Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR 2638 – Zielpunkt Morpheus-System

PR 2638 – Zielpunkt Morpheus-System

Titel: PR 2638 – Zielpunkt Morpheus-System
Autoren: Marc A. Herren
Vom Netzwerk:
Intensität der Schmerzen ab. Die Flammen wurden kleiner, verkümmerten zu einem Glühen.
    Ein feiner Luftstrahl saugte ihr das überschüssige Sekret aus den Augen. Aus dem verschwommenen Etwas formte sich die Anzeige des Countdowns.
    54 Sekunden.
    Mondra blinzelte. Die zweistellige Zahl verschwand und wurde durch eine andere ersetzt – unerbittlich von Sekunde zu Sekunde immer kleiner werdend.
    Hinter der Anzeige erblickte sie das Gesicht des Quolnäer Keretzen. Der Zorn war erneutem Erstaunen gewichen. Ein neuer Ausdruck trat in seine Augen, den sie nicht deuten konnte.
    War es Angst?
    Plötzlich fühlte sie unglaubliches Mitleid mit dem hilflosen Wesen. War es falsch gewesen, nicht auf Felten zu hören und irgendwie ... irgendwie zu versuchen, das Leben dieses Verletzten zu retten?
    »Ich ... ich habe alle Daten, die ich benötige!«, hörte sie Feltens gepeinigte Stimme über den Helmfunk.
    Der Moment des Zweifels verging. »Nichts wie weg! Sinaid fliegt voraus! Notfalls schießt du uns den Weg frei!«
    »Verstanden!«
    Der Mathematiker streckte die Hände nach den Orontes-Steinen aus.
    »Lass sie liegen!«, befahl Mondra. »Brauchst du die Instrumente noch?«
    »J...ja!«
    »Dann halt sie fest. Ich nehme dich in Fernsteuerung!«
    33 Sekunden.
    Sinaid startete das Gravo-Pak und schoss davon. Mondra gab den vorbereiteten Befehl, und ihre SERUN-Positronik übernahm die Steuerung von Feltens Anzug.
    Zu dritt flogen sie durch die Räume und Korridore, die sie zuvor durchquert hatten. Die Sekunden zerrannen wie Sand in einem prähistorischen Stundenglas.
    19 Sekunden
    Diamond schickte einen Rafferimpuls an die ARCHIMEDES.
    15 Sekunden
    Sie flogen auf die Personenschleuse zu, durch die sie vorher ins Innere des Schiffes gelangt waren. Blitzschnell zog Sinaid Velderbilt ihren schweren Kombistrahler, riss die Waffe nach vorn und drückte ab.
    Ein grellweißer, fingerdicker Plasmastrahl traf die Schleuse, die es sofort mit einem dröhnenden Knall zerriss.
    Dann brach das Chaos los.
    Durch den Überdruck wurde die restliche Atmosphäre explosionsartig hinausgesogen. In einer Wolke aus Trümmerteilen, Leichen und schockfrierenden Flüssigkeiten flogen sie durch eine Halle, die früher einmal ein Hangar gewesen war.
    9 Sekunden
    Wo war die Bruchstelle, durch die sie ins Schiff gelangt waren? Mondra konzentrierte sich, so gut es ging, auf die Struktur der Halle und blendete alles andere aus.
    Wo ist der Ausstieg?
    Ein weiterer Plasmastrahl zuckte durch das Chaos. Vor ihnen brach eine Wand auseinander, bog sich von ihnen weg und verschwand in der dahinter liegenden Schwärze.
    2 Sekunden.
    Velderbilt und Felten wurden von der Schwärze verschluckt. Gleich darauf schoss Mondra hinter ihnen her und ...
    0 Sekunden.
     
    *
     
    Stichwort: allein
     
    Ich trieb im All.
    Den Tornister mit den Messgeräten hielt ich an meine Brust gepresst, als gäbe es keinen kostbareren Besitz im ganzen Universum.
    Ich hörte nichts außer meinen hastigen Atemzügen. Sah nichts außer Schwärze, die ab und zu von einem dünnen Lichtpünktchen durchbrochen wurde.
    Mein Herz hämmerte. Rasend schnell. Ich dachte an das Gesicht des Quolnäer Keretzen. Hatte er verstanden, dass seine Lebensuhr ablief? Hatte er einen letzten Schmerz gespürt, oder war er einfach so hinübergetreten in die Welt der Toten?
    Ich fragte mich, ob die Quolnäer Keretzen einen Totenkult kannten. War der Tod für sie eine Bürde oder ein Segen? Freuten sie sich auf die Zeit, wenn alle Schwere des Lebens gewichen war, oder hatten sie Angst davor?
    All diese Fragen gingen mir durch den Kopf.
    Seltsamerweise dachte ich keinen einzigen Moment an meinen eigenen Tod. Ich erfreute mich an der Stille, in der ich schwebte. Selbst die nervige Frauenstimme des Anzugrechners war verstummt.
    Ich dachte an Mondra Diamond und Sinaid Velderbilt. Ob ich sie wohl jemals wiedersehen würde? Ich dachte an Velderbilts leuchtend rotes Hemd.
    Man konnte sein Schicksal herausfordern ...
    Ich fühlte, wie die Anspannung komplett von mir fiel. Ich trieb alleine im All und erfreute mich an der Stille.
    Aus: Persönliche Aufzeichnungen, M. Felten, Oktober 1469 NGZ

12.
    Die Entscheidung
     
    Die Explosion des Schwingenraumers wirbelte sie unkontrolliert in den Weltraum hinaus. Diamonds Blick saugte sich an der Anzeige des Schutzschirmes im Innendisplay fest, während um sie herum die Welt verging. Die Belastung schnellte kurz auf über 120 Prozent, um gleich darauf wieder abzuflachen. Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher