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Pinocchio - Erst ich ein Stueck, dann du

Pinocchio - Erst ich ein Stueck, dann du

Titel: Pinocchio - Erst ich ein Stueck, dann du
Autoren: Carlo Collodi
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nicht zurück.
    Pinocchio wurde von Tag zu Tag trauriger. Er vermisste den guten alten Holzschnitzer und hoffte sehr, dass ihm nichts zugestoßen war. Und weil er sich ohne Geppetto schrecklich einsam fühlte, wünschte er sich immer sehnlicher einen Freund.

    In seiner Klasse
    gab es einen Jungen namens Romeo.
    Er war lang und dürr und wurde von allen
    nur Kerzendocht genannt.
    Kerzendocht war der frechste von allen
    und hörte nie auf das,
    was der Lehrer sagte.

    Pinocchio dachte sich, dass Kerzendocht der ideale Freund sei, weil man mit ihm bestimmt viel erleben könne, und beschloss, ihn zu Hause zu besuchen. Als er ihn dort nicht antraf, suchte er die Gegend nach ihm ab und fand ihn schließlich im Torbogen eines Bauernhauses.
    „Was machst du denn hier?“, erkundigte sich Pinocchio.
    „Ich warte, bis die Dunkelheit hereinbricht, dann fahre ich weg“, erklärte Kerzendocht.
    „Und wohin fährst du?“, fragte Pinocchio.
    „Ins Spielzeugland“, sagte Kerzendocht. „Komm doch mit!“
    Pinocchio schüttelte den Kopf. „Ich muss daheim auf meinen Vater warten und in die Schule gehen“, erwiderte er.

    Kerzendocht lachte ihn aus. „Schön dumm“, entgegnete er. „Spielen und die Zeit vertrödeln bringt doch viel mehr Spaß, als immer nur zu lernen.“

    Pinocchio überlegte. Die Vorstellung, zusammen mit seinem Klassenkameraden in einem solchen Land zu leben, war wirklich sehr verlockend.
    „Fährst du ganz allein?“, fragte er schließlich.
    „Natürlich nicht!“, rief Kerzendocht. „Hundert kluge Kinder kommen mit. Nur die Dummen bleiben zu Hause.“
    Da musste Pinocchio nicht mehr lange nachdenken. Dass er dumm sei, wollte er sich nun wirklich nicht nachsagen lassen!
    Kurz darauf ertönte ein Trompetenstoß und ein bunter Kutschwagen voller fröhlicher Kinder kam herangebraust. Er wurde von zwölf Eseln gezogen, und auf dem Bock saß ein dicker Mann, dessen rundes Gesicht wie eine Apfelsine schimmerte. Mit schmeichelnder Stimme lockte er Pinocchio und Kerzendocht in den Wagen.

    Die Fahrt dauerte die ganze Nacht.
    Im Morgengrauen erreichten sie endlich
    das Spielzeugland.
    „Willkommen im schönsten Land
    der Welt“, rief der Kutscher.

    „Hier gibt es keine Vorschriften und keine Strafen. Ihr dürft den ganzen Tag tun und lassen, was ihr wollt. Ihr müsst nie mehr rechnen oder schreiben oder Schulaufgaben machen, sondern dürft schreien, zanken, Unsinn treiben, lachen und singen. Es gibt alles in Hülle und Fülle: Spielsachen, Rummelbuden, süße Pfannkuchen, Eis und Limonade. Ich wünsche euch viel Spaß.“
    Kerzendocht stieß Pinocchio in die Seite. „Na, was habe ich gesagt?“
    „Die reine Wahrheit“, rief Pinocchio. „Wie gut, dass ich auf dich gehört habe!“
    Laut jubelnd stürzten sie den anderen Kindern hinterher.

    Zuerst fuhren sie eine Runde
    mit dem Karussell.
    Danach schlugen sie sich den Bauch
    mit Kuchen und Eis voll.
    Sie gingen ins Musikzelt, in den Zirkus
    und in die Zauberhöhle.

    Abends fiel Pinocchio Kerzendocht glücklich um den Hals.
    „Da siehst du mal, was ein echter Freund ist“, sagte Kerzendocht prahlerisch. „Von nun an wirst du nur noch Spaß haben und das verdankst du mir ganz allein.“
    „Das stimmt“, pflichtete Pinocchio ihm bei. „Wenn du mich nicht mitgenommen hättest, müsste ich wieder in die Schule gehen. Soll ich dir verraten, was der Lehrer über dich gesagt hat?“, fragte er und grinste verschmitzt.

    Das wollte Kerzendocht nur zu gerne hören.
    „Gib dich nicht mit Romeo ab, hat er gesagt. Der ist ein echter Spitzbube. Der kann dich nur zu etwas Schlechtem verführen.“
    „Ha!“, rief Kerzendocht. „Jetzt weißt du, wie der Lehrer lügt.“
    Pinocchio nickte und lachte. „Der kann froh sein, dass er kein Holzjunge ist wie ich, dann wäre seine Nase vom vielen Lügen schon ellenlang geworden.“

    „Da hast du recht!“,
    erwiderte Kerzendocht.
    Er kramte Malzeug hervor
    und zeichnete den Lehrer
    mit einen langen Lügennase.
    Die Jungen klopften sich auf die Schulter
    und schrien vor Vergnügen.
    Und so verbrachten sie
    mit Scherzen und Spielen
    viele Tage, Wochen und Monate.

Verraten und verkauft!

    Inzwischen war fast ein halbes Jahr vergangen, in dem Pinocchio nichts anderes im Sinn gehabt hatte als Spiel und Spaß und jede Menge Unsinn. Er hatte vergessen, wo er herkam, und konnte sich kaum mehr erinnern, wie Geppetto aussah. Außerdem hatte er während dieser ganzen langen Zeit nicht einen Funken dazugelernt, im
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