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Post Mortem

Post Mortem

Titel: Post Mortem
Autoren: Jonathan Kellerman
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in der Unfallambulanz gesehen, wenn ich Rick einen Besuch abgestattet habe. Hallo, wie geht's, einen schönen Tag noch.«
    »Wusstest du, dass sie krank war?«
    »Erfahren hätte ich davon nur, wenn Rick es mir erzählt hätte, und wir haben eine neue Regel: nach Feierabend keine Rede vom Geschäft.«
    Wenn Fälle nicht gelöst sind, gibt es für Detectives im Morddezernat keinen Feierabend. Rick Silverman arbeitet lange Schichten in der Unfallambulanz des Cedars. Die beiden reden die ganze Zeit über Grenzen, aber ihre Pläne werden selten alt.
    »Also hast du keine Ahnung, ob sie immer noch mit Rick gearbeitet hat?«, fragte ich.
    »Die gleiche Antwort. Sie hat eine »schreckliche Sache‹ gebeichtet, die sie getan hätte, wie? Das ergibt doch keinen Sinn, Alex. Warum sollte das Kind irgendwelches Zeug über seine Mutter ans Licht holen wollen?«
    Weil das Kind nicht loslassen kann, wenn es etwas zu fassen bekommt. »Gute Frage.«
    »Wann hast du sie behandelt?«
    »Das erste Mal war vor zwölf Jahren, als sie sieben war.«
    »Genau zwölf, nicht ungefähr«, sagte er.
    »An manche Fälle erinnert man sich.«
    »Ein schwerer Fall?«
    »Sie hat ihre Sache gut gemacht.«
    »Der Super-Shrink hat wieder zugeschlagen.«
    »Reine Glückssache«, sagte ich.
    Er starrte mich an. Aß noch ein Stück Steak. Legte seine Gabel hin. »Das hier ist nicht spitze, es ist bestenfalls erstklassig.«
    Wir verließen das Restaurant, und er fuhr zurück in die Innenstadt, zu einer Besprechung im Büro des Bezirksstaatsanwalts. Ich nahm die Sixth Street bis zu ihrem westlichen Endpunkt am San Vicente, wo mir eine rote Ampel die Gelegenheit verschaffte, die Unfallambulanz im Cedars-Sinai anzurufen. Ich fragte nach Dr. Richard Silverman und hing immer noch in der Warteschleife, als die Ampel grün wurde. Ich legte auf und fuhr nach Norden zur La Cienega und dann nach Westen auf der Gracie Allen in das weiträumige Krankenhausgelände.
    Patty Bigelow, tot mit vierundfünfzig. Sie hatte immer einen so robusten Eindruck gemacht.
    Ich stellte den Wagen auf dem Besucherparkplatz ab, ging auf den Eingang der Notaufnahme zu und versuchte mich zu erinnern, wann ich das letzte Mal mit Rick ein berufliches Gespräch geführt hatte, seit er Patty und Tanya zu mir geschickt hatte. Nie.
    Mein bester Freund war ein schwuler Detective im Morddezernat, aber das hatte keine häufigen Kontakte mit dem Mann zur Folge, mit dem er zusammenlebte. Im Laufe eines Jahres plauderte ich vielleicht ein halbes Dutzend Mal mit Rick, wenn er bei ihnen zu Hause ans Telefon ging, der Tonfall immer unbeschwert, keiner von uns beiden wollte das Gespräch hinauszögern. Hinzu kamen ein paar Abendessen zu besonderen Anlässen - Robin und ich scherzten mit den beiden und prosteten ihnen zu -, und das war's.
    Als ich die gläsernen Schiebetüren erreichte, verfiel ich in meinen forschesten Ärztegang. Für meinen Auftritt im Gericht hatte ich einen blauen Nadelstreifenanzug, ein weißes Hemd, eine gelbe Krawatte und blank polierte Schuhe angezogen. Die Frau am Empfang hob kaum den Blick.
    Die Notaufnahme war ruhig, ein paar ältere Patienten lagen apathisch auf Rollbetten, keine Elektrizität oder Tragödie lag in der Luft. Als ich mich der Triagebucht näherte, sah ich Rick, flankiert von zwei Assistenzärzten, auf mich zukommen. Sie trugen alle drei blutbespritzte OP- Kleidung, und Rick hatte einen langen weißen Arztkittel an. Die Assistenzärzte trugen Namensschilder. Rick nicht; jeder weiß, wer er ist.
    Als er mich sah, sagte er etwas zu den anderen, woraufhin sie sich verabschiedeten.
    Er schwenkte zu einem Waschbecken ab, schrubbte sich die Hände mit Betadine, trocknete sie ab und streckte mir eine Hand entgegen. »Alex.«
    Ich achte immer sorgfältig darauf, auf Finger, die Blutgefäße vernähen, nicht zu viel Druck auszuüben. Ricks Händedruck war die übliche Kombination aus fest und vorsichtig.
    Sein langes, schmales Gesicht liegt unter dichten grauen Locken. Sein militärischer Schnurrbart weist noch einige braune Haare auf, aber die Spitzen waren blass geworden. Obwohl er klug genug ist, es besser zu wissen, frequentiert er immer noch Sonnenstudios. Die heutige Bronzetönung sah frisch aus - vielleicht hatte er sich in der Mittagspause braten lassen, anstatt essen zu gehen.
    Milo ist zwischen eins siebenundachtzig und eins neunzig, je nachdem, wie seine Stimmung seine Körperhaltung beeinflusst. Sein Gewicht bewegt sich zwischen hundertzehn Kilo und viel zu
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