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Polizei-Geschichten

Polizei-Geschichten

Titel: Polizei-Geschichten
Autoren: Ernst Dronke
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würde es auch jetzt nichts
    helfen. In ein paar Tagen wäret Ihr wieder so weit, und
    würdet wieder mit Betteleien kommen. Es ist besser, daß
    Ihr Euch von vornherein daran gewöhnt, selbst zu sorgen
    und zu arbeiten, statt daß Ihr durch Unterstützungen, die
    doch einmal aufhören müssen, im Faullenzen bestärkt
    und für die Zukunft verdorben werdet!“ —
    „Gnädiger Herr, nur dies eine Mal noch! Haben Sie Er-
    barmen mit meiner Familie!“ —
    „Ich gebe Euch mein Wort, daß ich nichts mehr für
    Euch thue, macht, daß Ihr fortkommt!“ sagte der Gnädige
    streng.
    „Meine Familie, Herr! Mein Weib und mein krankes
    Kind!“ —
    „Ich habe auch Familie und kann mich für Euch nicht
    aufreiben! ’s ist auch zu Eurem eignen Besten. Ihr werdet
    arbeiten lernen! — Macht fort, macht fort! Ich sag’ Euch,
    ich geb’ Euch nichts!“ —
    „Sie sind Schuld, wenn wir elendiglich verderben, gnä-
    diger Herr!“ rief der Handwerker in Verzweiflung.
    „Wollt Ihr Euch gleich zum Henker scheeren, Halunke,
    oder soll ich Euch hinauswerfen lassen? — Wird’s noch
    nicht bald?“ —
    Schenk stand wie eingewurzelt, den verzweiflungsvol-
    len Blick flehentlich auf den reichen Mann gerichtet, die
    Hände krampfhaft in einander gefaltet. Erst als der erbit-
    terte Herr mit Heftigkeit an der Klingel riß, wendete er sich
    langsam nach der Thür und schritt hinaus auf die Straße.
    „Daß Ihr mir diesen Kerl nicht wieder hereinlaßt, wenn
    er wieder kommt!“ sagte der Gnädige zu seinem Bedienten.
    Aber Schenk kam nicht wieder. Draußen vor dem Hause
    des Reichen stand er einen Augenblick still und murmelte
    in kochender Wuth, während er drohend die geballte Faust
    in die Höhe reckte.
    „Möge mein Blut über Dich kommen, Du unbarmherzi-
    ger Hund. Möge der Jammer meines Weibes und meines
    unschuldigen Kindes auf den Seelen der Deinen brennen,
    und Dein verfluchtes Geschlecht in derselben Noth und
    Verzweiflung verderben lassen!“ —
    Dann wendete er sich ab und schritt weiter, schnell
    und entschlossen, nach der Schenke, wo, wie er wußte,
    Will Fischer ihn erwartete.
    
    Am andern Morgen erzählte man sich allenthalben von
    einer Diebsbande, die bei einem frechen, nächtlichen Ein-
    bruch von der Polizei ertappt und aufgehoben worden sei.
    Schenks Frau ängstigte sich noch nicht darüber, daß ihr
    Mann die Nacht über ausgeblieben war, denn er hatte sich
    öfters, um sein häusliches Leid nicht zu sehn, in einer
    Kneipe eine Streu gesucht. Am Nachmittag aber kam der
    Hausmann, kündigte ihr in brutalen Worten das Schicksal
    ihres Mannes an und sagte, daß sie jetzt, wo sie ihm al-
    lein gar keine Garantie mehr biete, ungesäumt ausziehen
    müsse. Dann ließ er sie mit ihrer Verzweiflung allein.
    Den Nachmittag über blieb die Aermste noch in dieser
    Stätte des Jammers zurück. Sie saß vor dem Bett ihres Kin-
    des, stumm und in sich gekehrt. Kein Laut der Klage ent-
    schlüpfte ihren Lippen, ihre Augen waren trocken, aber ihr
    Blick brannte auf die Züge ihrer schlummernden Kleinen.
    Am Abend, als die Dunkelheit tiefer hereingebrochen war,
    hing sie ihren Mantel um, nahm das Kind in den Arm und
    schritt durch die Gassen. Als sie am Quai angekommen
    war, machte sie Halt und zog ihr Kind noch einmal aus der
    Verhüllung des Mantels hervor. Das schwankende Licht ei-
    ner entfernten Laterne fiel auf die Züge der schlummern-
    den Kleinen, und blitzte wieder in den perlenden Thränen,
    die jetzt heiß aus den Augen der Mutter rollten. Sie küßte
    die kleinen Züge mehrmals fest und innig, und ihre Lip-
    pen bewegten sich, wie zum Gebet. Als das Kind sich dann
    leise zu bewegen begann, machte sie eine rasche Bewegung
    und sprang mit ihm in den Fluß. — —
    Schenk vernahm von dem Ende der Seinen nichts. Da
    sein Inquirent ein ausführliches Geständniß, namentlich
    in Bezug weiterer Mitschuldigen, zu erlangen hoffte, so
    wurde er in einsamem, strengem Gewahrsam gehalten,
    und so konnte ihn das Ausbleiben seiner Frau nicht wun-
    dern. Aber der Gedanke an sie, die Hülflose, Verzwei-
    felnde, nagte gräßlich in seinem Innern. Zuweilen ergriff
    ihn eine plötzliche Angst, daß er hätte aufschreien oder
    weit, weit fortlaufen mögen, dann wieder verfiel er in den
    tiefsten Trübsinn. In einer Nacht fuhr er aus einem Traum
    auf. Die Angst jagte ihn ruhelos im Zimmer umher, und
    die hoffnungslose Verzweiflung seiner Lage ließ ihn sei-
    nem Zustande ein Ende machen. Er stieg auf einen Stuhl
    in der Nähe
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