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Pilger Des Hasses

Pilger Des Hasses

Titel: Pilger Des Hasses
Autoren: Ellis Peters
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verbracht, jede Erinnerung an das tränenüberströmte, verzweifelte Mädchen, das die Einsamkeit seiner Hütte gesucht hatte, zu tilgen. Ihr üppiges Haar war zu einem Zopf geflochten und hochgesteckt, ihr Kleid war ordentlich und ihr Gesicht gefaßt, als sie fragte: »Habt Ihr ihn gefunden?«
    Als Mädchen hatte er sie verlassen, als Frau traf er sie wieder.
    »Ja«, erwiderte Cadfael, »wir haben beide gefunden. Keinem der beiden ist etwas zugestoßen. Sie haben sich getrennt.
    Ciaran reist alleine weiter.«
    »Und Matthew?« fragte sie ruhig.
    »Matthew ist bei einem guten Freund. Ihm wird nichts geschehen. Wir sind vor ihnen aufgebrochen, aber sie werden kommen.« Sie würde lernen müssen, ihn bei einem anderen Namen zu rufen, aber das sollte er ihr selbst erklären. Die Zukunft für sie und Luc Meverel würde nicht ganz einfach werden; zwei Menschen, die sich unter recht seltsamen Umständen gefunden hatten. Aber vielleicht hatte St. Winifred auch hier ihre Hand im Spiel? In dieser Nacht war Cadfael bereit, zu glauben und darauf zu vertrauen, daß die Heilige alles zu einem guten Ende bringen würde. »Er wird zurückkommen«, erklärte Cadfael, ihren offenen Blick erwidernd, in dem keine Spur von Tränen mehr zu entdecken war. »Ihr braucht keine Angst zu haben. Aber er hat große Aufregungen hinter sich, und er braucht Eure ganze Geduld und Klugheit. Fordert nichts von ihm. Wenn der richtige Augenblick gekommen ist, wird er Euch alles erklären. Macht ihm keine Vorwürfe...«
    »Gott verhüte«, sagte sie, »daß ich ihm jemals einen Vorwurf machen werde. Ich habe mich schuldig gemacht.«
    »Nein; wie könnt Ihr das wissen? Aber wundert Euch über nichts, wenn er kommt. Seid wie jemand, der durstig ist und trinkt. Er wird genauso sein.«
    Sie hatte sich zu ihm hingewendet, und das Mondlicht streichelte bleich ihr Gesicht, als wäre in ihr eine Lampe entzündet worden. »Ich werde warten«, sagte sie.
    »Geht nun und schlaft, denn das Warten kann länger dauern, als Ihr glaubt. Er ist sehr erschöpft. Aber er wird kommen.«
    Aber sie schüttelte den Kopf. »Ich will wachen, bis er kommt«, erwiderte sie, und plötzlich lächelte sie ihn an, bleich und glänzend wie eine Perle. Dann drehte sie sich abrupt um und ging rasch und schweigend zum Kreuzgang.
    »Ist das das Mädchen, von dem Ihr gesprochen habt?« fragte Hugh, der ihr stirnrunzelnd und interessiert nachsah. »Die Schwester des lahmen Jungen? Das Mädchen, das der junge Mann liebt?«
    »Ja, das ist sie«, sagte Cadfael, während er die untere Hälfte der Stalltür schloß.
    »Die Nichte der Weberin?«
    »Ja, genau die. Mittellos und von einfacher Herkunft«, erklärte Cadfael freimütig. »Nun, ich bin selbst von einfacher Herkunft.
    Ich bezweifle, daß ein Junge, der zerrissen und wieder zusammengesetzt wurde, wie es Luc heute Nacht geschehen ist, sich über solche Kleinigkeiten Gedanken macht. Allerdings möchte ich wetten, daß andere es tun werden! Ich hoffe, die Dame Juliana hat noch keine Heiratspläne für ihn - etwa eine Erbin von einem Nachbargut -, denn ich denke, die Dinge zwischen den beiden sind so weit gediehen, daß sie ihre Pläne ändern muß. Ein Anwesen oder ein Handwerk - wo liegt der Unterschied, wenn man stolz darauf ist und es gut beherrscht?«
    »Eure einfache Herkunft«, erwiderte Hugh munter, »hat einen recht ungewöhnlichen Sprößling hervorgebracht! Und ich muß zugeben, daß diese junge Dame einem Rittersaal größere Ehre machen würde als manche adlige Dame, die ich gesehen habe.
    Aber hört, der Gottesdienst ist vorbei. Wir wollen unsere Aufwartung machen.«
    Abt Radulfus kam wie immer mit festem, unerschütterlichem Schritt aus der Frühmette und den Laudes und begrüßte die beiden Männer, die ihn vor dem Kreuzgang erwarteten. Auf den Tag der Wunder war eine entsprechend prächtige Nacht gefolgt, funkelnd vor Sternen und in bleiches Mondlicht getaucht. Als der Abt aus der Dunkelheit in diese Lichtfülle trat, sah er überdeutlich den Ernst und die Müdigkeit in den Gesichtern der beiden Männer, die auf ihn warteten.
    »Ihr seid zurück!« sagte er und blickte an ihnen vorbei. »Aber nicht alle! Messire de Bretagne - Ihr sagtet, er sei einen falschen Weg geritten. Er ist noch nicht zurückgekommen. Habt Ihr ihn getroffen?«
    »Ja, Ehrwürdiger Vater, wir haben ihn getroffen«, antwortete Hugh. »Ihm ist nichts zugestoßen, und er hat den jungen Mann gefunden, den er suchte. Sie werden bald zurückkommen.«
    »Und
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