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Poul Anderson

Poul Anderson

Titel: Poul Anderson
Autoren: Feind aus dem All
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geführt. Ihre Eltern lebten in guten Verhältnissen, sie war viel gereist, hatte dann die Hochschule besucht. Vier Jahre später lernte sie James Hawthorne kennen, einen Leutnant der Raumstreitkräfte – sie zeigte mir ein verblaßtes Bild, aus dem mir ein junges, noch kindliches Gesicht entgegenschaute – und heiratete ihn; aber er fiel in der Schlacht bei Juno, als sie gerade niederkam. Sie ging als Sprachwissenschaftlerin an das Zentralinstitut für Sprachen in New York und lebte dort, als New York zerstört wurde. Nur einem unwahrscheinlichen Zufall verdankte sie, daß sie mit dem Leben davonkam. Dann folgte der übliche tierische Kampf ums Dasein, bis ihr Wille schließlich zerbrach. Nun faßte sie wieder Mut, und ich sah, wie ihre Entschlossenheit zurückkehrte.
    Was nützte es aber, wenn das Leben trotzdem aussichtslos war?
    »Wohin gehst du?« fragte sie mich.
    »Ins Landesinnere«, sagte ich. »Mir gehört ein Landgut in der Nähe von Albany, das ich von meinen Eltern geerbt habe, und niemand von meinen Angehörigen lebt noch. Das Anwesen wird auch zerstört sein, immerhin ist es ein Anfang – ich hoffe es jedenfalls. Ich werde Farmer. Was soll man sonst heutzutage machen?«
    Ich wußte, was sie dachte, aber ihr Stolz verbot es ihr, darüber zu sprechen. Sie wechselte das Thema. »Ich dachte immer, dort wohnten gar nicht so viele Deutsche.«
    »Wir stammen aus Schweden«, lachte ich. »Obwohl bei uns die meisten Familien aus England und Holland zugewandert sind.«
    »Meine Vorfahren haben den Sezessionskrieg durchgemacht, dann den Bürgerkrieg, und nun sind wir mit der Nation zugrunde gegangen.«
    »Schau mal«, fuhr ich fort. »Ich brauche eine Haushälterin und überhaupt eine Stütze. Du scheinst zäh zu sein. Warum willst du nicht mitkommen?«
    Sie preßte das Kind an sich. »Es ist eine gefährliche Reise«, antwortete sie.
    »Okay«, sagte ich, überreizt von Hunger und Müdigkeit. »Dann bleib eben hier.«
    Wir stritten uns eine Weile, gaben es endlich auf und legten uns schlafen. Natürlich nahm sie schließlich an. Und ich sparte eine halbe Million Dollar.
    Das Frühstück bestand aus einer Viertelbüchse Corned Beef, das mit Wasser vom Fluß verdünnt war. Danach packten wir ihre paar Haushaltungsgegenstände zusammen und brachen auf. Meist trug ich das Kind. Alice war brav und anschmiegsam und folgte ohne Klage. Ihr schien das alles nichts auszumachen, obwohl Kit erzählte, daß das Kind oft nachts im Traum aufschrie.
    »Wenn sie älter ist, läßt du besser das Trauma durch einen Psychiater behandeln«, riet ich ihr. Dann fiel mir ein, daß es auf der Erde in Zukunft keine Seelenärzte mehr geben würde. Halb ausgebildete praktische Ärzte war das beste, worauf wir hoffen durften, weil gut ausgebildete Mediziner gegebenenfalls im Bakterienkrieg gegen die Marsier eingesetzt werden könnten.
    Wir brauchten einen ganzen Tag, um aus der Stadt herauszukommen, und der Hunger quälte uns sehr. Dank meiner Uniform konnten wir bei einem Farmer im Heu schlafen, der uns außerdem noch eine Tagesration an Nahrungsmitteln zu einem sündhaft teuren Preis verkaufte. Er warnte mich, daß er eine Ausnahme bilde.
    »Ich dachte, wir wären alle Brüder im Unglück«, sagte ich.
    »Das glaubte ich früher auch«, antwortete er. »Dann kamen die Banden und der Pöbel aus der Stadt. Ich hatte Glück, deshalb hege ich keinen Groll, aber von Männern, die zusehen mußten, wie ihre Häuser in Flammen aufgingen, ihre Frauen vergewaltigt wurden, und denen ihr Saatgut und das Vieh gestohlen wurde, kann man kaum Freundlichkeiten erwarten. An Städter verkaufen die nichts mehr.«
    »Verstehe«, sagte ich.
    »Es kann für Sie auch unangenehm werden, weil Sie ein Raumfahrer waren«, fügte er hinzu. »Viele Leute haben alles, was mit Krieg zusammenhängt, gefressen. Man sagt, daß die Erdregierung mit dem Krieg anfing – kann sein, daß die Marties das Gerücht in Umlauf setzten. Ich kann's nicht beurteilen, aber es ist eine Tatsache, daß ihr Raumsoldaten alles verpfuscht habt, so daß die Marties den Mond besetzen und uns zerbomben konnten.«
    »Ich bin nicht verantwortlich dafür«, sagte ich. »Aber von Leuten in Ihrer Lage kann man keine Logik erwarten.«
    Er hatte recht, und ich wurde somit aus Not zum Räuber. Ich stahl ein Pferd samt Wagen, ferner eine Kuh, damit wir Milch hatten, und dann noch einige Hühner und Gemüse als Proviant. Ich ging einfach in die Höfe und nahm mir das, was ich brauchte, mit
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