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Polizei-Geschichten

Polizei-Geschichten

Titel: Polizei-Geschichten
Autoren: Ernst Dronke
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und zielte.
    Der aufwirbelnde Rauch ließ ihn im ersten Augenblick
    das Resultat seines Schusses nicht erkennen, aber die her-
    beispringenden Zeugen ließen ihn nicht lange darüber in
    Zweifel. Die Kugel war in den Unterleib gedrungen und
    hatte wahrscheinlich die Eingeweide verletzt. Auch ließ
    das geringe Blut, welches aus der Wunde floß, auf eine ge-
    fährliche innere Blutung schließen. Der Arzt legte sogleich
    einen ersten Verband an, deutete aber zugleich an, daß
    dem Anscheine nach wenig Hoffnung vorhanden sei.
    Der jüngere Bruder erklärte jetzt, bleich und entsetzt
    über diesen Ausgang, daß er seine Sache ein anderes Mal
    ausmachen wolle. Arthur hatte während der Anstalten um
    den Verwundeten, seine Pistole in der Hand, still und ru-
    hig an einem Baum gestanden. Bei dieser Erklärung trat er
    vor und sagte spöttisch:
    „Ein ander Mal? Da werde ich nach gegenwärtigem Vor-
    fall wohl auf der Festung sitzen. Wenn Sie jedoch heute
    die versprochene Satisfaktion nicht geben wollen, so mag
    es auch gut sein.“ —
    Der Andere ergriff jetzt krampfhaft die Pistole des Ver-
    wundeten und forderte seinen Sekundanten mit aufgereg-
    ter Stimme auf, zu laden. Dann traten die Beiden unter
    denselben Bedingungen auf die Mensur, Arthur kaltblütig
    und gefaßt, sein Gegner bleich, mit geschlossenen Lippen
    und vor Wuth zitternder Hand. Beide Gegner schritten
    diesmal im Kommando auf einander los, langsam, bis an
    die Barriére. Hier standen sie nur fünf Schritte von ein-
    ander entfernt. Jeder richtete den Blick forschend auf den
    Andern, und die Waffen senkten sich gleichzeitig in die
    Schlußlage. Einen Moment lang sahen die Zeugen mit
    ängstlicher Spannung sie also verderblich sich gegenüber
    stehen, den Einen kalt, mit festem, sicherem Blick, den
    Andern blaß, mit loderndem Auge; — dann sprühten die
    Blitze zwischen ihnen, und Beide wankten getroffen zu-
    rück. Arthur hatte den Schuß in den Oberarm erhalten,
    von wo sich die Kugel, ohne einen Knochen zu verletzen,
    in den Rücken gedrängt hatte. Bei W. war die Kugel mitten
    durch die Brust gegangen.
    Eine Stunde darauf lief die Nachricht von diesem Vor-
    fall durch die ganze Stadt. Der jüngere W. war bereits auf
    dem Platze verschieden, der ältere starb noch in der fol-
    genden Nacht in den Armen seines verzweifelnden Vaters.
    Gegen Arthur wurde eine Kriminaluntersuchung eingelei-
    tet, deren Ergebniß war, daß er nach seiner vollständigen
    Genesung auf fünf Jahre nach der Festung kam.
    
    In einem Verlauf von fünf Jahren ändert sich Vieles, und
    derjenige, welcher nach einem solchen Zeitraum, ohne
    Verbindungen unterhalten zu haben, in seine Heimath zu-
    rückkehrt, sucht Manches vergebens, was er einst blühend
    und hoffnungsvoll verlassen, und findet eben so viel Neues,
    dem er fremd ist.
    Auch Arthur empfand die ganze Bitterkeit dieses Ein-
    drucks, als er sich einsam und fremd nach fünf Jahren in
    seiner Heimathstadt wiederfand. Sein Vater war im Ge-
    fängniß gestorben. Sein und der Seinigen Schicksal hatte
    die geistige Kraft des sonst so starken Mannes gebrochen,
    und die Krankheit seiner Seele sowie der Aufenthalt in dem
    feuchten, dumpfigen Kerker auch den Nerv seines Lebens
    zernagt. Die Aerzte, die er ganz zuletzt erst erhalten, hat-
    ten aufs Eindringlichste freie Bewegung und Veränderung
    seines Aufenthalts verordnet, aber der Instruktions-Rich-
    ter wollte davon nichts wissen. Als es den Bemühungen
    der Aerzte dennoch gelang, vom Obergericht den Befehl
    zu erwirken, daß der Gefangene in seinem eigenen Hause
    bewacht werden solle: mußte der Untersuchungs-Richter
    zwar der Weisung für den Augenblick Folge leisten, allein
    er sendete sogleich einen Bericht an das Ministerium, in
    Folge dessen der Direktor des Obergerichts aus *** ver-
    setzt wurde und der Gefangene wieder seinen Kerker
    beziehen mußte. Hier starb er bald darauf, ohne daß es
    in seiner Sache zu einem Urtheil gekommen wäre, und
    Arthur war eine Waise. Auch seinen Freund Eduard fand
    er nicht mehr. Der blühende Jüngling war das Opfer eines
    hitzigen Nervenfiebers geworden, als er eben sein Staats-
    examen in glänzender Auszeichnung bestanden hatte.
    Arthur fühlte sich einsam und unsäglich verlassen, und
    heimathlos in dem lebendigen veränderten Treiben dieser
    Todtenstadt seines Glücks; — aber in seinem Innern lebte
    noch Ein Gedanke mit ungebrochner Kraft, Ein Gedanke,
    der in der Zeit seiner langen Trübsal eher gestärkt worden
    war.
    An
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