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Polizei-Geschichten

Polizei-Geschichten

Titel: Polizei-Geschichten
Autoren: Ernst Dronke
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das Ministerium.
    Es währte einige Wochen, bevor er von diesem beschieden
    wurde, und als er die Entschließung erhielt, erfuhr er, daß
    seine Beschwerde für unbegründet befunden worden sei.
    „Seine Frau und Kinder,“ hieß es, „hätten gesetzlich ein
    Heimathrecht in den kurhessischen Landen nicht anzu-
    sprechen, und da die Gemeinden zur Aufnahme von Aus-
    ländern nicht verpflichtet seien, so könne sich der Minister
    auch nicht für ermächtigt halten, die Entschließung der …
    Behörde in irgend einer Weise abzuändern.“
    Gleichzeitig aber mit dieser Bescheidung Pauls traf auch
    ein Schreiben an die Polizeibehörde ein, wonach diese an-
    gewiesen wurde, Pauls Gattin und Kinder, welchen von der
    Gemeinde die Aufnahme versagt worden sei, sofort nach
    ihrer Heimath zu verweisen. Vielleicht hatten die harten
    Worte in Pauls Beschwerde diese schnelle Maßnahme
    hervorgerufen, — wenigstens meinte der Polizeibeamte,
    der den Befehl an Paul überbrachte, daß es wohl anders
    ausgefallen wäre, wenn Paul, statt sich zu beschweren, bit-
    tend eingekommen wäre. Selbst Konrad war von dieser
    Wendung überrascht. Da er von Natur nicht boshaft war,
    hatte er an einen solchen Ausgang nicht gedacht. Seine
    Absicht war vielmehr einzig die gewesen, Paul seine Macht
    fühlen zu lassen und ihm eine Art Ergebenheit abzuzwin-
    gen. Paul empfing die Nachricht stumm und schweigend.
    Er ließ Theresen nur ihre nöthigsten Sachen ordnen, und
    geleitete sie und die Kinder noch bis zur Grenze.
    
    So waren also die beiden Eheleute durch einen polizeili-
    chen Machtspruch geschieden. Paul blieb zurück, in sei-
    nem Innern voll tiefen, bitteren Grolles über die Misere
    der deutschen Heimathverhältnisse; Therese reiste nach
    K., bangen und geknickten Herzens über ihr Schicksal
    und die Trennung von ihrem Gatten. Ihr ahnte im Stillen,
    daß sie einander nicht wiedersehen würden. In K. wurde
    ihre Stimmung trüber und krankhafter. Ihr scheues Herz
    zog sich vor jeder Berührung mit Menschen zusammen,
    der Gram nagte an ihrem Lebensmark, und das junge blü-
    hende Geschöpf begann langsam und elend hinzusiechen.
    Zu allem Unglück war durch die mehrfachen Reisen und
    Einrichtungen der größte Theil ihres Vermögens erschöpft
    worden. Paul mühte und quälte sich zwar, aber es wollte
    doch nichts recht gelingen. Die stille, friedliche Ordnung
    war jetzt nicht herzustellen, wie auch Paul mit neuen Hoff-
    nungen auf eine glücklichere Zukunft in der Fremde sie
    aufzurichten suchte; es erkrankten zudem zwei von den
    Kindern, und Therese, selbst leidend, konnte nun ihrem
    Hauswesen vollends nicht mehr, wie früher, ordnend und
    sorgend vorstehen. Da traf sie zerschmetternd der letzte
    Schlag, die Trauerpost von Pauls Tode.
    In Pauls Gemüth hatte sich seit der Trennung von The-
    resen und den Kindern immer mehr und mehr der ver-
    bissene Grimm gehäuft. Sein frommer, häuslicher Friede
    war ihm geraubt, sein stiller Heerd mit der heiligen, ab-
    geschiedenen Ruhe der Liebe zerstört, was Wunder, daß
    da der Haß gegen seine Verfolger wie Unkraut aus den
    Trümmern seines Glücks emporwucherte? Eines Tages
    ließ sich Paul in Gesellschaft einiger Freunde an einem
    öffentlichen Ort sehr heftig über gewisse Verhältnisse aus.
    An einem benachbarten Tisch saß ein Lieutenant, dessen
    eben ausgezahlte Gage ihm eine besondere Würde zu ver-
    leihen schien. Bei den Worten Pauls erhob er sich, und an
    die Gesellschaft herantretend forderte er Paul auf, seine
    Ausdrücke zurückzunehmen, oder ihm dafür Satisfac-
    tion zu geben. Paul antwortete ihm, daß er gar nicht zu
    ihm oder über ihn gesprochen, also ihm gegenüber auch
    nichts zurückzunehmen habe; von Satisfaction könne aus
    demselben Grunde keine Rede sein, weshalb er sich eine
    andere Gelegenheit zur Auszeichnung suchen möge. Der
    trunkene Lieutenant riß hierauf, in einem herzerhebenden
    Anfall ritterlicher Treue gegen den Landesherrn, den De-
    gen aus der Scheide, und mit dem Ausruf: „Blut muß es
    abwaschen!“ versetzte er Paul einen tiefen Stich in den
    Oberschenkel. Wie er später aussagte, hatte er Paul keines-
    wegs zu tödten beabsichtigt, da er ihn in diesem Fall wohl
    durch die Brust gestoßen haben würde; vielmehr sei es nur
    seine Absicht gewesen, ihn zu verwunden, und durch das
    Blut seine verletzte Standesehre wieder herzustellen. Der
    Degen aber hatte eine Röhre zerschmettert, und Paul starb
    unter großen Schmerzen und gefoltert von dem Gedanken
    an
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