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Peter Hogart 1 - Schwarze Dame

Peter Hogart 1 - Schwarze Dame

Titel: Peter Hogart 1 - Schwarze Dame
Autoren: Andreas Gruber
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Packung Erdnüsse aus der Minibar, aber keine Telefonate vom Zimmer aus. Nachdem Schelling ausgecheckt war, hatte sie niemand mehr gesehen.
    Bis zum Mittagessen waren Hogarts erste fünftausend Kronen weg. Hätte er es nicht besser gewusst, er hätte Schelling glatt für eine unauffällige Touristin gehalten, die an Schlafstörungen litt. Der einzige Anhaltspunkt, der ihm jetzt noch blieb, war die Tatsache, dass sie keinen Führerschein besaß, wodurch sie auf den Taxidienst angewiesen war. Für weitere tausend Kronen half ihm Tereza beim Übersetzen, als er mit den Taxiunternehmen der Stadt telefonierte. Zwar lebten in Prag seit jeher zwei Sprachen nebeneinander - Tschechisch und Deutsch -, aber nur wenige Einheimische beherrschten die Fremdsprache. Am Nachmittag besaß er die Taxiliste, auch wenn sie Kommerzialrat Rast eine schöne Stange Geld gekostet hatte.
    Bei einem frühen Abendessen im böhmischen Spezialitätenrestaurant Zur Spinne gegenüber dem Hotel blätterte er durch die Seiten des Computerausdrucks. Um diese Zeit war die Gaststube noch ziemlich leer, weshalb er im Kerzenschein einer einsamen Nische seine Unterlagen unbeobachtet ausbreiten konnte.
    Er ging die Taxiliste durch: zwölf Fahrten! Besonders umtriebig war die Frau nicht gewesen. Da Schelling niemals beim Telefonieren gesehen worden war, musste sie die Taxis jeweils vom Zimmer aus mit ihrem Handy gerufen haben. Zwölfmal war sie vor dem Hotel abgeholt worden. Elf Bezahlungen in bar, eine einzige mit Kreditkarte. Hogart suchte die Fahrtziele auf dem Stadtplan. Viermal zur Nationalgalerie, zweimal in die Villengegend vor der Prager Burg, je einmal zur Einsatzzentrale der Feuerwehr, zur Kripo, zu einem chemischen Labor und zur österreichischen Botschaft, vermutlich um an Auskünfte heranzukommen, wer für welchen bürokratischen Papierkram zuständig war. Am Tag ihrer Abreise, etwa um die gleiche Zeit, als sie ihre Nachricht auf das Tonband im Büro von Medeen & Lloyd gesprochen hatte, war sie mit dem Taxi zu einer Fahrt Richtung Flughafen abgeholt worden. Nicht zum Flughafen, sondern nur in die Richtung. Etwa neun Kilometer vom Stadtzentrum entfernt endete die Taxifahrt in der Pivonkastraße.
    Hogart fand den Ort gerade noch auf dem Rand seines Stadtplans. So weit draußen gab es nichts als Acker und Feldwege, und dennoch musste Schelling in dieser Gegend etwas gesucht haben. Und dabei war sie verschwunden. Noch eine zweite Sache gab Hogart zu denken: Jene Fahrt, die Schelling mit ihrer Kreditkarte beglichen hatte. Sie führte in ein schmales Gässlein südlich des Josefsviertels, zwischen dem Moldauufer und der Altstadt, nicht weit vom Hotel entfernt: die Bernardigasse. Warum hatte Schelling ausgerechnet diese Fahrt mit der Karte bezahlt? Bestimmt nicht deshalb, weil ihr das Bargeld ausgegangen war. Immerhin hatte sie am Abend darauf ihre Taxifahrt Richtung Flughafen mit Scheinen beglichen. Vielleicht wollte sie diese Fahrt dokumentieren, sozusagen für die Nachwelt belegen. Möglicherweise war es ihre Methode, Nachrichten im Batteriefach einer Fernbedienung zu hinterlegen.
    Jedenfalls hatte er nun zwei Orte gefunden, an denen es Sinn machte, weiterzuforschen: die Pivonkastraße außerhalb der Stadt und die Bernardigasse beim Josefsviertel.
     
    Um diese Jahreszeit wurde es am Abend rasch kühl. Zudem zog von der Moldau eine feuchte Brise herauf. Die Hände in den Manteltaschen, ging Hogart von seinem Hotel durch die Altstadt zur Bernardigasse. Er kam an Marionettentheatern und unterschiedlichen Kleinbühnen vorbei, die in dem Künstlerviertel dicht nebeneinander lagen. Das Cabinet Bizarrebot Goethes Faust als Schattenspiel mit Neonlicht und visuellen Effekten an. Weitere Plakate und Aushangfotos warben für die Laterna Magika oder eine Vorführung des mystischen Circo Magico. Im Black Light Theatre liefen Puppenspiele mit optischen Täuschungen. Auf dem engen Podium, das den Schauspielern zur Verfügung stand, konnte man sich nur mit Illusionen behelfen, um das Publikum zu verzaubern - und die Prager Künstler waren Meister darin.
    Die engen Seitengassen mit den zahlreichen Theaterbühnen und winzigen Kinosälen waren ihm noch von seinem letzten Pragbesuch lebhaft in Erinnerung. Damals hatte er häufig die tschechischen Programmkinos besucht, um die einzigartige Atmosphäre der knarrenden Klappstühle, schwarzen Samtvorhänge und flimmernden Projektoren zu erleben. Möglicherweise rührte daher seine Vorliebe für alte
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