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Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)

Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)

Titel: Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)
Autoren: Laabs Kowalski
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einem allzu langen Anblick ihres überbordenden Leibes zu schützen. Dann, beim Abschied, hielt sie mir ihre Lippen hin, aber was für eine Rolle spielte das noch? Ich küsste sie.
    Unten vor der Haustür stützte ich mich an die Wand und erbrach mich. Eine Mutter mit einem Kind ging vorüber.
    Das Kind fragte: „Ist der Mann krank?”
    Ja, ich war krank. Ich war der falsche Typ, an einem falschen Ort, in einem falschen Erdzeitalter, und deswegen war ich dazu verdammt, orientierungslos herumzurennen und Scheiße zu bauen. Zu allem Überfluss wartete eine Acht-Stunden-Schicht im Kiosk auf mich. Schöne Bescherung.
    Die Mutter zog das Kind mit sich fort und sagte etwas wie: „So eine Schande, am hellichten Tag!”
    Ich richtete mich auf und versuchte herauszukriegen, wo ich mich befand. 
    Zuversicht lag in der blauen Milde des Himmels. Ich trabte los.
     
    ****
      
    Ein armselige Theke trennte und beschützte mich vor den Kunden des Kiosks und vor der sengenden Sonne über der Stadt. Der August marschierte seinem Ende entgegen, aber es wurde nicht kühler. Vor dem Thekenfenster der Kiosks lag die Straße wie brach. Nur hier und da hörte man das vereinzelte Schreien spielender Kinder. Der Rest der Menschheit hielt sich im Schatten versteckt oder befand sich im Freibad. Nur mich und die Kinder hatte man offensichtlich vergessen. Der Nachmittag spulte ab, so langweilig und öde wie ein Fassbinder-Film.
    Ein kleines Mädchen kam an den Schalter, legte einen einsamen Groschen auf die Theke und zeigte auf ein Glas mit Bonbons, das Stück zu zehn Pfennig. Ich nahm eine große Tüte und schaufelte sie voll bis über den Rand.
    „Nicht alle auf einmal essen!”, ermahnte ich die Kleine.
    Sie nickte sehr ernst und machte sich mit einem strahlenden Lächeln davon. Ich fühlte mich besser. Es stand also doch in meiner Macht, eine Frau glücklich zu machen, ohne es sogleich zu bereuen.  
    Etwa eine halbe Stunde darauf erschien ein kleiner Junge am Fenster, zerzaust und verdreckt. Er schob einen Groschen über die Theke und zeigte auf dasselbe Glas mit Bonbons. Ich fischte eines heraus und gab es ihm in die schmutzige Hand. Er stutzte.
    „Die Pia hat eine ganze Tüte gekriegt”, krähte er los und kreuzte die Arme über der Brust. „Das ist ungerecht!”, sagte er trotzig.
    „Sag Pia, sie soll mit dir teilen”, antwortete ich.
    Er sah mir fest in die Augen und sagte: „Arschloch! Ich sag’ Pias Mutter, du hast ihr Bonbons gegeben, damit du sie unterm Kleid anfassen darfst. Ich werde sagen, du hast deine Hand in ihr Höschen gesteckt!”
    „Verschwinde! Hau ab!”, erwiderte ich. „Oder ich versohl’ dir den Hintern!”
    „Ich sag’ ihrer Mutter, du hast Schweinereien mit Pia gemacht!”, wiederholte er stur. „ Dann bist du dran, du Wichser! Dann kommst du in den Knast!”
    Die kleine Kröte feixte mich an. Vor meinem geistigen Auge erschienen Bilder, wie ich den Rest des Tages auf der Polizeiwache verbrachte, mir gegenüber ein mies gelaunter Kommissar, der von meiner Schuld überzeugt war.
    „Hör zu, du Schwein”, hörte ich ihn sagen. „Wieso hast du der Kleinen Bonbons geschenkt, wenn du angeblich nichts von ihr wolltest? Weil du der Weihnachtsmann bist?”
    Im Hintergrund spielte sein degenerierter Assistent mit einem Schlagstock herum. „ Soll ich ihm eins verpassen? Ehrlich, Chef, ich mach’ das sehr gern!”
    Der verschmutzte kleine Bastard blickte mich kaltschnäuzig an. „Und ein Eis will ich auch, aber ein großes!”
    Ich gab ihm die Bonbons und das Eis und sagte: „Erstick dran!” Aber ich wusste, in dieser Welt war kein Platz mehr für Wunder, wir werden von Naturkatastrophen und sechsjährigen Gangstern gequält, und niemand schert sich darum.
    „Bis morgen, Arschloch!” sagte der Bastard. „Dann komme ich wieder.”
    Die Stunden bis zum Feierabend zogen sich quälend dahin. Ich bediente alte Frauen und Säufer und legte mich mit ein paar Jugendlichen an, die versuchten, Zeitschriften aus dem draußen aufgebauten Ständer zu klauen. Meine Laune war die einer Katze, die man am Schwanz aufgehängt hat, und ich wünschte mir nichts weiter, als ein, zwei Glas Bier im Subrosa , ein Bad und mein Bett, als Zack von außen an die Rolladen klopfte.
    „Peevee, los, komm schon, im Zwischenfall spielen heute die WEIRDOS.”
    Ich mag Live-Konzerte. Vor allem aber mag ich kleine, unbekannte Bands mit dreckigen Songs, die nicht viel mehr sind als ein schäbiger Haufen verdrehter Akkorde – der
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