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Polizei-Geschichten

Polizei-Geschichten

Titel: Polizei-Geschichten
Autoren: Ernst Dronke
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sittsamer,
    natürlicher Liebenswürdigkeit, die durch ihr einfaches We-
    sen Alle, die ihr nahe kamen, fesseln mußte. Ihren Gatten
    liebte sie mit unaussprechlicher Hingebung, und die Kin-
    der, auf welche Beide ihre ganze Sorgfalt wendeten, befe-
    stigten das innige Band des Paares immer mehr. Um diese
    Zeit erregte eine Arbeit Pauls — in welcher Art, ist hier
    gleichgültig — die Aufmerksamkeit der Polizei. Ganz wie
    oben die beiden Weiber erzählten, trat eines Morgens ein
    Polizeibeamter mit vier Gensd’armen in Pauls Wohnung,
    durchstöberte, obgleich Paul sich zu dem quästionirten
    Artikel bekannt hatte, alle Papiere desselben, steckte Briefe
    und Manuscripte ein und führte Paul mit sich fort. Therese
    gerieth dabei in die entsetzlichste Angst. Mit Thränen der
    Verzweiflung fiel sie dem Beamten zu Füßen und beschwor
    ihn, jede Garantie zu verlangen und ihr nur den Gatten zu
    lassen. Der Kommissair hob sie artig auf und sagte, daß er
    nur das Werkzeug einer höhern Macht sei.
    „Uebrigens,“ meinte er beruhigend, „würde die Sache
    wohl nicht viel zu bedeuten haben.“ —
    In der That wurden auch die Besorgnisse Theresens —
    wenigstens für den Augenblick — bald zerstreut, denn
    nach Verlauf von einigen Stunden kehrte Paul von der Po-
    lizei zu seiner Gattin zurück.
    
    Paul war ein Ausländer, ein Deutscher nämlich. Als er sich
    in K. verheirathet hatte, war er um Ertheilung des Bür-
    gerrechts eingekommen, die Polizei aber hatte ihm den
    Bescheid gegeben, daß man gegen seinen Aufenthalt in K.
    zwar nichts habe, ihm aber das Bürgerrecht vorläufig nicht
    ertheilen könne. Da die Gemeinden zur Aufnahme von
    Ausländern nicht verpflichtet sind, so hatte sich Paul da-
    mals bei diesem Bescheide begnügen müssen. Als er jetzt
    nach der Polizei gebracht wurde, nahm man einfach ein
    Protokoll über seine Verhältnisse auf; sein Antrag: wenn
    irgend etwas gegen ihn vorliege, ihn zur gerichtlichen Ver-
    antwortung zu ziehen, ward nicht beachtet. Das Warum?
    mag der scharfsinnige Leser selbst errathen. Statt dessen
    aber erhielt Paul nach einigen Tagen die polizeiliche Wei-
    sung, Stadt und Land zu verlassen.
    Eine polizeiliche Ausweisung hat viel für sich. Es be-
    darf dazu weder eines richterlichen Erkenntnisses, noch
    einer gesetzlichen Vorlage, und doch erreicht man seinen
    Zweck zuweilen vollständiger, als durch eine vorüberge-
    hende Haft. Der Flüchtige, der nicht weiß, wohin er sein
    Haupt legen soll, gewinnt selten Zeit zu sogenannten Miß-
    liebigkeiten. Faßt er dann auch in der Fremde Fuß, so hat
    er doch bald den richtigen Blick für die Verhältnisse sei-
    ner Heimath verloren, und ist mindestens für die lokalen
    Ereignisse der Gegend unschädlich gemacht, aus der man
    ihn vertrieben hat. In neuester Zeit hat man denn auch die
    mannigfachen Vorzüge solcher Maßnahmen wohl einge-
    sehen, und in gewissen Ländern breitet man diese Erfah-
    rung auch dahin aus, daß man mißliebige Beamte von ei-
    ner Stadt zur andern versetzt, ohne sie zu Athem kommen
    zu lassen.
    Als Paul die polizeiliche Ausweisung aus Stadt und
    Land erhielt, antwortete er in einem Anflug von Humor,
    er würde binnen 5 Minuten dem Befehl nachgekommen
    sein. Er traf zu Hause noch einige Vorkehrungen, tröstete
    seine weinende Frau mit der Hoffnung, daß sie bald wie-
    der vereinigt sein würden, und begab sich über die Grenze
    nach der Residenzstadt des benachbarten Landes. Aber
    der Empfang war hier nicht der erwartete. Wer einmal
    von der Polizei gezeichnet worden ist, kann einer steten
    Aufmerksamkeit von kleinlichen, berichtlustigen Polizei-
    seelen gewiß sein, denn wenn man irgend in deutschen
    Verhältnissen Einigkeit suchen dürfte, so wäre es in denen
    der Polizei. Paul wurde abermals verwiesen, oder erhielt
    vielmehr von vornherein keine Erlaubniß zum Aufenthalt.
    Ein Grund wurde ihm für diese Maßnahme nicht angege-
    ben, aber man gab ihm zu verstehen, daß es wegen sei-
    ner Verweisung in K. geschehe; man wollte der Möglich-
    keit vorbeugen, in eine ähnliche Nothwendigkeit versetzt
    zu werden. Das nennt man eine Präventivmaßregel. Paul
    wollte zwar die Richtigkeit einer solchen nicht einsehen,
    und meinte, daß man demgemäß auch Jeden auf die bloße
    Möglichkeit hin, er könne einmal wahnsinnig werden, in
    ein Irrenhaus sperren dürfe, eine Sache, die doch noch
    nicht erhört sei: die Polizei aber gestattete ihm, auswärts
    darüber nachzudenken, und transportirte ihn über
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