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Die Braut des Wuestenprinzen

Die Braut des Wuestenprinzen

Titel: Die Braut des Wuestenprinzen
Autoren: Alexandra Sellers
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PROLOG
    Er schlief unruhig. Das dunkle, leicht gewellte Haar fiel nach hinten und bedeckte kaum das markante Gesicht. So bot er einen majestätischen Anblick – ausgeprägte Wangen, eine kühne Nase und einen stolzen Mund.
    Als er sich zur Seite drehte, rutschte die raue Decke ein wenig zur Seite. Ganz kurz erhellte ein Lichtstrahl, der durch eine Lücke in der Zeltwand fiel, seinen muskulösen Oberkörper. Gleich darauf war es wieder vollkommen dunkel.
    „Nuri!“, schrie er plötzlich, als würde er spüren, wie die Nacht das Licht vertrieb. In seiner Sprache bedeutete das Wort „Licht“. „Nuri!“, schrie er wieder – sehnsüchtig und verzweifelt. Aber die Nacht hüllte ihn endgültig ein.
    In dem Traum suchte er nicht nach Licht, sondern nach seinem Licht – einer Frau …
    Eilig durchschritt er die Festung. Aber er konnte den hauchdünnen Stoff, die immer wieder vor ihm aufblitzen de graue Seide nicht einholen. Mal glitt sie um eine Ecke, mal verschwand sie durch eine Tür – zum Greifen nah, aber dennoch unerreichbar. Er öffnete Türen und sah in leere Räume. Wieder und wieder griff er nach dem Stoff, ohne ihn berühren zu können.
    Unaufhörlich blies der Wind. Die ganze Zeit über spürte er ihn und sah, wie er den dünnen Stoff bauschte. Er wusste, dass der Wind aus dem Innersten der Festung kam. Und er wusste, dass die Frau ihn dorthin führte.
    Endlich war sie zum Greifen nah. Dicht vor ihm fiel eine Tür zu. Er hatte sogar einen kurzen Blick auf ihr Ge sicht erhaschen können, bevor der wehende Stoff hinter der zweiflügeligen Tür verschwand. Nur Sekunden später stieß er die Tür weit auf und betrat den Raum.
    Da war sie. Der Wind wehte durch ihr Haar und presste die graue Seide dicht an ihren Körper. Gleichzeitig war sie selbst der Wind.
    Einen Moment konnte er sich kaum bewegen. Mit wild klopfendem Herzen stand er reglos da und sah sie an. Die Tür war der einzige Ausgang des Raums. Jetzt gehörte sie ihm. Ihr helles, vom Wind leicht flatterndes Haar und der sich unter der Seide deutlich abzeichnende, perfekte Kör per riefen in ihm eine nahezu unerträgliche Sehnsucht wach.
    Lächelnd streckte sie beide Hände aus. Sie war wie die Göttin des Wassers, treu und rein. Seinen Körper erfüllte eine lähmende Leidenschaft, sein Herz angstvolle Liebe.
    Er überwand seine Erstarrung und Furcht und näherte sich ihr. Erst als er sie in die Arme schloss, gehörte sie ihm ganz. Eine Frau aus Fleisch und Blut, seine ihm angetrau te Ehefrau. Sie war Vollkommenheit und Makel zugleich, Feuer und Eis, Wasser und Dürre, sie war Licht.
    „Nuri!“, schrie er. „Mein Licht!“ Fest drückte er sie an sich, sie sollte ihn nie wieder ver lassen.
    Als sie den Mund öffnete, um etwas zu sagen, hielt er inne. Aber es kam kein Wort über ihre vollen Lippen, die zu küssen er versäumt hatte. Stattdessen lächelte sie, und ihr Blick entglitt ihm. Dann löste sich ihre Gestalt in Luft auf.
    Mit einem verzweifelten Schrei wachte er auf. Draußen wehte ein stürmischer Wind, der jedoch nicht bis ins Zelt drang. Er stützte sich auf den Ellenbogen und tastete neben sich. Doch das Bett neben ihm war leer.
    „Habt Ihr gerufen, Herr?“ Ein besorgter Wächter eilte herbei.
    „Es war nur ein Traum.“
    „Ein Traum vom Sieg, so Gott will.“
    „Ja, ein Traum vom Sieg“, stimmte er zu. Sie war sein persönlicher Sieg.
    „Möge Gott Eure Worte hören“, erwiderte der Wächter und ging zurück in die Nacht.

1. KAPITEL
    „Meine Damen und Herren, hier spricht Ihr Pilot.“
    Elenor Brooke hatte gerade geistesabwesend vor sich hingesehen.
    Der Pilot räusperte sich. „Wir überqueren jetzt die östliche Grenze des Königreichs Parvan. Momentan befinden wir uns über der Großen Zentralwüste. Wenn Sie rechts sitzen, können Sie in wenigen Minuten in der Ferne die Hauptstadt Shahr-i Bozorg sehen. Sie liegt am Fuße des Kohishir-Gebirges.“
    Folgsam wandte Elenor den Blick dem Fenster zu. Tausende haarfeiner Furchen auf dem Kunststoffoval brachen das blendende Licht der Sonne. Elenor kniff die Augen zusammen und ließ den Blick über die Wüste zu den zerklüfteten, schneebedeckten Bergen in der Ferne schweifen. Gerade hatten sie eine Flughöhe, die unterhalb des höchsten Gipfels Shir lag.
    Shir. Nach diesem Berg war der gesamte Gebirgszug benannt. Elenor fröstelte. Koh-i shı¯r . Sie sagte den Namen leise vor sich her. Löwenberg. Milchberg. „Der Löwen-Milch-Berg gehört uns, und wir gehören dem
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