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Poul Anderson

Poul Anderson

Titel: Poul Anderson
Autoren: Feind aus dem All
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besucht. Ich wußte aber immer gleich, wen ich vor mir hatte.
    »Die Stadtverwaltung vergibt Arbeit«, sagte ich. »Das hier hast du nicht nötig.«
    »Für mich ist die Arbeit zu schwer.« Sie flüsterte jetzt nur noch. »Ich kann keine Ziegelsteine schleppen – ich versuchte es und brach zusammen. Aufs Land kann ich auch nicht, denn die haben keinen Platz für mich. Und außerdem habe ich eine Tochter, um die ich mich kümmern muß.«
    Ich schüttelte den Kopf und lächelte mühsam. »Tut mir leid, Kleine. Ich kann dein Angebot nicht annehmen.«
    »Wenn du es nicht tust, wird es ein anderer tun«, sagte sie mutlos. »Du wärst mir recht gewesen. Mein Mann war auch bei der Raumwaffe.«
    In mir reifte ein Entschluß. »Wieviel verlangst du?«
    »Ich ...?« Ein trockenes Flüstern. »Eine halbe Million. Ist das zuviel?«
    »Gut«, sagte ich. »Ich suche eine Unterkunft, und du scheinst eine zu haben. Ich werde eine halbe Million für Übernachtung und Frühstück bezahlen.«
    Da begann sie zu weinen. Ich hielt sie in meinen Armen, bis sie sich gefaßt hatte, und streichelte ihr langes blondes Haar, das immer noch wunderschön war. Dabei merkte ich, daß ihr Kleid früher sehr teuer gewesen sein mußte, und auch jetzt war es noch peinlich sauber gehalten. Wie sie das ohne Seife fertiggebracht hatte, war mir ein Rätsel. Vielleicht mit Sand und Wasser.
    Wir gingen Hand in Hand zu ihrer Behausung. Sie führte mich flink durch wirre Trümmerhaufen geborstener Steinquader und verbogener Träger, zwischen denen überall Glasscherben und hier und da auch menschliche Knochen verstreut lagen. Es war jetzt fast völlig dunkel, und ich stolperte häufig.
    Ein großes Hotel war in sich zusammengerutscht, aber durch ein halbverschüttetes Loch kam man hinein. Den Zugang hatten sie mit zwei geborstenen Türen und ein paar zerzausten Büschen getarnt, die hier und da in der Stadt wuchsen.
    Wir krochen durch einen engen Tunnel in einen Hohlraum, der etwa zwei mal zwei Meter maß und schätzungsweise einsdreißig hoch war. Der Raum war so sauber wie ihr Kleid und genauso einfach: Ein paar primitive Gebrauchsgegenstände, eine Matratze, eine trüb brennende Öllampe und ein paar Bücher. Ein Kind spielte auf dem Fußboden, eine süße dreijährige Krabbe mit dem Blondhaar ihrer Mutter und großen graublauen Augen. Sie rannte zu ihrer Mutter, die sie aufhob und beruhigend auf sie einsprach.
    »Hab ich dir gefehlt, Alice?«
    »Ach nein, Mammi, gar nicht. Ich spielte mit Hoppy, und er setzte sich auf den Lampenschirm und putzte sich seine Flügel, und du hast einen Vati mitgebracht, und Hoppy sagte ...«
    Ich setzte mich in eine Ecke. »Du läßt deine Tochter wohl oft allein?« fragte ich.
    Sie drehte sich mir mit aufflammenden Zorn zu. »Wenn es dir hier nicht paßt, dann geh doch! Du bist immer prima versorgt worden, du hast stets deine Verpflegung gehabt, dazu deine Arbeit und die Ordnung, wobei alles wie am Schnürchen lief; und wenn du gefallen wärst, hätte dich der Tod schnell und schmerzlos ereilt. Du hast dich nie vor den Verbrecherbanden verstecken müssen, nur um am Leben zu bleiben – nun geh schon endlich und laß mich allein!«
    »Es tut mir leid«, sagte ich. »Ich wollte nicht päpstlicher als der Papst sein. Ein Mann, der dabei war, als Zuneth bombardiert wurde, kann schwerlich auf irgend jemanden herabblicken.«
    »Du warst mit dabei?« Ihr Ärger schwand, und sie lächelte. »Das war unser größter Sieg. Damals mußten eine Million Marties dran glauben.«
    »Ja, ja«, sagte ich. »Wir beschossen sie aus dem Weltraum, genauso, wie sie es später mit der Erde getan haben. Eine Million lebendiger Wesen! Ich bin nicht stolz darauf.«
    Ich durchblätterte die Bücher, die sie aus einer Bibliothek ausgegraben haben mußte, wie ich an der Numerierung sah. Shakespeare, griechische Tragödien, Goethes »Faust« in deutsch, Whitman, Benet und sentimentalerweise Brooke. Jawohl, sie stammte aus gutem Hause. Und nun hauste sie hier in dieser erbärmlichen Höhle und las »Die trojanischen Frauen«. Ich schüttelte den Kopf.
    »Wie heißt du?« fragte ich.
    »Christine Hawthorne«, antwortete sie. »Meine Freunde nannten mich Kit.« Ich sah, wie sie dabei bis unter die Haarwurzeln rot wurde.
    »Danke, Kit«, sagte ich. »Ich heiße Dave Arnfeld.«
    Wir unterhielten uns lange. Sie war, wie ich, im Krieg aufgewachsen, aber bis letztes Jahr hatten die Kämpfe fern der Erde getobt, und sie hatte ein recht erträgliches Leben
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