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Post Mortem

Post Mortem

Titel: Post Mortem
Autoren: Jonathan Kellerman
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Übergabe hin, ohne auch nur zu zucken. Jemand sollte die chemische Zusammensetzung ihres Gehirns untersuchen und das Zeug gewerbsmäßig herstellen.
    »Sie ist so warm - hey, Süße. Ist sie eine Boxerhündin?«
    »Eine Französische Bulldogge. Falls sie zu schwer wird -«
    »Keine Sorge. Ich bin stärker, als ich aussehe.«
    Wir setzten uns in zwei Sessel, die sich gegenüberstanden.
    »Bequemes Leder«, sagte sie und streichelte über eine Lehne. »Genau wie damals…« Sie warf einen Blick auf Blanche. »Halte ich sie korrekt?«
    »Perfekt.«
    Sie sah sich in dem Raum um. »Hier drinnen hat sich nichts geändert, aber der Rest, des Hauses ist völlig anders. Früher war es kleiner. Mit einer Holzverkleidung, stimmt's? Ich dachte zuerst, ich hätte mich in der Adresse geirrt.«
    »Wir haben es vor ein paar Jahren umgebaut.« Ein Psychopath hatte uns die Entscheidung abgenommen und alles in Asche gelegt, was uns gehörte.
    »Es ist äußerst stilvoll geworden«, sagte Tanya.
    »Danke.«
    »So«, sagte sie. »Hier bin ich.«
    »Gut, Sie wiederzusehen, Tanya.«
    »Das finde ich auch.« Sie blickte sich um. »Sie denken wahrscheinlich, ich sollte über Mommys Tod mit Ihnen reden.«
    »Wenn Sie möchten.«
    »Das möchte ich eigentlich nicht, Dr. Delaware. Ich verschließe mich nicht der Realität, es war ein Albtraum, ich hätte nie gedacht, dass ich mal so was Furchtbares durchmachen müsste. Aber ich bewältige meine Trauer so gut, wie man nur erwarten kann - hört sich das nach Ablehnung der Realität an?«
    »Das können Sie am besten beurteilen, Tanya.«
    »Nun ja«, sagte sie, »den Eindruck habe ich auch. Ich fresse meine Gefühle nicht in mich hinein. Im Gegenteil, ich weine. Oh, Mann, ich heule wie ein Schlosshund. Ich wache immer noch jeden Morgen mit der Erwartung auf, sie zu sehen, aber…«
    Ihre Augen wurden feucht.
    »Es ist noch nicht lange her«, sagte ich.
    »Manchmal kommt es mir wie gestern vor. Manchmal, als wäre sie schon immer weg gewesen… Ich hatte den Verdacht, dass sie krank ist, bevor sie auf die Idee kam.«
    »Hat sie sich nicht gut gefühlt?«
    »Sie war einfach ein paar Wochen lang nicht sie selbst.« Rick hatte das Gleiche gesagt.
    »Es war nicht so, als hätte sie das davon abgehalten, Doppelschichten einzulegen oder zu kochen oder den Haushalt zu führen, aber ihr Appetit ließ nach, und sie begann abzunehmen. Als ich sie darauf hinwies, sagte sie, ich solle mich nicht beklagen, vielleicht würde sie endlich dünner. Aber das war genau der Punkt. Mommy konnte einfach nicht abnehmen, egal wie sehr sie sich bemühte. Ich bereite mich aufs Medizinstudium vor und weiß so viel von Bio, dass ich an Diabetes dachte. An einem Abend, als sie ihr Essen kaum anrührte, hab ich sie darauf hingewiesen, was meiner Ansicht nach los war. Sie sagte, es seien nur die Wechseljahre, keine große Sache. Aber sie war schon zwei Jahre vorher in die Wechseljahre gekommen, und normalerweise nehmen Frauen dann zu und nicht ab. Ich habe ihr das gesagt, aber sie hat mich abblitzen lassen. Eine Woche später wurde sie dann endlich gezwungen, sich untersuchen zu lassen.«
    »Wodurch gezwungen?«
    »Dr. Silverman hat das Gelb in ihren Augen bemerkt und darauf bestanden. Aber sogar da hat sie sich zuerst in der Notaufnahme Blut entnehmen lassen, bevor sie sich bereit erklärte, einen Arzt aufzusuchen. Als die Ergebnisse zurückkamen, ordnete Dr. Silverman sofort eine Computertomographie an. Der Tumor saß mitten in der Bauchspeicheldrüse, und es gab Metastasen in ihrer Leber, im Magen und im Darm. Es ging schnell bergab mit ihr. Manchmal frage ich mich, ob der Schock, Bescheid zu wissen, ihr allen Kampfgeist geraubt hat. Vielleicht war es auch der natürliche Verlauf der Krankheit.«
    Sie saß mit geradem Rücken und trockenen Augen da. Liebkoste Blanche langsam. Jemand, der sie nicht kannte, hätte sie für distanziert halten können.
    »Wie lange war sie krank?«, fragte ich.
    »Vom Tag der Diagnose gerechnet, fünfundzwanzig Tage. Die meisten davon hat sie im Krankenhaus verbracht; sie wurde zu schwach, um zu Hause zu leben. Zu Anfang gab sie sich alle Mühe, gereizt zu sein - beklagte sich, dass ihr Tablett nicht schnell genug abgeräumt wurde, regte sich darüber auf, dass freie Krankenpflegerinnen nicht so gut wären wie Schwestern, die zum Stammpersonal gehörten, die Kontinuität der Pflege sei nicht gewährleistet. Bei jedem Schichtwechsel bestand sie darauf, ihr Krankenblatt zu lesen, und überprüfte,
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