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Piesberg in Flammen

Piesberg in Flammen

Titel: Piesberg in Flammen
Autoren: Heinrich-Stefan Noelke
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Trush-Orbeek die Szene wie ein Operngänger, der das Stück seit Langem kennt. »Ihr Sohn.«
    Â»Ich erinnere mich«, sagte Hero Dyk. »Sie hat ihn als Kind adoptiert, oder nicht? Das ging damals groß durch die Presse.«
    Herbert Trush-Orbeek nickte und winkte Hero Dyk näher zu sich heran. Er sprach mit fast diebischer Freude in sein Ohr: »Es gibt nur ein einziges Schlafzimmer im Haus, wissen Sie?«
    Â»Sie schlafen in einem Bett?«
    Â»Ob es zwei Betten gibt, kann ich nicht sagen.«
    Â»Kannten Sie die Familie damals? Als Arzt vielleicht?«
    Â»Sicher. Ich hatte hier meine Praxis. Ich habe nie woanders gewohnt.«
    Simon trat jetzt aus der Tür, jedoch nur, um den Aufgang zur Veranda zu versperren. Er hielt sich mit der rechten Hand an einem der Pfosten fest und lehnte sich heraus. Eine Pose, die an James Dean erinnerte, die Sinnlichkeit, der verlorene Blick, aber es war nur ein Zitat. Ein Schmücken mit fremden Federn. Die linke Hand sah verletzt aus. »Ist das der Neue?«, fragte er und wies auf Pieter. Dabei schnüffelte er wie ein Hund.
    Sofort war Jacqui bei ihm und schlug mit der Hand heftig auf seinen Nacken. »Lass das sein«, rief sie empört. »Sei nett!«
    Simon duckte sich und heulte wie ein Hund. Sie stieß noch ein paarmal mit dem Staubwedel nach ihm, als wäre ihr Sohn ein Tier, das man in Schach halten müsse. Sie trieb ihn in eine Ecke der Veranda, wo er sich auf einer Bank zusammenrollte.
    Hero Dyk schätzte Simons Alter auf Mitte zwanzig. Pieter war jünger. Anfang zwanzig vielleicht.
    Â»Was ist mit seiner Hand?«, wollte Hero Dyk wissen.
    Â»Verkrüppelt«, sagte Trush-Orbeek und ging nicht weiter darauf ein.
    Jacqui LaBelle wandte sich nun von Simon ab und besah sich den jungen Mann, der sie besuchen kam. »Pieter?«, fragte sie.
    Pieter nickte. »Karl-Johann Steiner ist mein richtiger Name, aber man nennt mich Pieter. Ich soll mich bei Ihnen melden. Sie hätten Arbeit, hieß es. Ich bin Student der Soziologie.«
    Simon hatte sein Heulen eingestellt wie ein Schauspieler, der für eine Pause die Thermoskanne mit selbst gemachtem Tee hervorholt, aber immer noch die Kostümierung trägt.
    Â»Ich brauche einen Sekretär«, sagte Jacqui und wies auf Simon. »Stör dich nicht an meinem Sohn. Er ist friedlich. Komm doch rein. Ich tue dir nichts.« Sie lachte kokett dazu und ließ erstmals die Stimme erkennen, deren Klang sie berühmt gemacht hatte. Sie beugte sich von der Veranda tief zu ihm hinunter und streckte ihm eine Hand entgegen. Der Rock der Dienstmädchentracht schob sich dabei weit nach oben und ließ weißes Fleisch und die Strapse sehen.
    Keiner der vier Männer rührte sich.
    Â»Jetzt gehen die meisten«, sagte Trush-Orbeek.
    Aber Pieter ging nicht, er zögerte nur einen Moment. Dann gab er sich einen Ruck und beeilte sich, ihre Hand zu schütteln.
    Â»Ein sehr entschlossener junger Mann«, sagte Trush-Orbeek. »Das ist ungewöhnlich.«
    Jacqui ließ Pieters Hand nicht los und zog ihn hinter sich ins Haus hinein. Simon erhob sich, warf einen Blick auf die beiden Männer auf der Bank, zeigte ihnen den Stinkefinger und folgte seiner Mutter. Er schloss die Tür von innen.
    Â»Das ist wie Theater«, sagte Trush-Orbeek.
    Â»Aber singen kann sie noch, sagten Sie?« Hero Dyk war sich unschlüssig.
    Â»Doch«, sagte Trush-Orbeek. »Das geht noch.«
    Â»Ihr Sohn tut mir ein wenig leid.«
    Â»Das ist nicht nötig«, sagte Trush-Orbeek.
    Pieter trat ein paar Minuten später wieder vor die Tür und stellte dem Hund eine Schale mit Wasser hin, auch wenn das Tier nicht seines war.
    Â»Ganz erstaunlich«, sagte Trush-Orbeek sinnierend, als suche er nach einer Erklärung für das, was er sah. »Ich gebe Ihnen eine Telefonnummer«, erklärte er schließlich und wies auf Jacquis Haus. »Da rufen Sie an, um sie zu buchen. Der junge Mann wird sich melden, sie dienen ihr auch als Manager.«
    Hero Dyks Handy klingelte. Seine Mutter war am Telefon, Doña Francisca Dyk. Ob er zum Mittagessen käme? Und wann?
    Â»Mutter«, antwortete er leicht aufgebracht, »du telefonierst mir nach. Lass das. Es stört. Ich rufe an, falls ich jemals nicht zum Essen komme. Und die Zeit ist immer die Gleiche. Ich fahre jetzt nach Hause.«
    Â»Svetlana will das wissen«, antwortete die kleine schwarze Frau abwehrend. Sie war in
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