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Post Mortem

Post Mortem

Titel: Post Mortem
Autoren: Jonathan Kellerman
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voller Gelassenheit, der den größten Teil des Tages schlafend verbringt. Ihr Vorgänger, ein lebhafter gestreifter Rüde namens Spike, war friedlich in reifem Alter gestorben. Ich hatte ihn gerettet, aber er hatte sich für Robin als Objekt seiner Zuneigung entschieden. Bis jetzt machte Blanche keine Unterschiede. Als Milo sie das erste Mal sah, sagte er: »Die könnte man fast für hübsch halten, irgendwie.« Blanche gab kleine schnurrende Geräusche von sich, rieb ihren knubbeligen Kopf an seinem Schienbein und zog die Lefzen hoch.
    »Ist das ein Lächeln, oder sind das Blähungen?«
    »Lächeln«, sagte ich. »Sie macht so was.«
    Er hockte sich hin und sah sie sich genauer an. Blanche leckte ihm die Hand und rückte näher, um gestreichelt zu werden. »Ist das dieselbe Spezies wie Spike?«
    »Denk an dich und Robin«, sagte ich.
    Kein Willkommensgebell, als ich durch die Küche ging und den Wäscheraum betrat. Blanche döste bei offener Tür in ihrem Korb. Mein geflüstertes »Guten Tag« veranlasste sie, ein riesiges braunes Auge zu öffnen. Der natürliche Stummel, der bei Französischen Bulldoggen als Schwanz dient, begann frenetisch zu wackeln, aber der Rest von ihr blieb bewegungslos.
    »Hey, schlafende Schönheit.«
    Sie hob das andere Lid, gähnte, erwog ihre Optionen. Schließlich verließ sie tapsend ihren Korb und schüttelte sich wach. Ich hob sie auf und trug sie in die Küche. Der Leberkeks, den ich ihr anbot, hätte Spike in eine wilde Futterlaune versetzt. Blanche gestattete mir, sie zu halten, während sie anmutig daran knabberte. Ich trug sie ins Schlafzimmer und setzte sie in einen Sessel. Sie seufzte und legte sich wieder schlafen.
    »Das liegt daran, dass ich so ein faszinierender Bursche bin.«
    Ich durchsuchte den Schrank mit den alten Akten nach Tanya Bigelows Patientenblatt, fand es unten in einer Schublade und überflog es. Erste Therapie im Alter von sieben, eine Nachbehandlung drei Jahre später.
    Nichts Wichtiges in meinen Aufzeichnungen. Keine Überraschung.
    Um zwanzig nach fünf klingelte es an der Tür.
    Eine junge Blondine mit reiner Haut stand in einem weißen Oxfordhemd und einer gebügelten Jeans vorne auf der Veranda. »Sie haben sich kein bisschen verändert, Dr. Delaware.«
    Ein zu kurz geratenes Kind hatte sich in eine zierliche junge Frau verwandelt. Ich suchte in meiner Erinnerung nach Ähnlichkeiten, fand ein paar: das gleiche dreieckige Gesicht, das kantige Kinn, die blassgrünen Augen. Die bebenden Lippen.
    Ich fragte mich, ob ich sie auf der Straße wiedererkannt hätte.
    »Sie haben sich ein bisschen verändert«, sagte ich und bat sie hereinzukommen.»Das will ich doch hoffen«, erwiderte sie. »Das letzte Mal war ich ein Baby.«
    Anthropologen behaupten, blond sei attraktiv, weil so wenige Flachsköpfe ihre Haarfarbe behalten und es Jugend repräsentiert. Tanyas hellblonde Locken hatten sich in honigfarbene Wellen verwandelt. Sie trug die Haare lang und hatte sie zu einem hohen Knoten gesteckt, der von schwarzen Essstäbchen fixiert wurde.
    Keinerlei Ähnlichkeit mit Patty.
    Warum sollte auch eine vorhanden sein?
    Wir gingen durch den Flur. Als wir uns dem Büro näherten, trat Blanche aus dem Schlafzimmer.
    Sie schüttelte sich, gähnte, trottete vorwärts. Ich nahm sie auf den Arm.
    »Das ist definitiv anders«, sagte Tanya. »Die einzigen Tiere, die Sie das letzte Mal hatten, waren diese herrlichen Fische.«
    »Die gibt's immer noch.«
    Sie streckte die Hand aus, um den Hund zu streicheln, und zog sie wieder zurück.
    »Ihr Name ist Blanche. Sie ist mehr als freundlich und liebt Gesellschaft.«
    Tanya streckte vorsichtig einen Finger aus. »Hallo, Süße.« Ein Welpenzittern ließ Blanches rundlichen kleinen Leib erschauern. Eine feuchte schwarze Schnauze schnüffelte in Tanyas Richtung. Fleischige Lefzen kräuselten sich nach oben.
    »Anthropomorphisiere ich, Dr. Delaware, oder lächelt sie?«
    »Sie sehen das ganz richtig, sie lächelt.«
    » So süß.«
    »Ich lege sie wieder in ihren Korb, und dann können wir anfangen.«
    »Ein Korb? Ist das nötig?«
    »Sie fühlt sich darin sicherer.« Tanya machte einen zweifelnden Eindruck.
    »Denken Sie an ein Baby in seinem Bettchen«, sagte ich, »das andernfalls im Freien herumrollen würde.«
    »Mag sein«, erwiderte sie, »aber verbannen Sie sie nicht meinetwegen. Ich liebe Hunde.« Sie kraulte Blanche oben am Kopf.
    »Möchten Sie sie halten?«
    »Ich… wenn sie nichts dagegen hat.«
    Blanche nahm die
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