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Pittys Blues

Pittys Blues

Titel: Pittys Blues
Autoren: Julia Gaebel
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sollte. Aber das war jetzt sein kleinstes Problem. Dick nahm Anlauf und fand sich vor der Bühne wieder. Er klammerte sich an die leere Flasche, baute sich vor Tulipe auf, räusperte sich, merkte, dass der Whiskey seine Arbeit verdammt gut erledigte, und blökte los:«Na, willste mir jetzt zur Abwechslung mal die ganze Wahrheit sagen, Madame?»

    Tulipe stieg von der Bühne herunter und zog Dick zur Seite, das heißt, sie versuchte es, aber Dick war außer einem leichten Taumeln nicht zu bewegen.«Was denn? Von mir aus können es alle hören, jetzt ist es auch egal.»Er drehte sich um und hob die Arme:«Einmal bitte zuhören: Ich bin der Knallkopf, der seit zehn Jahren denkt, er habe seinen kleinen Bruder getötet. Ist das nicht lustig? Und ihr alle, ihr alle habt es in der ganzen Zeit nicht für nötig gehalten, mir zu sagen, dass ich es nicht war. Warum eigentlich nicht? Mein Name, nur für die, die ihn nicht kennen: Ich heiße Dick Hornochse TreLuke.»
    Myris Fate und Queery Bux bekamen bei dem Nachnamen große Augen, hielten instinktiv ihre Hände schützend vor ihre Instrumente und maßen mit aufgerissenen Augen, wie weit die rettende Tür von der Bühne entfernt war und wie schnell sie da sein könnten, ohne dass sie oder ihre Instrumente Schaden nehmen würden.
    Tulipe, Moe und Jones zogen Dick aus der Schusslinie. Tulipe baute sich vor den anderen Gästen auf:«So, jetzt habt ihr eure Show gehabt! Myris, Queery, bitte.»
    Scott McClure stand von seinem Stuhl in der hinteren Ecke auf und protestierte:«Neenee, so nicht! Endlich ist mal wieder was los! Ihr bleibt schön hier und bitte auch so, dass wir alles verstehen.»
    «McClure, noch ein Ton und ich vergesse, dass ich eine Lady bin!»
    «Och, man wird doch wohl noch mal ein bisschen Unterhaltung bekommen dürfen?»

    «Das hier geht dich einen Scheißdreck an, dies ist mein Laden, und hier entscheide ich über die Art der Unterhaltung, damit das klar ist! Und wenn dir das nicht passt: Bitte! Da vorne ist die Tür! MUSIK, verdammt noch mal!»Man konnte Tulipes Mandeln sehen, wirklich, ich schwöre!
    Queery und Myris fingen zögernd wieder an zu spielen, und innerhalb kürzester Zeit war der Zwischenfall für einen Großteil des Publikums auch gar nicht mehr so wichtig. In erster Linie, weil alle so viel Respekt vor Tulipe hatten. Aber auch, weil es ständig Ärger gab.
    Aber ständig Ärger war ungemütlich. Und ungemütlich wollte man es nicht. Dick war ungemütlich, einer von der anstrengenden Sorte. Er grübelte zu viel, konnte halt keine Ruhe geben. Von Grübeleien hatte man nichts, sie führten zu nichts, sie machten nur Knoten im Kopf, und ändern konnte man an der Vergangenheit doch eh nichts. Also wofür der ganze Zirkus? Dann doch lieber weitermachen wie bisher.
    Und dann stand auf einmal Pepper am Tresen und hatte wie immer nur die Hälfte mitbekommen, und wie immer wollte er unbedingt die andere Hälfte auch verstehen. Laut quäkte er durch den Club:«Ist schon Feierabend? »
    «Kann bitte jemand Pepper erklären, dass er noch nicht ins Bett muss? Oder muss ich das auch noch übernehmen? Und könnt ihr euch alle bitte wieder um eure Drinks kümmern?»

    Das Problem war, dass Dick sich nicht einfach wieder um seinen Drink kümmern wollte, mal davon abgesehen, dass seine Flasche leer war. Und so einfach wegbugsieren lassen wollte er sich erst recht nicht. Er wehrte sich gegen Moes und Jones’ Griffe, schaffte es sogar, während der leichten Rangelei eine neue Flasche zu greifen und anzusetzen, was dem Father diesmal sogar einen anerkennenden Pfiff abnötigte. Er zeigte mit dem Finger auf Dick und sagte, dass der Junge mit Abstand das Beste von seinem Vater mitbekommen habe. So viel Standfestigkeit sei ein Gottesgeschenk, er, Svenson, wisse, wovon er rede. Diese Standfestigkeit ärgerte Moe und Jones, denn Dick wurde dadurch so unhandlich, dass Moe gezwungen war, ihm seine Faust in die Seite zu setzen. Dick klappte ächzend zusammen, holte aber beim Hochkommen aus und verpasste Jones dafür einen rechten Haken, und seine linke Gerade landete in Moes Gesicht.
    Es war fast wieder wie in alten Zeiten, als Gene noch lebte. Niemand trauerte Dicks Vater nach, aber in diesem Moment konnte man in vielen Gesichtern eine gewisse Wehmut ausmachen. Man stupste sich an, vielsagende Blicke fragten, ob man nicht nur mal so aus Jux und Tollerei mitmischen sollte, ein Grund würde sich schon finden.
    Tulipe wusste, dass sie erst eingreifen konnte, wenn die drei
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