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Pfefferbeißer - Harz Krimi

Pfefferbeißer - Harz Krimi

Titel: Pfefferbeißer - Harz Krimi
Autoren: emons Verlag
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dachte Sina.
    »Wenn er handgreiflich werden sollte, müssen Sie mir das sagen, Milda«,
sagte Niebuhr mit besorgter Miene. Und wenn sie nicht dabei gewesen wäre, war
sich Sina sicher, hätte er bestimmt ihre Hand gehalten.
    Sina warf einen Blick auf das Bild, das Niebuhr ihr überreichte. Das
Gesicht eines jungen blonden Mannes mit schmaler, eleganter Nase, fordernden
Lippen, strahlenden Augen. Kein Wunder, dass die Mädchen hinter ihm her waren.
    »Sie werden Janis finden?«
    Der Blick der jungen Frau flehte Sina an. Tränen füllten ihre Augen.
Sie schien zu spüren, dass ihr etwas Entsetzliches bevorstand, aber sie
klammerte sich immer noch an die Hoffnung, dass Janis lebte.
    »Milda …«, druckste Sina. »Ich kann …«
    »Wir tun unser Bestes, Milda. Aber wir brauchen einen Gegenstand,
den Ihr Mann benutzt hat, an dem vielleicht ein Stück von seiner Haut hängt,
verstehen Sie, damit wir einige Untersuchungen machen können«, schaltete sich
Niebuhr dazwischen.
    Er war rührend. Vielleicht ist es das einzig Richtige, dachte Sina.
Es gibt nie einen wirklichen Grund, einem Menschen die Hoffnung zu nehmen.

SECHS
    Gegen neun Uhr dreißig hatte Klawitter die Villa am
Claustorwall verlassen, hatte zwei der ausgetretenen Stufen der alten Sandsteintreppe
auf einmal genommen und war, auf Straßenniveau angekommen, in seine schwarze
Audi-Limousine gestiegen, die er immer an derselben Stelle parkte. Jetzt saß er
in einem der Säle im Goslarer Amtsgericht und wartete auf den
Verhandlungsbeginn. Den zuständigen Richter kannte er seit Jahren, sie waren
per Du. Es standen drei Termine an, die wohl alle keine Überraschungen bringen
würden. Um zehn Uhr eine Scheidung, gefolgt von einem schweren
Trunkenheitsdelikt mit Führerscheinentzug und einer Nachbarschaftsklage als
Krönung des Vormittags. Alltagsroutine, fern von spektakulären
Justizereignissen.
    Klawitter spukte seine Frau im Kopf herum. Nie hatte er Miriam so
erlebt wie an jenem Morgen, als sie ihm auf eigenartige Weise klargemacht
hatte, wie unzufrieden sie in ihrem Leben mit ihm war. Es hatte ihn schockiert,
ja, das war das richtige Wort, schockiert, und er hatte sich bis jetzt noch
nicht davon erholt. Hatte er nicht immer sein Bestes gegeben, um die Kanzlei
hochzuhalten und seiner Frau und den drei Kindern Kai, Jasmin und Leonard mehr
zu bieten, als andere Ehemänner und Väter ihrer Familie boten? Um sich dann
sagen zu lassen, wie miefig das alles wäre. Gab es nicht Leute, die anderen im
Mund herumstochern mussten, um halbwegs so viel zu verdienen, wie seiner
Familie monatlich aus den Umsätzen der Kanzlei zur Verfügung stand? Allein was
das Jahr Cambridge für Kai gekostet hatte.
    Ja, es stimmte, es war nicht einfach mit Vater. Er mischte sich
immer noch in alles ein, auch wenn er längst nicht mehr in der Kanzlei
arbeitete. Fast jeden Abend kam er aus seiner Wohnung im zweiten Stock zu ihnen
herunter, fragte ihn und Miriam aus und gab zu allem seine Meinung ab, und die
war meistens eine andere als Miriams. Sie konnte tun, was sie wollte, es war
immer falsch. Als der wichtige Domröse-Fall verloren ging, an dem sie nur
mitgearbeitet hatte, hatte Vater ihr die Hauptschuld zugeschoben und von einer Gefahr
für den guten Ruf der Kanzlei gesprochen, obwohl es eindeutig nicht an ihr,
sondern an den undurchsichtigen Zeugen gelegen hatte. Wahrscheinlich aber war
der Hauptgrund seiner ewigen Nörgeleien, dass Miriam ihm nach Leonards Geburt
nahegelegt hatte, aus dem ersten in den zweiten Stock zu ziehen, weil die
Kinder einfach mehr Platz brauchten. Vater hatte später davon gesprochen, dass
er vertrieben worden sei, in seinem eigenen Haus.
    Aber dass Miriam jetzt so einen Aufstand machte und alles
hinschmeißen wollte – denn danach sah es tatsächlich aus –, das
konnte und wollte er einfach nicht glauben. Schon seit über einer Woche redeten
sie kaum noch ein Wort miteinander.
    Er konnte doch seinen eigenen Vater, der immerhin schon zweiundachtzig
war, nicht einfach im Stich lassen. Er hatte ihm schließlich alles zu
verdanken. Und dann die Sache mit Geert Sandrock. Hatte er jemals einen
Konkurrenten brutal beiseitegeräumt? Das war nicht seine Art. Ohne Sandrock
wäre er nie stellvertretender  OB geworden,
das hatte er nie vergessen. Und die Schritte, die er gegangen war, um dorthin
zu kommen, waren einigermaßen gerade Schritte gewesen, mit möglichst wenig
Tritten nach links und rechts. Jetzt war er von einigen Ratsherren aufgefordert
worden, an
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