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Poltergeist

Titel: Poltergeist
Autoren: Kat Richardson
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sagte Ian. »Verpisst euch.«
    Carlos lachte, und die Luft wurde eiskalt, als er auf Ian zuging.
    Plötzlich stank es nach verfaultem Fleisch. Ein Wirbel aus Messern und heißem Licht schoss auf Carlos zu. Er schlug ihn beiseite und ging einfach weiter – grinsend, seine Reißzähne entblößt, den Strudel seiner eigenen Dunkelheit wie Tinte im Wasser hinter sich her ziehend.
    Ian wich angesichts dieses unüberwindbaren, unbesiegbaren Wesens, das sich da auf ihn stürzte, ängstlich zurück.
    Ich riss mir die Katzenohren vom Kopf und stürzte mich ins Grau, wo ich beinahe über einen übernatürlichen Leichnam
gestolpert wäre. Er lag in einem See silbernen Bluts und starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an.
    Das Wesen, das Celia gewesen war, schleuderte mich gegen eine der Säulen im Spielsalon. Ich rollte auf den Boden und spürte, wie der heiße Atem des Phantoms über mich hinwegging. Rasch zog ich die Zauberfessel aus meiner Tasche, deren Dornen mich selbst noch durch die Handschuhe stachen.
    Die Kreatur stürzte sich erneut auf mich. Diesmal loderte sie vor Hass und Zorn blutrot. Ich glitt über den staubigen Boden und schaffte es auf die Füße, wobei ich ein Paar tanzende Geister durchschritt, die gar nicht merkten, was geschah. Die beiden wiegten sich verliebt im Takt einer Musik, die nur sie hören konnten, während sie von den Bildern blutüberströmter Toter umgeben waren.
    Ich warf die Fessel auf die beiden Tänzer, die auf einmal innehielten. Nun wirkten sie wie ein verblasstes Foto, das jemand über das Bild jener Nacht gelegt hatte, als die drei jungen Männer hier hereinkamen und vierzehn ihrer Nachbarn kaltblütig niederschossen.
    In diesem Moment hörte ich Ian schreien. Ich wollte mich gerade umsehen, als ich im Augenwinkel eine schnelle Bewegung wahrnahm.
    Ein Derwisch aus Hass stürzte sich heulend auf mich. Er blieb in der Fessel der beiden Tänzer hängen, die nun knietief im Schrecken jener Nacht des Massakers festgefroren waren.
    Ich zögerte.
    Carlos brüllte: »Jetzt, Blaine!«
    Ich schüttelte mich und stürzte mich in das Wesen. Messerscharfe Zeitsplitter und der Stacheldraht aus Ians Zorn bohrten sich in mich. Ich wich aus und bahnte mir genauso
einen Weg durch das Konstrukt, wie ich durch die verschiedenen Zeitschichten geschritten war. Auf einmal merkte ich, dass ich unter meinem Handschuh blutete. Offensichtlich waren die Dornen tiefer eingedrungen als gedacht. Langsam glitt ich über gefrorene Erinnerungsseen. Mühsam drang ich immer tiefer in die Struktur aus Energie und Wahnsinn vor, um die Mitte des Wesens zu finden, wo sich das Kontrollzentrum befinden musste.
    Irgendetwas murmelte beständig vor sich hin und erzählte mir von Bildern des Schreckens. »…im Feuer, die Glieder geschmort und aufgeplatzt …weit aufgerissene Augen …«
    Auf einmal verschoben sich die tektonischen Erinnerungsplatten des Wesens und begruben mich fast unter sich. Ich wurde gegen die Qual geschleudert, die Mark im Augenblick seines Todes empfunden hatte und die noch immer wie ein in der Zeit gefrorener Sturm in dem Poltergeist festhing. Die beiden Tänzer bewegten sich zwar nicht mehr, aber die anderen Geister waren nicht erstarrt. Sie durchdrangen die gefangene Kreatur und störten die Erinnerungsklänge und das Leid, das in meinem Körper widerhallte.
    »… unerbittlich … sie kriechen dir unter die Haut …«
    Diese Stimme. Sie war zum Teil Ian und zum Teil Carlos und erzählte von schrecklichen Alpträumen. Ich versuchte sie abzuschütteln und drang tiefer in das Wesen ein, das ich zu zerstören hoffte.
    »… Fleischfetzen …«
    Ich vergrub meine Hände in dem Wirrwarr aus Energie und Erinnerung und riss an der Struktur, die sich mir zu widersetzen versuchte. Sie kämpfte, als ob sie lebendig wäre. Ich konnte deutlich das Pulsieren unter meinen Händen spüren und merkte, wie sie meine Nerven verbrannte. Übelkeit
überkam mich, als mir bewusst wurde, dass ich etwas Lebendiges in Fetzen riss. Ich würgte und suchte irgendwo nach Halt, während ein Sumpf aus Blut wie eine gewaltige Welle aufzusteigen begann. Ich hatte mich hoffnungslos im Irrgarten des Zorns, den Ian auf Celia übertragen hatte, verirrt und konnte das Zentrum nicht finden.
    »… trinkt deine Seele und deinen Willen …«
    Verzweifelt hielt ich mich an meinem eigenen dünnen Faden fest und folgte ihm in die verschlossene Knospe, die das Herz des Monsters bildete. Sie sah aus wie eine pulsierende Spiralrose aus Blut und
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