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Poirots erste Fälle

Poirots erste Fälle

Titel: Poirots erste Fälle
Autoren: Agatha Christie
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an.
    Nachdem er die Zelle verlassen hatte, sagte Sims zu ihm: »Ich habe nicht ganz mitbekommen, wie Sie das am Telefon meinten – dass das Mädchen doch einen Freund habe.«
    »Sie hat einen«, erwiderte Poirot. »Mich!« Er verließ die Wache, bevor der Inspektor sich wieder gefasst hatte.
     
    Poirot hatte sich mit Miss Lemon im »Green Cat Te a room« verabr e det. Sie ließ ihn nicht lange warten und kam sofort zur Sache.
    »Der Mann heißt Rudge, sein Laden ist in der Haup t straße, und Sie haben Recht gehabt. Genau ander t halb Dutzend. Ich habe mir notiert, was er sagte.« Sie reichte ihm einen Zettel.
    Poirot stieß ein Geräusch aus, das wie das tiefe Schnu r ren einer z u friedenen Katze klang.
    Hercule Poirot begab sich nach »Rosebank«. Als er, die untergehe n de Sonne im Rücken, im Vorgarten stand, trat Mrs Delafontaine aus dem Haus.
    »Monsieur Poirot!«, rief sie überrascht. »Sie sind z u rückgeko m men?«
    »Ja, ich bin zurückgekommen.« Nach einer kleinen Pa u se fügte er hinzu: »Als ich das erste Mal hier war, Mad a me, musste ich an einen alten Kindervers de n ken: ›Mrs Mary, wie wächst es denn in Ihrem Garten? Muschelsch a len und Schneeglöckchen und hübsche Mädchen in einer Reihe…‹ Nur – es sind keine M u schelschalen, nicht wahr, Madame? Es sind Austernschalen.« Er wies auf die Ei n fassung des Hyazinthe n beetes.
    Er hörte, wie sie tief Luft holte. Dann stand sie völlig still da. In i h ren Augen lag eine Frage.
    Er nickte. »Mais oui, ich weiß alles. Das Mädchen stellte das Abendessen warm und Katrina wird b e schwören, dass es außer den bekannten drei Gängen nichts weiter gab. Nur Sie und Ihr Mann wi s sen, dass Sie anderthalb Dutzend Austern kauften – ein kleiner L e ckerbissen pour la bonne tante. Es ist ganz leicht, Strychnin in eine Auster zu praktizieren. Man schluckt sie im Ganzen hinunter – comme ça! Aber die Schalen bleiben übrig und man kann sie nicht in den Mülleimer werfen. Das Hausmädchen würde es merken. Da dachten Sie, wie unverfänglich es sei, sie für eine Beeteinfassung zu verwe n den. Aber es waren nicht genug, die Einfassung ist nicht fertiggewo r den. Die Wirkung ist ungünstig, sie stört die Symmetrie eines sonst so bezaubernden Gartens. Die Austernsch a len passen nicht her, sie haben mir schon bei meinem er s ten Besuch missfallen.«
    »Ich vermute, Sie haben es aus ihrem Brief«, sagte Mary Delafontaine. »Ich wusste, dass meine Tante Ihnen g e schrieben hatte, aber ich wusste nicht, was und wie viel.«
    »Mir war auf jeden Fall klar, dass es sich nur um eine Familienangelegenheit handeln konnte«, antwortete Po i rot ausweichend. »Wäre es um Katrina gegangen, hätte sie kaum den Wunsch gehabt, die Sache zu vertuschen. S o viel ich weiß, haben Sie und Ihr Mann Miss Ba r rowbys Wertpapiere verwaltet und kräftig in die eigene Tasche gewirtschaftet. Und sie ist dahinter g e kommen…«
    Mary Delafontaine nickte. »Wir haben es seit Jahren g e tan – ein bisschen da und ein bisschen dort. Ich hä t te nie gedacht, dass sie so klug ist, uns auf die Schl i che zu kommen. Und dann erfuhr ich, dass sie sich mit einem Detektiv in Verbindung gesetzt hatte. Außerdem stellte ich fest, dass sie ihr Geld Katrina hinterlassen wollte, dieser jämmerlichen kleinen Kreatur.«
    »Und deshalb haben Sie das Strychnin in Katrinas Schlafzimmer versteckt, wenn ich das richtig versta n den habe? Sie wollten sich und Ihren Mann vor dem retten, was ich entdecken könnte, und schieben einem unschu l digen jungen Wesen einen Mord in die Schuhe. Haben Sie denn überhaupt kein Mitleid, Madame?«
    Mary Delafontaine zuckte mit den Schultern und ihre vergissmeinnichtblauen Augen blickten in die von Po i rot. Er erinnerte sich, wie perfekt sie die Szene b e herrscht hatte, als er das erste Mal hier gew e sen war, und auch die ungeschickten Versuche ihres Mannes fielen ihm wieder ein. Eine Frau über dem Durchschnitt – aber eine u n menschliche Frau.
    »Mitleid?«, sagte sie. »Für diese elende, intrigante kleine Ratte?« Aus ihrer Stimme klang tiefste Verac h tung.
    »Ich denke, Madame, dass Ihnen im Leben nur zweie r lei wichtig war«, sagte Hercule Poirot bedächtig. »Ihr Mann und…«
    Ihre Lippen begannen zu zittern.
    »Und – und Ihr Garten.«
    Er sah um sich. Sein Blick schien die Blumen um Ve r zeihung zu bi t ten für das, was er getan hatte und was er noch tun würde.
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