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Post Mortem

Post Mortem

Titel: Post Mortem
Autoren: Jonathan Kellerman
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Entschlossenheit. Genau so reagierte Mommy, wenn ein Problem gelöst werden musste. Sie glauben jetzt bestimmt, dass ich mich lächerlich mache, sie war krank, ihr Gehirn war in Mitleidenschaft gezogen. Aber so krank sie auch sein mochte, sie wollte eindeutig, dass ich mein Augenmerk darauf richte.«
    »Auf die schreckliche Sache.«
    Sie blinzelte. »Meine Augen jucken. Kann ich bitte ein Papiertuch haben?« Sie wischte sich die Augen ab und atmete aus. Blanches Lefzen blähten sich. Tanya blickte auf sie hinab. »Hat sie mich gerade nachgemacht?«
    »Betrachten Sie es einfach als Empathie.«
    »Mann. Sie ist der perfekte Psychologen-Hund.« Sie lächelte unverhofft. »Wann macht sie ihren Doktor?«
    »Da müssen Sie sie fragen«, fragte ich. »Sie möchte Anwältin werden.« Als sie aufhörte zu lachen, sagte sie: »Was war das? Ein Scherz zur Entspannung?«
    »Betrachten Sie es als Gelegenheit zum Luftschnappen.«
    »Wird gemacht… Kann ich Ihnen also genau erzählen, was passiert ist?«
    Dafür werde ich bezahlt.
    »Ich höre«, sagte ich.

4
    »In der zweiten Woche ging es nur um die Schmerzen«, sagte sie. »Darauf haben sich alle konzentriert, bis auf Mommy.«
    »Und worauf konzentrierte sie sich?«
    »Darauf, Dinge zu erledigen. Sie nannte es, ihre Entlein in die Reihe zu kriegen. Zuerst hat es mich aufgebracht. Ich wollte mich um sie kümmern, ihr sagen, wie sehr ich sie liebe, aber wenn ich damit anfing, unterbrach sie mich immer. ›Reden wir von deiner Zukunft. ‹ Sie sagte es langsam, keuchte dabei und rang um jedes Wort, und ich dachte: Es ist eine Zukunft ohne sie.«
    »Vielleicht hat sie das von ihren Schmerzen abgelenkt.«
    Die Muskeln um ihre Augen herum zitterten. »Dr. Michelle - der Anästhesist - hatte sie an einen Morphiumtropf angeschlossen. Sie sollte eine konstante Dosis bekommen, damit sie so wenig Beschwerden wie möglich hätte. Die meiste Zeit hatte sie ihn abgestellt. Ich habe zufällig mitgehört, wie Dr. Michelle zu einer Schwester sagte, sie hätte ganz bestimmt Schmerzen, aber es gäbe nichts, was er tun könne. Erinnern Sie sich noch, wie starrsinnig sie sein konnte?«
    »Sie hatte ihre festen Meinungen.«
    »Entlein in die Reihe«, sagte sie. »Sie hielt einen Vortrag, und ich musste mir Notizen machen, weil es so viele Details gab. Es war wie in der Schule.«
    »Was für Details?«
    »Finanzielle. Finanzielle Sicherheit war für sie ein wichtiges Anliegen. Sie hat mir von einem Treuhandvermögen erzählt, das sie für meine Ausbildung angelegt hat, als ich vier war. Sie dachte, ich hätte keine Ahnung davon, aber ich hatte sie mit ihrem Anlageberater telefonieren hören. Ich hab so getan, als wäre ich überrascht. Es gebe zwei Lebensversicherungspolicen, auf denen ich als einzige Begünstigte erscheine. Sie war stolz darauf, das Haus abbezahlt und keine Schulden zu haben. Mit meinem Job und den Kapitalerträgen wäre ich in der Lage, die Vermögenssteuer und die laufenden Rechnungen zu bezahlen. Sie befahl mir, meinen Wagen zu verkaufen - sie nannte mir tatsächlich den Listenpreis - und ihren zu behalten, weil der neuer sei und deshalb weniger Wartungsarbeiten anfielen. Sie gab die genaue Summe an, die ich im Monat zur Verfügung hätte, und riet mir, mit weniger auszukommen, wenn ich es einrichten könne, aber mich immer gut anzuziehen, die äußere Erscheinung sei wichtig. Dann gab es all die Telefonnummern: Anlageberater, Rechtsanwalt, Steuerberater, Installateur, Elektriker. Sie hatte bereits mit allen Kontakt aufgenommen, und jetzt warteten sie darauf, dass ich mich bei ihnen meldete. Ich müsse jetzt mein Leben selbst in die Hand nehmen, und sie erwartete, dass ich so erwachsen wäre, es geregelt zu kriegen. Als sie zu dem Teil kam, wo es darum ging, ihre Kleidungsstücke auf einem Flohmarkt oder bei eBay zu verkaufen, brach ich in Tränen aus und bat sie aufzuhören.«
    »Hat sie aufgehört?«
    »Tränen haben bei Mommy nie ihre Wirkung verfehlt. Als ich klein war, hab ich das ausgenutzt.«
    »Diese ganze Planung für Ihre Zukunft muss ein bisschen viel für Sie gewesen sein.«
    »Sie redet und redet über Vermögenssteuer, und ich denke: ›Bald ist sie nicht mehr da.‹ Es hat ihr Kraft gegeben, Dr. Delaware, aber es war alles andere als einfach. Ich musste wiederholen, was sie mir gesagt hatte, wie bei einem Popquiz.«
    »Zu wissen, dass Sie alles verstanden hatten, wird ein Trost für sie gewesen sein.«
    »Das hoffe ich. Ich wünschte nur, wir hätten mehr Zeit
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