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Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)

Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)

Titel: Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)
Autoren: Laabs Kowalski
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Deckenbeleuchtung legte etwas Unwirkliches über die Szenerie, die sich bot. Ich hatte den Eindruck, als finde plötzlich alles in Zeitlupe statt, als sei das Tempo erstarrt, nur um in Kürze umso stärker anzuziehen. Wo zum Teufel war Zack? War er gegangen? Ich leerte das Glas und lief in Richtung Toiletten.
    Als ich die Tür öffnete, hörte ich sie. Danach geschah alles schnell und unkontrolliert. Die mittlere der drei Klotüren stand offen, zwei Skinheads standen links und rechts neben der Schüssel, und zwischen ihnen, auf den Knien, kauerte Zack. Sie pressten seinen Kopf in den Klotopf und drückten die Spülung. Zack hustete und versuchte sich zu befreien, aber sie hatten ihm den rechten Arm auf den Rücken gedreht, er hatte nicht den Hauch einer Chance. Ich brauchte eine Sekunde, ehe ich die beiden Skinheads an den Kragen ihrer Lederjacken packte und sie fortriss von Zack, der würgend den Kopf aus dem Klobecken hob und versuchte, auf die Beine zu kommen. Ich unterdessen prallte rückwärts gegen die gekachelte Wand, genau in die Lücke zwischen zwei Urinale, in denen Urinreste standen und aufgelöste Zigarettenkippen schwammen. Als ich die beiden Glatzen von hinten am Kragen zurückriss, war mir der Überraschungseffekt zugute gekommen. Jetzt aber fand ich mich eingekeilt, fest gegen die Wand gedrückt, uns konnte wegen der Urinbecken weder nach links noch nach rechts. Ein roter Blitz explodierte vor meinen Augen, als mich ein Ellbogen in die Magengrube traf. So also haben sich die Passagiere der Titanic gefühlt – es war der Geschmack des Untergangs, den ich schmeckte und der sich in meinem Mund mit etwas Saurem vermischte, so als hätte meine Galle beschlossen, Amok zu laufen oder auf Kriegspfad zu gehen. Ich hatte jedoch keine Gelegenheit, weiter drüber nachzudenken. Ein Springerstiefel krachte mir voll in die Hoden, ich sackte zu Boden.
    „Ihr Schweine!”, hörte ich Zack, aber es klang wie ein Ruf aus sehr weiter Ferne, so als befände ich mich unter Tonnen von Wasser begraben.
    Mein Gegner verlor das Gleichgewicht, rutschte nach links und versuchte, den Stoß, den Zack ihm versetzt hatte, abzufangen, indem er die Hand im Urinal aufstützte, aber ich erwischte ihn mit einem Tritt gegen sein Knie, so dass er zu Fall kam. Ich blickte auf und sah Zack über mir, sein Gesicht blutüberströmt und asymmetrisch geschwollen. Sie mussten ihn geschlagen haben, bevor sie ihn im Klo zu ersäufen versuchten, und ich begriff, wir hatten es hier nicht mit einer Einladung zu einem Picknick zu tun. Angst, echte Angst durchfuhr mich in heißen, brennenden Wellen, jene Angst, die sich meldet, wenn der Tod nicht länger ein abstrakter Begriff ist, sondern ein Psychopath, der polternd das Stiegenhaus menschlichen Lebens betritt, um zwei Mietern dieses Wohnhauses mit sofortigem Rausschmiss zu drohen. Ich wollte noch nicht sterben. Ich wollte einen Aufschub, um herauszufinden, was es mit dem Leben und mir auf sich hatte. Wenn ich es bisher geschafft hatte, wollte ich auch wissen, weshalb. Wer war ich, dass man beschlossen hatte, mich auf diesen Planeten zu setzen, welches Ziel wurde damit verfolgt? Ich durfte diesen Erdball nicht einfach wie ein Spielfeld verlassen, auf dem man sich keinen Sieg mehr erhofft, ohne zuvor diese eine entscheidende Frage zu klären. Wer war ich? Ich verlangte eine Antwort darauf und wusste, es war möglich, diese Antwort zu kriegen, wenn ich durchhalten würde.
    Zack lag mit einem unserer kahlrasierten Gegner im Clinch, während der andere sein Gleichgewicht zurückerlangt hatte und mich hasserfüllt, den Wahnsinn im Blick, ins Visier nahm.
    „Jetzt töte ich dich Sau”, nahm er den Dialog mit mir auf und versprühte den Charme eines Dobermannrüden, der unausgesetzt Elektroschocks an den Hoden verabreicht bekommt. 
    Wieso kam uns niemand zur Hilfe? Das Zwischenfall war gerammelt voll, die Leute jenseits der Tür tranken, bestellten, tranken weiter und schütteten sich unablässig Bier in den Schädel. Wieso ging keiner von ihnen zwischendurch auf die Toilette? Zack und ich würden sterben, weil es den Menschen plötzlich in den Sinn kam, lieber zu platzen, als dem Diktat ihrer Blasen zu folgen.
    Als mich der Schlag traf, schoss das Blut aus der Nase, als habe jemand ein Faß angeschlagen, das zu stark unter Druck stand. Durchhalten, raunte eine dunkle Stimme in mir. Durchhalten, Peevee! Setz dich zur Wehr!
    Ein krachendes Geräusch! Zacks Hinterkopf, der gegen die Kachelwand knallt, und
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