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Pizza House Crash

Pizza House Crash

Titel: Pizza House Crash
Autoren: Denise Danks
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hatte er sich nur mit Elektronicfirmen befaßt - ein bißchen riskant, wenn man bedachte, daß er in seiner Position manchmal mehr wußte, als daß es sich bloß um fundierte Spekulation gehandelt hätte. Seit neuestem sprach er vom Optionshandel, aber ich war nicht sicher, ob er mit den komplizierten Verhältnissen dieses Marktes zurechtkommen würde. Ich überlegte, ob ich meinen Anteil kassieren und Feierabend machen sollte, zumal da wir vermutlich ohnehin von geborgter Zeit lebten, bis Max der ganzen Sache auf die Spur käme.
    Als die Deadlines vorbei waren, begann der Lärm der Büromaschinerie alles zu beherrschen. Die Vertreter bemühten sich immer noch um Abschlüsse, Drucker druckten, Faxe faxten, Kopiere kopierten, aber die PC-Tastaturen klapperten nicht mehr; alle Stories waren im Network, bei der Herstellung und bei Max. Am anderen Ende des Raumes stand eine Gruppe Journalisten; sie schwatzten und wühlten in dem, was in einer großen Schachtel mit Lunchbestellungen noch übrig war. Niemand hatte an diesem Tag zur normalen Zeit Mittagspause gemacht.
    Diese offenen, überfüllten Redaktionsräume sind Zeugnis für Max’ Glauben an die Ökonomie anstelle der Ergonomie. Gute Journalisten, meinte er, brauchten keine bequemen Stühle, weil er nicht erwartete, daß sie lange genug darauf saßen, um es zu merken. Gute Anzeigen- und Abonnementsakquisiteure brauchten lediglich eine zuverlässige Versorgung mit Aschenbechern, Platz für Pin-ups an den Wänden und die Gelegenheit, gute Kommissionen zu verdienen, und sie waren glücklich. Nicht viele Leute hatten es eilig, Technology Week zu verlassen, auch wenn gewitzelt wurde, der derzeitige Handelspreis der Branche sei die unvermeidliche Gehaltsverbesserung für jeden, dem es gelang, von unserem Blatt zu einem anderen zu wechseln. Diese unmaterialistische Einstellung zur Mitarbeitermotivation hatte die profitabelste und meistgelesene Zeitschrift der Computerbranche zustande kommen lassen. Die Tatsache, daß rund hundertfünfzigtausend Leser bereit waren, dafür zu bezahlen, wenn sie gleichzeitig zehn ähnliche Publikationen gratis auf den Tisch bekamen, war der Beweis für Max’ Maxime: Was sich lohnt zu lesen, lohnt sich zu kaufen.
    Ich wischte mir Gesicht und Hände ab und beugte mich vor, um die alten Nachrichtenzettel von meinem Monitor zu zupfen. Bei dem von Anne mußte ich zum erstenmal an diesem Tag an Julians Beerdigung denken, und düster erkannte ich, daß ich nicht mal wußte, ob er begraben oder verbrannt werden sollte. Die Vorstellung, sein Leichnam werde in einem schaukelnden Sarg hinter einem malvenblauen Vorhang zum ewigen Feuer hinaufgewunden, erfüllte mich mit Abscheu.
    »Ein anständiges Begräbnis - wenigstens ein anständiges Begräbnis sollte er bekommen«, murmelte ich.
    Vermutlich suchte Barnaby und seine kalifornischen Auftraggeber bereits angestrengt nach einem Ersatzmann. Wer immer es werden würde, war zu beneiden. Ich rechnete mir aus, daß Julian, wenn Hitec fünfzigtausend Pfund Kommission kassierte, mindestens hundertfünfzigtausend hätte verdienen sollen -plus all die Zusatzleistungen, die Barnaby erwähnt hatte. Das war in der Tat »großes« Geld für einen Systemanalytiker und Programmierer, der bei einem Fast-Food-Unternehmen zwölf- bis fünfzehntausend Pfund kassierte - wie es bei Julian der Fall gewesen war. Sein Arbeitgeber war eine Autobahnraststätten-Pizza-Kette mit Lokalen im ganzen Land gewesen. Ein gutes Geschäft vielleicht, aber es fiel doch schwer, sich ein solches Unternehmen als Speerspitze der Software-Entwicklung vorzustellen. Vielleicht hatte Julian an einem speziellen Projekt gearbeitet; irgend etwas mußte er schließlich an sich gehabt haben, um einen kalifornischen Softwarebetrieb anzulocken, der so blitzneu war, daß er noch nicht mal einen Telefonanschluß installiert hatte. Ein solches Unternehmen würde kaum nach England kommen, um einen Wald-und-Wiesen-Programmierer anzuheuern, wo es doch zu Hause auf diesem Gebiet ein unverschämt riesiges Angebot gab.
    Barnaby hatte den armen Julian als talentlos abgetan, aber das schrieb ich seiner Verbitterung über den Verlust der Kommission zu. Julian mußte in irgendeiner Hinsicht Spezialist gewesen sein, und wenn es so war, dann müßte seine alte Firma davon eigentlich wissen. Hier lockte irgendwo eine Story, selbst ohne die zusätzliche Ingredienz seines sonderbaren Abgangs, und der war ein persönliches Geheimnis, an das man wohl besser nicht rührte.
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