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Peter Hogart 1 - Schwarze Dame

Peter Hogart 1 - Schwarze Dame

Titel: Peter Hogart 1 - Schwarze Dame
Autoren: Andreas Gruber
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ein paar Straßennamen klangen vertraut, der Rest wirkte genauso fremd wie das nur teilweise verständliche Gerede der Menschen.
    An Hogarts Unterkunft hatte sein Auftraggeber nicht gespart. Das gelbe vierstöckige Jugendstilgebäude des Hotel Ventana lag in der Celetna, unmittelbar vor dem Altstädter Ring, dem Platz mit den meisten Sehenswürdigkeiten. Im obersten Stock, direkt unter dem Dach, bezog er eine Suite mit Balkon und Ausblick auf die Fußgängerzone. Es war dasselbe Zimmer, in dem bereits vier Wochen zuvor Alexandra Sendling untergebracht worden war. Von Tereza, der Dame am Empfang mit der niedlichen Pagenfrisur, die einwandfreies Deutsch sprach, erfuhr er, dass das Zimmer seit Schellings Abreise fünfmal vermietet worden war. Demnach hatte das Personal die Räume entsprechend oft gereinigt - und bestimmt alle interessanten Spuren beseitigt. Trotzdem durchsuchte er das Bad, den Wohnraum und die Schränke des Schlafzimmers nach Hinweisen - ergebnislos. Weder im Safe noch unter dem Fernsehgerät, in der Minibar oder der Klimaanlage hatte Sendling eine Nachricht hinterlassen - und erst recht nicht im Toilettenspülkasten oder im Batteriefach der TV-Fernbedienung, wo er selbst in einer brenzligen Situation eine Botschaft versteckt hätte. Anscheinend hatte Rasts Nichte nicht geahnt, dass sie möglicherweise beobachtet worden war oder auf der Abschussliste jener Versicherungsbetrüger stand, mit denen sie sich angelegt hatte.
    Nachdem Hogart seinen Koffer ausgepackt hatte, ging er auf den Balkon, um eine Zigarette zu rauchen, wie immer, wenn er nachdenken wollte. Ferner Autolärm drang zwischen den Häusern heran. Während er überlegte, wo er mit der Suche beginnen sollte, füllte sich die Fußgängerzone mit Menschen. Der Altstädter Ring war ein gigantischer Platz, gesäumt von Gebäuden aller Epochen. Der Ausblick auf die Spitzgiebel, Uhrtürme und Erker erinnerte ihn an die Aussicht von der Prager Burg. Das letzte Mal war er mit Turnschuhen und Rucksack hier gewesen, ein Interrail-Ticket in der Hand und nichts weiter als fünfhundert Kronen in der Tasche. Drei Monate lang hatte er an den Wochenenden in verschiedenen Restaurants die Küche geschrubbt, Bierkisten geschleppt und Toiletten gesäubert, um das Geld für die Jugendherberge zu verdienen. Wahrscheinlich gab es die meisten Lokale nicht mehr, in denen er früher gearbeitet und literweise schwarzen Kaffee getrunken hatte. Am Ende seines Tramperurlaubs war sein Visum längst abgelaufen gewesen und die österreichische Botschaft musste seine Ausreise mit dem Zug organisieren. Wie hatte sein Vater damals getobt und ihn einen leichtsinnigen Bengel genannt! Aber diese Erlebnisse konnte ihm keiner nehmen, und er war sogar ein wenig stolz darauf. Zum Glück war er heute, als Mann am Beginn einer Midlife-Crisis, nicht ganz so verbohrt und konservativ wie sein Vater damals. In ihm loderte immer noch diese Abenteuerlust, wenn es darum ging, ein Rätsel zu lösen oder Verbrecher zur Strecke zu bringen.
    Das Läuten des Handys riss ihn aus den Gedanken. Auf dem Display erschien die Nummer seines Bruders. Kurt, knapp drei Jahre jünger als er, führte eine Praxis als Chiropraktiker in der Wiener Innenstadt und hatte alles, was Hogart nicht besaß: ein Haus, eine Familie und regelmäßiges Einkommen. Aber Kurt hatte auch Probleme, um die ihn Hogart nicht beneidete - mit dem Finanzamt und mit seiner Frau.
    »Hallo Kurt.«
    »Hallo, mein Großer!« Kurts Stimme klang entspannt, und in diesem Fall konnte man darauf wetten, dass er gut gelaunt war. »Besuchst du uns heute zum Abendessen?«
    »Ich bin eben erst in Prag angekommen.«
    »Was machst du in Prag? Nach Schellacks und einer signierten Kafka-Biografie stöbern? Hast du doch schon alles!«
    »Ein Auftrag.« Mehr wollte Hogart nicht verraten. »Wie geht es deiner Frau?«
    »Du kannst einem die Stimmung vermiesen! Keine Ahnung.«
    »Und Tatjana?«
    »Wie soll es der Göre schon gehen? Sie ist drauf und dran, sich ein Nabelpiercing stechen zu lassen … sieht bestimmt hässlich aus, auf ihrem fetten Bauch … Aua! Sie steht neben mir, schönen Gruß!«
    »Danke.« Hogart musste grinsen. Tatjana, Kurts siebzehnjährige Tochter, war alles andere als fett. Sie fuhr eine blitzblaue aufgemotzte Aprilia, trainierte zweimal in der Woche in einer Boxhalle und spielte Bass in einer Punkband, die Johnny Depp hieß. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie und ihre Bandkolleginnen sich neben dem Gofhic-Tattoo auch ein
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