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Portugiesische Eröffnung

Portugiesische Eröffnung

Titel: Portugiesische Eröffnung
Autoren: Jenny Siler
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durchgedrungen. Sie würde mitmachen.
    »Bist du sicher, dass sie ihn findet?«
    »Ja«, antwortete Valsamis, obwohl das nicht ganz der Wahrheit entsprach. Zwölf Jahre waren eine lange Zeit.
    Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. Dann: »Ich brauche dich in Lissabon.«
    Valsamis zuckte zusammen. »Ich dachte, jemand anders würde die portugiesische Geschichte abschließen.«
    »Planänderung«, sagte Morrow bemüht fröhlich, als ginge es um ein Picknick, das wegen Regenwetter ins Haus verlegt worden war.
    Sie hatten die ganze Zeit an ihn gedacht und sich nur nicht die Mühe gemacht, es ihm zu sagen.
    »Eigentlich hatte ich erwartet, du würdest dich freuen«, fuhr Morrow fort. »Immerhin waren es dein Projekt und deine Idee, die Frau zu benutzen. Auf diese Weise kannst du zu Ende bringen, was du angefangen hast.«
    »Selbstverständlich.« Valsamis hatte sich wieder in der Gewalt. »Ich war nur ein bisschen überrascht.«
    Morrow räusperte sich. »John, ich brauche dich wohl nicht daran zu erinnern, dass wir uns keinen Fehler mehr erlauben dürfen.«
    Falsch, dachte Valsamis, er war es, der sich keinen Fehler mehr erlauben durfte.
    »Diesmal darf es keine unerledigten Dinge geben, verstanden?«, warnte ihn Morrow. »Wenn es vorbei ist, kümmerst du dich um sie. Um Ali und die Frau.« Das war keine Frage, keine Bitte, sondern ein Befehl.
    »Ja.« Deshalb also wollten sie ihn in Lissabon haben. Für die schmutzige und die saubere Arbeit. »Ich verstehe.«
    »Gut.« Morrow wollte schon einhängen, doch Valsamis fragte beiläufig: »Irgendwelche Neuigkeiten von den Pakistanern?«
    »Noch nicht. Du weißt ja, wie das läuft. Wir müssen unseren Gastgebern gefällig sein. Sie sollen wenigstens glauben, dass sie Einfluss in der Sache haben. Ich schätze, wir schicken in ein paar Tagen jemanden rüber. Bis dahin hat Kanj Zeit, ein bisschen aufzutauen.«
    Zeit, dachte Valsamis, aber nicht viel. Er musste schnell arbeiten, doch wenn die Sache in Lissabon glatt liefe, könnte es reichen. Morrow hängte ein.
    Valsamis steckte sein Handy weg und hob wieder das Glas zum Mund. Ja, der Wein hatte etwas. Er duftete nach Lavendel, wildem Thymian und Rosmarin, dem Geruch der Pyrenäen.
    Er schloss die Augen und dachte an das Haus in Anaconda, den Glanz des Altweibersommers, der so typisch für das Hochgebirge war. Im Garten stand die alte Weinkelter, das Holz vom Saft der Trauben dunkel gefärbt, und sein Vater schaute lächelnd zu ihm auf, das T-Shirt schweißnass, die großen Hände um die eiserne Kurbel gelegt.
    Die Küchentür schwang auf. Der Kellner kam heraus und stellte Valsamis den Teller hin, auf dem ein Brocken grässlich aussehenden Rindfleischs und ein paar blasse Gemüsestücke in einer fettigen Brühe schwammen.
    »Merci«, sagte Valsamis, doch der Mann war schon wieder gegangen und ließ ihn als einzigen Gast im übergroßen Speiseraum zurück. Er schnitt ein Stück Fleisch ab und kaute. Das Essen war nicht besser oder schlechter, als er erwartet hatte.
    Ja, diesmal würde es keine unerledigten Dinge geben. Er würde Ali finden und die Sache zu Ende bringen.
     
    Lucifer weckte mich am nächsten Morgen um sieben. Riesige Pfoten bohrten sich durch die Decke in meinen Körper. Er sah mich mit großen Augen an, aufgeregt wie ein Welpe, der den neuen Tag begrüßt. Seine Energie war grenzenlos, sodass ich ihn schon zur Hintertür hinauslassen musste, während ich den ersten Schluck Kaffee trank. Dann zog ich mir Stiefel und Mantel für unseren Morgenspaziergang an. Es war ein kalter, klarer Tag. Der Nebel rollte sich allmählich auf, enthüllte das Tal und die taugetränkten Hügel, die in der Morgensonne glitzerten. Ich ließ Lucifer auf unserer Runde voranlaufen. Er schnüffelte am Straßenrand, rannte den schmalen Pfad hinauf, der zu dem windgepeitschten Grat oberhalb des Hauses führte, und wieder zurück.
    Der Hund war mir weit voraus, als ich die Straße erreichte, doch als er in die Einfahrt lief, blieb er wie am Vortag abrupt stehen.
    Zuerst sah ich Valsamis gar nicht. Der weiße Twingo parkte zwar in der Einfahrt, die Aktentasche und eine Papiertüte lagen auf der Motorhaube, doch der Wagen war verlassen. Ich glaubte schon, er wäre einfach hineingegangen, doch dann öffnete sich die Tür des Hühnerstalls. Valsamis kam triumphierend auf mich zu, in jeder Hand zwei Eier.
    »Frühstück!«, rief er, als ich Lucifers Halsband ergriff und die Leine einhakte.
    »Ich war unterwegs in der Bäckerei«, sagte
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