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Piesberg in Flammen

Piesberg in Flammen

Titel: Piesberg in Flammen
Autoren: Heinrich-Stefan Noelke
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eine alte Rechnung zu geben. Die vier Männer nahmen Reißaus, auch sie wussten wohl, worum es ging. Es waren alles Europäer. Der kaukasische Typ. Deutsche wohl, keine Ausländer.
    Â»Carlsson!«, rief der junge Mann erneut, aber allzu große Not schien er nicht zu haben. Zumindest konnte man ihm nicht vorwerfen, er habe nicht versucht, den Hund zurückzurufen.
    Â»Lassen Sie ihn doch«, sagte Trush-Orbeek. »Er kommt schon zurück.«
    Â»Es ist nicht mein Hund«, entschuldigte sich der junge Mann und stellte sich als Karl-Johann Steiner vor. »Er läuft mir nach. Ich werde ihn nicht los.«
    Â»Aber sie kennen seinen Namen«, sagte Hero Dyk.
    Â»Den hat er von mir. Es ist nicht seiner. Mich nennt man Pieter. Weil ich wie ein Holländer aussehe, heißt es.« Auffällig waren seine großen Hände und das kurze weißblonde Haar auf dem Kopf und an den Augenbrauen. Fast so weiß wie das von Trush-Orbeek. Die dicken Lippen, die an einen Karpfen erinnerten. Sein gedrungener, kräftiger Körperbau gab ihm etwas Militärisches. Solch starke Kerle sucht man dort.
    Carlsson hatte inzwischen die Männer verscheucht, sie standen oberhalb der Siedlung an einer Straße. Der Hund kam zurück, er sah zufrieden aus. Ein mageres Tier mit mäßig langem Fell, grauschwarz auf dem Rücken und hellbraun an den Läufen und am Kopf. Ein Border Collie, ein Hütehund.
    Â»Was waren das für Leute?«, wollte Hero Dyk wissen.
    Â»Stadt- und Landstreicher«, sagte Trush-Orbeek. »Tagediebe. Sie treffen sich gerne hier. Sie sind harmlos, wenn man ihnen Grenzen setzt und Räume lässt. Einer von ihnen hat eine Wohnung in der Stadt. In der Wachsbleiche, wenn ich mich nicht irre. Doch, die Wachsbleiche war es, da bin ich ziemlich sicher. Sehen Sie den mit dem schwarzen Pilzkopf? Prinz Eisenherz nennen sie ihn, das war mal eine Comicserie. Hannes heißt er, die anderen kenne ich nicht. Wirklich obdachlos sind nur wenige von ihnen. Die Stadt mietet ganze Häuser für sie.«
    Einen von den vieren hatte Hero Dyk ebenfalls schon gesehen, aber er wusste nicht, wo. Ein jüngerer Mann mit blondem Haar. »Die Wachsbleiche«, sagte er. »Da gibt es diesen Musikklub. Das ›Erdbeerblau‹. Dort will ich meinen Geburtstag feiern. Jacqui soll für mich singen. Ich möchte sie buchen. Deshalb bin ich hier.«
    Â»Singen kann sie noch«, sagte Trush-Orbeek.
    Â»Dann bin ich also richtig hier?«, mischte Pieter sich ein. »Jacqui Kroll? Ich soll für sie arbeiten.«
    Trush-Orbeek musterte den jungen Mann von oben bis unten und wies auf das Bruchsteinhaus. »Sie wohnt dort«, sagte er. »Aber ob das richtig ist für Sie, weiß ich nicht zu sagen.«
    Pieter hielt dem Blick stand. »Lassen Sie das meine Sorge sein«, raunzte er und ging zum Haus, um zu läuten.
    Â»Stört es Sie, wenn ich mir ein paar Notizen mache?«, fragte Hero Dyk den alten Mann.
    Trush-Orbeek lächelte freundlich, was als Einwilligung galt.
    Eine Tür auf der Veranda öffnete sich, bevor Pieter an die Haustür klopfen konnte. Eine kleine Frau trat heraus, sie war gekleidet wie ein Hausmädchen. Schwarzes Röckchen, weiße Schürze, weiße Haube auf kurzem, krausem Schwarzhaar. Strapse an den Beinen und Absätze bis zu den Waden. In der Hand hielt sie einen leichten Staubwedel aus Straußenfedern, mit dem sie neckisch das Geländer der Veranda kitzelte.
    Â»Sie muss Mitte fünfzig sein«, notierte sich Hero Dyk. Gut acht Jahre älter als er selbst. Manche Frauen blühen erst in diesem Alter richtig auf. Jacqui LaBelle war noch sehr attraktiv. Sie trinkt, hieß es.
    Pieter besah sich das Spektakel. Kurz nur blickte er sich um und sah zu den zwei Männern zurück, die in der Sonne saßen.
    Â»Singen kann sie noch«, wiederholte Trush-Orbeek. »Und im Moment ist sie clean.«
    Â»Er betrachtet sie nüchtern wie ein Arzt, der den Zustand eines Menschen einschätzt«, schrieb Hero Dyk in sein Heft.
    Ein anderer junger Mann trat auf die Veranda, lehnte sich in den Türrahmen und versperrte so den Eingang. Er war nur wenig älter als Pieter. Lang und schmal gebaut, die Haare hingen ihm bis auf die Schultern. Vollbart. Er machte keine Anstalten, sich einzumischen. Mit unruhigem Blick beobachtete er das Geschehen auf der Veranda und die beiden Männer auf der Bank.
    Â»Simon«, erläuterte
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