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Plötzlich Royal

Plötzlich Royal

Titel: Plötzlich Royal
Autoren: Roland Brodbeck
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beauftragt, in der Sache der Thronfolge zu recherchieren.“
    „Lass es doch, Papi. Ich bin zufrieden mit meinem Leben, wie es ist. Du scheuchst nur die Presse auf und am Schluss bin ich der große Depp, der dachte, er wird eines Tages der britische König.“
    „Die Anwälte werden diskret vorgehen und selbstverständlich mir die Entscheidung überlassen, was ich mit ihrem Gutachten mache. Themenwechsel! Bub, wie du ja weißt, besuchen Mum und ich seit einigen Monaten Chinesisch-Kurse.“
    „Dein Unternehmen Burgo-Invest kann also eine Zahnspangen-Firma in Schanghai aufmachen.“
    „Unterschrieben ist es schon lange. In Schanghai gibt es die extremsten Wachstumsraten. Da geht es schon um etwas mehr als nur Zahnspangen für Chinesen“, lachte Papi über seinen Sohn, der wegen des Militärs und der Abstimmung wohl nie richtig zugehört hatte, wenn es um die Firma ging. Er erzählte mir enthusiastisch von Prozenten, Aktienkapital und Investmentfonds.
    „Wenn es nur halbwegs gut geht, wirst du Sohn eines der Top-Ten-Milliardäre“, grinste Papi zum Schluss, klappte seinen Businessplan zufrieden zu und strich sich über den Schnauzbart.
    „Krass, gopf!“, meinte ich.
    „Kann man so sagen. Hör zu, Bub! Wir haben nun alle Papiere von der Botschaft bekommen und mein Partnerkonzern will, dass ich nach Schanghai fliege zum ersten Spatenstich auf dem zwanzig Hektar großen Werksgelände. Parallel dazu werden in bestehenden Hallen erste Produktionslinien aufgebaut, so dass wir auch schnell auf dem Markt sind. Den Kantonsratssitz gebe ich zurück.“
    Ich verkniff mir Bemerkungen über die Ausbeutung von Wanderarbeitern in China, da ich einfach zu müde war, um mich zu streiten. Nicht nur wegen der Velotour, ich hatte auch die Sache mit der Thronfolge noch nicht weggesteckt.
    „Cool, wann fliegt ihr?“
    „Die Ereignisse haben sich etwas überstürzt. Nur übermorgen kann der Gouverneur von Shanghai beim ersten Spatenstich dabei sein. Also müssen deine Mutter und ich schon morgen mit dem Firmenjet fliegen.“
    Er plauderte unablässig weiter vom Wachstumsmarkt China, der Investoren noch wie Leute behandele, die ein Land vorwärtsbringen wollen. Niemand würde dort fordern, der Portier dürfe höchstens zwölf Mal weniger verdienen als mein Papi. Dort gäbe es keine Linken, frohlockte er. Erstaunlich, ich hatte eigentlich gedacht, China sei kommunistisch. Jedenfalls machte mir seine Dauerwerbung langsam Kopfschmerzen.
    „Paps, ich hab eh kein Geld, um bei dir zu investieren“, klemmte ich seinen Vortrag ab.
    „Also, das Wesentliche!“ Mein Vater öffnete eine Ledermappe mit dem Burgo-Invest-Logo.
    „Es wird etwa fünf Jahre dauern, bis drüben die Firma brummt. Dann verkaufe ich meinen Anteil und komm in die Schweiz zurück. Mach ich alles für dich und deine Nachkommen. Vielleicht könnt ihr Schwulen ja Ableger machen“, scherzte er.
    Ich fand das mit den Ablegern überhaupt nicht witzig, aber wollte mich nicht mit ihm streiten. Sonst würde es noch länger dauern, bis ich zu Simon gehen konnte. Papi erklärte mir eine Lebensversicherung und erzählte von einem Festgelddepot, dessen Zinsen ich für meinen Lebensunterhalt verwenden dürfe. Sie würden nun wohl frühestens über Weihnachten wieder in die Schweiz zurückkommen. Ich solle regelmäßig mailen und anrufen.
    Etwas plötzlich war diese Reise schon gekommen, oder hatte ich mich so wenig für seine Geschäfte interessiert, dass mir das entgangen war? Aber für Simon und mich war das die Gelegenheit, hier zusammenzuleben, ohne dass der eine bei den Eltern des anderen ein nur geduldeter Gast wäre.
    Am nächsten Morgen störte der Lärm einer Speditionsfirma unsere Zweisamkeit. Die Männer rumpelten schon vor sieben Uhr durch das Haus und packten die persönlichen Dinge meiner Eltern in Luftfrachtkisten. Im Röhrenjeans-Turnschuh-Partnerlook halfen Simon und ich etwas beim Packen und erduldeten die vielen Ermahnungen meiner Eltern für die kommende Zeit ohne Aufsicht. Auch der Abschied am Flughafen war seltsamerweise so, als gingen sie nur auf eine ihrer Kreuzfahrten.
    Erst als Simon und ich alleine auf dem Heimweg auf die Autobahn auffuhren, fiel ich in ein Loch. Hotel Mama war zu Ende. Nicht nur für ein paar Wochen Kreuzfahrt: Meine Eltern würden während meines ganzen Studiums so gut wie nie zu Hause sein. Doch ich war ja nicht allein. Noch heute würde Simon einziehen und er willigte auch ein, mit mir an der Eidgenössischen Technischen Hochschule
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