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Phantom des Alexander Wolf

Phantom des Alexander Wolf

Titel: Phantom des Alexander Wolf
Autoren: G Gasdanow
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Vielzahl anderer, oft zufälliger Gründe. Aber seine Kerntruppe blieb stets die gleiche, und Alexander Wolf war Offizerows engster Gehilfe. Nach Wosnessenskis Worten zeichneten ihn mehrere, für solche Erzählungen klassische Eigenschaften aus: unwandelbare Tapferkeit, Unermüdlichkeit, große Trinkfestigkeit, und natürlich war er ein guter Kamerad. In Offizerows Schwadron verbrachte er über ein Jahr. Während dieser Zeit mussten sie unter den unterschiedlichsten Bedingungen leben, in Bauernhütten und in Gutshäusern, im Feld und im Wald; manchmal hungerten sie tagelang, manchmal schlugen sie sich unmäßig den Bauch voll, litten im Winter unter der Kälte und im Sommer unter der Hitze – kurzum ein Leben, wie es fast jeder, der an einem längeren Krieg teilgenommen hat, aus eigener Erfahrung kennt. Wolf sei insbesondere sehr auf sich bedacht und reinlich gewesen – »bis heute verstehe ich nicht, wann er es schaffte, sich jeden Tag zu rasieren«, sagte Wosnessenski; er konnte Klavier spielen, konnte reinen Sprit trinken, liebte die Frauen und spielte niemals Karten. Er konnte Deutsch, das sei eines Tages herausgekommen, als es Wosnessenski und ihn zu deutschen Kolonisten verschlug und eine Alte, die Bauersfrau, die nicht Russisch sprach, ihre Tochter mit einer Fuhre in die nächste Stadt schicken wollte, drei Kilometer entfernt, damit sie dort dem sowjetischen Divisionsstab mitteilte, im Dorf hielten sich zwei bewaffnete Partisanen auf. Sie sagte es zu ihrer Tochter auf Deutsch, in Anwesenheit von Wosnessenski und Wolf.
    »Und was geschah weiter?«
    »Er sagte mir zunächst nichts davon, nur ließen wir das Mädelchen nicht fort, wir fesselten es und schafften es auf den Speicher, nahmen uns dann Proviant und brachen auf.«
    Nach Wosnessenskis Worten hatte Wolf beim Aufbruch den Kopf geschüttelt und gesagt: »So was, diese Alte!« – »Wieso hast du sie denn nicht niedergeschossen?«, fragte Wosnessenski später, als Wolf ihm erklärte, was dahintersteckte. »Verflucht soll sie sein«, sagte Wolf, »sie hat sowieso nicht mehr lang zu leben, auch ohne uns beide wird Gott sie zu sich holen.«
    Wolf hatte im Krieg sehr viel Glück; es gelang ihm, aus den gefährlichsten Situationen vollkommen unversehrt hervorzugehen.
    »Er war kein einziges Mal verwundet?«, fragte ich.
    »Bloß einmal«, antwortete Wosnessenski, »aber dann derart, dass ich ihm eine Totenmesse lesen wollte. Was keine façon de parler 4 ist, wie die Franzosen sagen; der Doktor hatte verkündet, Sascha habe nur noch ein paar Stunden zu leben.«
    Aber der Doktor hatte sich getäuscht; Wosnessenski erklärte es damit, dass er Wolfs Widerstandskraft unterschätzt habe. Wosnessenski fügte hinzu, Wolf sei unter absolut rätselhaften Umständen verwundet worden, über die er sich nicht äußern wollte; er berief sich darauf, sich nicht zu erinnern, wie es geschehen war. Damals fanden zwischen Truppen der Roten Armee und den zurückweichenden Weißen heftige Gefechte statt; Offizerows Schwadron hielt sich in den Wäldern verborgen und beteiligte sich nicht daran. Ungefähr eine Stunde nachdem die letzten Schüsse verstummt waren, hatte Wolf angekündigt, er begebe sich auf Kundschaft, und war allein davongeritten. Es vergingen gewiss anderthalb Stunden, er kehrte nicht zurück. Wosnessenski machte sich mit zwei Kameraden auf die Suche. Kurz davor hatten sie drei Schüsse gehört, der dritte war weiter entfernt und schwächer als die beiden ersten. Sie ritten zwei oder drei Werst einen verlassenen Weg entlang, alles war still, nirgends jemand zu sehen. Es herrschte große Hitze. Wosnessenski erblickte Wolf als erster; Wolf lag unbeweglich quer über den Weg und »röchelte Blut und Schaum«, wie er sagte. Sein Pferd war verschwunden, auch das war erstaunlich; gewöhnlich folgte es ihm wie ein Hund, aus freien Stücken wäre es niemals davongelaufen.
    »Erinnern Sie sich nicht, was für ein Pferd es war? Welcher Farbe?«
    Wosnessenski überlegte, dann sagte er:
    »Nein, das fällt mir nicht mehr ein. Es ist lange her, weiß der Teufel. Und er wechselte die Pferde oft.«
    »Wie das? Sie sagen doch, es sei ihm gefolgt wie ein Hund.«
    »Ach, er hatte diese Begabung«, sagte Wosnessenski, »so war es bei allen seinen Pferden. Wissen Sie, es gibt Menschen, denen Hunde niemals etwas tun, auch die bösartigsten nicht. Und er hatte diese Gabe in bezug auf Pferde.«
    Sowohl Wosnessenski wie seinen Kameraden kamen die Umstände, unter denen Wolf so schwer
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