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Philadelphia Blues

Philadelphia Blues

Titel: Philadelphia Blues
Autoren: Mathilda Grace
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Corvin, dem Besitzer von drei Edelrestaurants in Philadelphia, sagen konnte, was passiert war, ohne Gefahr zu laufen, dass der es an jemanden weitererzählen würde. Sie hatten beide eine Menge zu verlieren, wenn ihr kleines Techtelmechtel ans Licht kam. Mikael sogar viel mehr als er.
    „Meine Schwester ist gestorben und hat mir ihren fünfzehnjährigen Sohn vererbt“, antwortete er deswegen ehrlich und danach herrschte erstmal Schweigen. Das hatte scheinbar gesessen. „Schockiert?“
    „Wundert dich das etwa?“, fragte Mikael im Gegenzug und nahm das sanfte Streicheln an seinem Knie wieder auf. Dieses Mal ließ Colin es zu.
    „Nein. Mir ging es nicht anders.“
    „Verstehe ich... Beziehungsweise, ich verstehe es nicht wirklich, aber jetzt ist mir klar, warum wir uns nicht mehr sehen können.“
    Colin nickte. „Du hast zu viel zu verlieren.“
    „Du auch“, konterte Mik trocken und legte einen Arm um ihn, bevor er nach dem Schwamm griff, der auf dem Wannenrand lag. „Zumindest, wenn du deinen Neffen bei dir behalten willst.“
    Das wollte er. Gleichzeitig wurmte es ihn, dass er dafür förmlich gezwungen war, sein Leben über den Haufen zu werfen. Keine kleinen Sextreffen mit Mikael mehr, kein Ausgehen in Bars oder Clubs, kein ruhigen Abende daheim auf der Couch. Colin hatte keine Ahnung, wie er das schaffen sollte und ob er es überhaupt konnte, geschweige denn wollte. Er hatte sich sein Leben als Single eingerichtet und stand auf einmal mit der Erziehung eines Fünfzehnjährigen da. Aber wie hätte er Kilian abweisen können? Colin war zwar nicht gerade begeistert von der Situation, aber was das anging, hatten Kilian und er mit Sicherheit eine Menge gemeinsam.
    „Würdest du deine beiden Halbbrüder in so einer Situation vor der Tür stehen lassen?“, fragte er schließlich und seufzte zufrieden, als Mikael mit dem Schwamm über seinen Bauch zu fahren begann.
    Kurzes Schweigen. „Das kann ich nicht beantworten.“
    „Zumindest bist du ehrlich“, meinte Colin und runzelte die Stirn, als ihm auffiel, dass ihm Mikaels Antwort nicht gefiel. Drehte er jetzt völlig durch, oder was?
    Die Stimmung war damit jedenfalls endgültig ruiniert, denn Mikael schnaubte und legte den Schwamm zurück auf den Rand, um ihn danach in eine aufrechte Position zu schieben, damit er aus der Wanne steigen konnte. Colin zog die Beine an und stützte sich mit den Ellbogen auf seinen Knien ab, um Mikael dabei zuzusehen, wie der sich abtrocknete. Irgendetwas lief hier gerade mächtig schief, das wusste er, konnte sich aber auch nicht aufraffen, sich für seinen Kommentar zu entschuldigen. Stattdessen zog Colin den Stöpsel aus der Wanne und richtete seinen Blick auf das ablaufende Wasser, das leise gurgelnd im Abfluss verschwand. Im nächsten Gulli, genau wie sein schönes, ruhiges Leben.
    „Du bist gerade ziemlich egoistisch, ist dir das klar?“
    Mikaels leise Stimme riss ihn aus seinem Selbstmitleid und Colin sah auf, um zusammenzuzucken, als er Mikael neben sich sitzend auf dem Wannenrand entdeckte. „Was meinst du damit?“
    „Ich bin Geschäftsmann und ich liebe mein Leben wie es ist. Mit meinem Haus, meinem BMW und mit dir. Dass mein Vater nach dem Tod meiner Mutter nochmal geheiratet und mir zwei Brüder beschert hat, die ich kaum sehe, ändert daran nichts. Ich habe nie über eigene Kinder nachgedacht, das gebe ich zu, aber ich würde auch nie einen unschuldigen Fünfzehnjährigen dafür verurteilen, dass er mein ach so ruhiges und perfektes Leben durcheinander bringt und genau das tust du in meinen Augen gerade.“
    „Das ist doch gar nicht wahr“, empörte sich Colin und sah Mikael wütend an. Was bildete der sich eigentlich ein?
    „Und ob das wahr ist“, bekräftigte Mikael seine vorherigen Worte jedoch umgehend. „Dein Neffe hat eben erst seine Mutter verloren. Deine Schwester ist tot, Colin, und du sitzt hier und fragst dich, womit du es verdient hast, dass dieser Junge... Wie heißt er überhaupt?“
    „Kilian“, antwortete er trotzig und ärgerte sich prompt darüber.
    „Dass Kilian dein Leben über den Haufen wirft.“ Mikael schüttelte tadelnd den Kopf. „Du bist alles, was er jetzt noch hat, wenn ich bedenke, was du mir über deine Eltern erzählt hast. Also wirst du dein Leben wohl neu planen müssen, sofern du nicht willst, dass er im Heim landet, so einfach ist das.“
    Also das schlug ja wohl dem Fass den Boden aus. Colin schnaubte. „Warum fährst du nicht einfach nach Hause zu deiner
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