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Pilger Des Hasses

Pilger Des Hasses

Titel: Pilger Des Hasses
Autoren: Ellis Peters
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Herrn getötet, den er sehr liebte, und er würde mir nach Bangor und nach Caergybi und sogar nach Dublin folgen, falls ich überhaupt an Bord eines Schiffes käme, ohne das Kreuz abzulegen oder Schuhe anzuziehen. Und am Ende würde er mich bekommen. Jetzt hat er mich bekommen - aber warum hat er sich abgewendet und mich verschont?« Die letzten Worte sprach er verständnislos und verwundert.
    »Er fand Euch nicht des Tötens wert«, erwiderte Cadfael so sanft und nachsichtig er konnte, ohne die Wahrheit zu verschleiern. »Jetzt geht er verzweifelt und beschämt davon, weil er soviel Zeit auf Euch verwendet hat, die er besser hätte nutzen können. Es ist eine Frage der Werte. Lernt, was einen Wert besitzt und was nicht, und vielleicht werdet Ihr ihn eines Tages verstehen.«
    »Ich bin schon zu Lebzeiten tot«, sagte Ciaran und wand sich.
    »Ich habe keinen Herrn, keine Freunde, keine Aufgabe.«
    »Alle drei Dinge werdet Ihr finden, wenn Ihr danach sucht. Geht dorthin, wo Ihr hingeschickt worden seid und tragt die Bürde, die Ihr tragen müßt und sucht nach Eurer Aufgabe«, entgegnete Cadfael. »Denn das müssen wir alle tun.«
    Er wandte sich seufzend ab. Man konnte nicht wissen, was gute Worte oder die Lektionen des Lebens bewirkten, man konnte nicht sagen, ob sich neben Ciarans Verzweiflung auch Reue rührte, oder ob seine Gefühle nur ihm selbst galten.
    Cadfael war plötzlich sehr müde. Er sah Hugh mit einem etwas schiefen Lächeln an. »Ich wünschte, ich wäre daheim. Was nun, Hugh? Sollen wir aufbrechen?«
    Hugh starrte den geständigen Mörder stirnrunzelnd an. Der junge Mann lag wie eine Schlange mit gebrochenem Rückgrat im Gras, unterwürfig, in Tränen aufgelöst und leicht verletzt. Ein erbärmlicher Anblick, wenn auch Mitleid nicht angebracht schien. Und doch, er war höchstens fünfundzwanzig Jahre alt, von gutem Wuchs, gut gekleidet und kräftig, und die Fortsetzung seiner Reise mochte schmerzhaft und mühselig sein, aber sie ging nicht über seine Kräfte, und er hatte immer noch den Ring seines Bischofs, der ihm überall half, wo das Gesetz noch galt. Die drei Banditen, die inzwischen gefesselt und bewacht waren, würden ihn nicht mehr aufhalten. Ciaran würde sicher das Ziel seiner Reise erreichen, wie lange es auch dauern würde. Nicht das Reiseziel, das er in seiner falschen Geschichte genannt hatte; er würde nicht gesegnet in Aberdaron sterben und zwischen den Heiligen von Ynys Enlli begraben werden, sondern er würde zu seinem Geburtsort zurückkehren und ein neues Leben beginnen. Vielleicht würde er sich sogar verändern. Er würde sich wohl den ganzen Weg bis Caergybi, wo irische Schiffe anlegten, den harten Bedingungen unterwerfen; vielleicht sogar bis Dublin, vielleicht sogar bis ans Ende seines geschenkten Lebens. Wer konnte es wissen?
    »Ihr könnt«, sagte Hugh, »Euch frei bewegen, wohin Ihr wollt.
    Ihr habt jetzt keine Räuber mehr zu fürchten, und die Grenze ist nicht weit. Was Ihr von Gott zu befürchten habt, sollt Ihr mit Gott ausmachen.«
    Er drehte sich so entschlossen um, daß seine Männer sofort begriffen, daß alles vorbei war. Sie sammelten sich um die Gefangenen und die Pferde.
    »Was ist mit den anderen beiden?« fragte Hugh. »Sollte ich nicht einen Mann auf der Straße zurücklassen, der für Luc ein überzähliges Pferd bereithält? Er ist Ciaran zu Fuß gefolgt, aber es ist nicht nötig, daß er zu Fuß zurückkehrt. Oder sollte ich einige Männer hinterherschicken?«
    »Das ist nicht nötig«, erwiderte Cadfael bestimmt. »Olivier kommt schon allein zurecht. Sie werden zusammen zurückkehren.«
    Er hatte keine Gewissensbisse, sondern entspannte sich, gewärmt und zufrieden. Das Übel, das er gefürchtet hatte, war abgewendet, wenn auch um Haaresbreite und um einen hohen Preis. Olivier würde seinem Abtrünnigen folgen und ihn mitbringen oder ihm weiter folgen, wenn er verschwinden wollte, zornig und aufgelöst wie er war, nachdem ihm das Lebensziel, das er so verbissen verfolgt hatte, genommen war und ihm nur eine schmerzende Leere blieb, wo einst brennende Leidenschaft gewesen war. Olivier würde in dieser. Leere den Sieg davontragen und das gequälte Herz erwärmen, bis es für eine andere Liebe bereit war. Er sollte eine tröstende Nachricht von Juliana Bossard bekommen, denn ihm wurden ein Heim und ein herzliches Willkommen versprochen. Es gab eine Zukunft. Wie hatte Matthew-Luc seine Zukunft gesehen, als er in der Abtei seine Börse bis auf die letzte
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