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Peter Hogart 1 - Schwarze Dame

Peter Hogart 1 - Schwarze Dame

Titel: Peter Hogart 1 - Schwarze Dame
Autoren: Andreas Gruber
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dich Gicht, müde Knochen, morsche Gelenke und Hämorrhoiden so groß wie Orangen.« Er ballte die Hand zur Faust. »Du dankst Gott, wenn du den Tag mit einem schmerzfreien Stuhlgang beginnst. Doch das alles ist im Moment nebensächlich. Wir haben schlimmere Probleme am Hals. Später mehr darüber.« Rast packte ihn an der Schulter. »Aber du siehst gut aus, Junge! Groß und kräftig, wie dein Vater.«
    Ständig wurde Hogart mit seinem Vater verglichen, der bereits seit sechs Jahren tot war. Hogart konnte sich noch lebhaft an die Sätze erinnern, die Rast auf der Beerdigung zu ihm gesagt hatte. Zeit seines Lebens hat dein Vater versucht, sich raufzuarbeiten, doch er hatte einfach nicht den richtigen Rweher. Er war zu ehrlich für diese Welt und hat sich zu oft von seinen Partnern, diesen Aasgeiern, übers Ohr hauen lassen.
    Hogarts Vater war tatsächlich ein fescher Kerl gewesen, und möglicherweise hatte der Sohn dieses Aussehen geerbt. Aber mit den grauen Schläfen, die sein schwarzes Haar jeden Morgen ein Stück mehr verdrängten, sah Hogart alles andere als jung geblieben aus. Er halste sich zu viel Arbeit auf und drosselte sein Privatleben auf ein Minimum. Die wenigen Male im Jahr, wenn er seine Mutter besuchte, Flohmärkte durchstöberte, auf Kurzfilmfestivals ging oder sich mit Kurt, seinem jüngeren Bruder, und dessen Tochter zum Abendessen verabredete, ließen sich an den Fingern einer Hand abzählen. Ebenso gut konnte er auch noch den Rest seines Privatlebens aufgeben; niemand würde es bemerken. Seine Arbeitswut war nichts weiter als ein Schutzmechanismus, um Eva zu vergessen - er wusste das besser als jeder andere.
    Doch wie konnte man Eva vergessen? Sie hatte ihn wegen eines Geschäftsführers von Coca Cola verlassen - einen um fünf Jahre älteren grauhaarigen Mann im Nadelstreif. Der Grund lag auf der Hand. Sie hatte sich ständig wegen des Krempels aufgeregt, den Hogart regelmäßig von den Tauschbörsen heimbrachte und damit die Wohnung verstopfte. Immer wieder hatte er Besserung versprochen. Aber er konnte einfach nicht anders - dieser Zwang steckte nun mal in ihm. Vielleicht hatte Eva auch nie verkraftet, dass seine körperlichen Schmerzen einen missmutigen Zyniker aus ihm machten. Durch sein kürzeres rechtes Bein lag seine Hüfte schief. Wenn man genau hinsah, merkte man, dass er leicht hinkte. An kalten verregneten Tagen quälte ihn das Ziehen in der Wirbelsäule mehr, an sonnigen Tagen weniger. Die Ärzte prophezeiten ihm schon seit Jahren, dass sich die Schmerzen verschlimmern würden, doch solange er tägliche seine Runde durch den Wienerwald joggte, hielt er sie in Schach.
    Aber trotz seines Zynismus hatte er Eva stets zum Lächeln bringen können, was Mister Coca Cola nicht gelang. Aber wenn er darüber nachdachte, musste er sich eingestehen, dass das schon alles war, was er besser konnte. Vielleicht war ihre Beziehung auch gescheitert, weil er Eva nie den Heiratsantrag gemacht hatte, mit dem Mister Management nicht einmal einen Monat lang gewartet hatte. Seit der Trennung war Hogart allein, und der Vergleich mit einem hinkenden Zyniker traf mehr denn je auf ihn zu: harmlos, aber trotzdem bissig - was ihm bei der Ausübung seines Berufs ganz nützlich war.
    Er war ein Freelancer, wie man es heutzutage nannte, doch er selbst bezeichnete sich als Versicherungsdetektiv. Das klang bodenständiger. Manchmal untersuchte er Einbrüche oder angebliche Autodiebstähle, doch meist übernahm er größere Aufträge wie Personenunfälle, die manchmal sogar bis zum Totschlag reichten. Egal, worum es ging - jeder Versicherungsschwindler glaubte, die perfekte Masche für den absolut glaubwürdigen Betrug gefunden zu haben, doch fast immer machten sie einen Fehler. Hogarts Job bestand darin, diesen Fehler aufzuspüren - und er war gut darin. Da er stets die Konkurrenzklausel aus seinen Verträgen strich, arbeitete er für mehrere Versicherungen gleichzeitig, und ausgerechnet die kleinen Firmen zahlten termingerechter als die großen Konzerne. Medeen & Lloyd war so ein säumig zahlender Konzern, und dabei half ihm nicht einmal, dass er den Vorstandsdirektor persönlich kannte.
    Rast hielt vor einer gepolsterten Bürotür. »Ist dein Tschechisch immer noch so gut wie früher?«
    »Ich bin aus der Übung, warum?«
    »Wirst du gleich erfahren.« Rast öffnete die Tür und ließ ihm den Vortritt.
    Das Besprechungszimmer wurde von dem wolkenverhangenen Sonnenuntergang in ein düsteres Zwielicht getaucht. Vor dem
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