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Poltergeist

Titel: Poltergeist
Autoren: Kat Richardson
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mir zuvor recht einleuchtend erschienen war.
    »Verstehe. Und als was gehst du?«
    Ich hielt Plüschkatzenohren hoch, die an einem Haarreif befestigt waren. »Ich gehe als Katze.« Das dazu passende schwarze Outfit trug ich bereits. Ich stieg aus, setzte mir die Ohren auf und machte den Katzenschwanz an meinem
Gürtel fest. Nun konnte ich nur noch hoffen, dass er mir nicht in die Quere kam, wenn ich meine Pistole brauchte. Ich steckte die Munition und mein Handy in meine Jackentaschen und verschloss das Auto. Auf dem Weg zu Ians Versteck zog ich noch rasch Handschuhe über.
    Carlos wirkte durch den billigen Polyester-Umhang nicht weniger bedrohlich. Seine Körpergröße von eins achtzig, seine südländische Düsterkeit und seine gefährliche Aura ließen sich nicht verbergen.
    Kleine Monster liefen stolz kichernd durch die Straßen und merkten nicht, dass sie von echten, wenn auch unsichtbaren Geistern umgeben waren. Die feuchte Luft war voller Gespenster, und der Boden unter meinen Füßen fühlte sich seltsam unwirklich an. An der Ecke zur Gasse blieben wir stehen, und ich sah an mir herab, um festzustellen, ob der gelbe Faden noch immer dort hinein zeigte.
    »Es hat sich noch nicht bewegt«, murmelte ich.
    »Das wird es aber bald. Etwas bewegt sich auf den Tod zu.«
    Vielleicht war es Carlos’ Äußerung oder vielleicht spürte ich es auch. Jedenfalls lief mir auf einmal ein kalter Schauer über den Rücken, und die Straße schien zu wanken. Es juckte mich in den Knochen. Hastig sah ich mich um. Als ich keine Polizei entdecken konnte, bog ich in die Gasse. Die Aufmerksamkeit der Polizisten war sowieso auf Anas Haus gerichtet und nicht auf das, was sich dahinter abspielte.
    Auf leisen Sohlen schlichen wir in der Dunkelheit bis zu den verschlossenen Türen. Carlos wollte gerade nach dem Vorhängeschloss greifen, als er innehielt. »Das ist das Wah Mee.«
    »Genau«, antwortete ich. »Kennst du es?«

    »Es hat mich etwas angezogen. Ich kann sie noch spüren. Die dreizehn.«
    »Und Ian?«
    Er zog die Brauen zusammen. »Ja, den auch. Hinter dieser Mauer. Er genießt es. Er weiß zwar nicht, was ihn hierhergelockt hat, aber er kann das blutige Gemetzel spüren. Sein Poltergeist nährt sich an dem Tod, der hier gehaust hat.«
    Seine Augen verwandelten sich nun in einen dunklen Sturm. Ich zog ein kleines Stück des Grau zwischen uns, sodass ich nicht zu sehr von ihm in Mitleidenschaft gezogen werden konnte.
    »Carlos«, flüsterte ich. »Wir müssen weiter.«
    Er berührte die Kette und strich mit den Fingern über das verrostete Schloss. Innerhalb kürzester Zeit hatte er ein zerbrochenes Glied entdeckt und konnte die Tür problemlos öffnen. Das verwitterte Mahagoniholz bewegte sich mit einem leisen Seufzer, als ob es unsere Gegenwart erleichternd fände.
    Wir schlichen ins Vestibül. Die Tür fiel hinter uns ins Schloss. Vor uns befanden sich zwei weitere Türen, die rot gestrichen waren. Ein Meer aus Grau umgab uns. Ich sah, wie der Phantom-Eingang früherer Zeiten aufging und drei Gestalten lachend in die Nacht hinauseilten. Carlos öffnete währenddessen die echte Tür, und wir betraten die leere Bar, wo ein Mahlstrom aus Leid und schmerzhaften Erinnerungen toste.
    Die geschwungene Bar und das sich anschließende Restaurant wimmelten vor Geistern. Der ganze Raum war voll von ihnen. Sie bewegten sich vor und zurück, durchdrangen einander, liefen die Treppe im hinteren Teil des Gebäudes hinauf und hinab. Lachend und plaudernd amüsierten
sie sich, während in dem Fernseher hinter der Bar Bilder aus alten Filmen und lange vergessener Nachrichten aufflackerten. Plötzlich hörte ich Schreie. Die Schreie einer Frau. Die Geister stoben auseinander. Einige bemerkten nicht, was geschah, doch andere wurden von dem allgemeinen Chaos ergriffen und rannten kopflos an uns vorbei.
    »Was zum Teufel …«
    Ich wich von den Bildern, in denen ich mich beinahe verloren hatte, zurück und spürte plötzlich ein gepolstertes Geländer, das gegen meinen Rücken drückte. Ich hatte die Bar betreten, ohne es zu merken. Im Nebel des Grau sah ich Ian. Er befand sich in der Spielhalle, die nur eine Stufe unter uns lag. Auf dem Boden konnte man noch immer das Blut sehen, das von den dreizehn Menschen stammte, die hier vor über zwanzig Jahren in den Kopf geschossen worden und elend gestorben waren.
    Carlos grinste Ian an und warf seinen Umhang ab. »Ich will mit dir sprechen, Junge.«
    »Oh, Miss Superschlau und ihr Polizistenfreund«,
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