemeny wuchs Toufecs Bart wild, und die zu den Schläfen nach oben gebogenen Augenbrauen verliehen ihm etwas Raubvogelhaftes. Als müsse er sich jeden Moment auf einen stürzen.
    Seltsam, dachte Rhodan, dass mir das nie zuvor aufgefallen ist.
    Er verscheuchte den Gedanken. Es spielte keine Rolle. Er wusste, warum Toufec zur Ruhe gemahnt hatte. Rhodan hatte es ebenfalls bemerkt, eine Sekunde vor ihm. Dem Letzten der Crew, die waghalsig den Weg zum Mond angetreten hatte.
    Einen Augenblick später gab die Schiffssensorik Annäherungsalarm.
    »Wir müssen fliehen!«, rief Toufec. »Bring uns sofort weg von hier, Perry!« Nur Rhodan war momentan in der Lage, die STARDIVER zu steuern.
    Drei kleine Raumschiffe rasten auf sie zu, vielleicht nur Beiboote, dahinter eine riesige, kugelförmige Einheit. Leuchtete sie rot? Rhodan konnte es nicht mit Sicherheit sagen. Womöglich war es nur eine Reflexion auf einer seltsamen Beschichtung. Auch das Technogeflecht glitzerte da und dort unter irgendwelchen Lichtquellen, die ...
    In diesem Moment stockten seine Gedanken.
    Wo er eben noch die fremden Schiffe auf dem Ortungsschirm gesehen hatte, explodierte nun die Welt.
    Aber natürlich war es nicht die Welt, nicht einmal Luna, sondern nur der hintere Teil der STARDIVER. Das war eine Katastrophe. Ein flirrendes Schutzfeld schirmte ihn und seine drei Begleiter ab.
    Jemand schrie. Fionn Kemeny.
    Eine blitzende Entladung zuckte durch den Raum – oder durch das, was davon übrig war. Durch stinkenden Qualm schauten ihn Shandas grünbraune Augen an.
    Ein Alarm heulte. Als hätte jemand, der mitten im Weltuntergang steckte, es übersehen können.
    Längst hatte der SERUN den Individualschutzschirm aufgebaut, schneller, als ein Mensch es hätte befehlen können. Warnsymbole blinkten.
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