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Perth

Perth

Titel: Perth
Autoren: Peter Martin
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Probleme beim Schreiben hatte oder wenn ich mir Sorgen über unsere Zukunft machte oder kleinere Probleme hatte, teilte ich ihr mit, was mich beschäftigte. Jemand, der noch nie eine solche Beziehung zu einem Hund hatte, denkt möglicherweise, dass so ein Verhalten sentimental und kindisch ist. Bevor ich Perth fand, habe ich wahrscheinlich selbst so gedacht, da ich als Kind alle Hunde in meiner Familie lediglich als Spielgefährten sah, die man knuddeln , füttern, am Nacken kraulen oder mit denen man spazieren gehen konnte. Perth dagegen war eine Retterin in der Not, eine Freundin und Trostspenderin — und nie hatte ich sie dringender gebraucht als in diesem Moment. Sie beruhigte mich ungemein und lenkte mich von mir selbst ab. Instinktiv wusste sie, was sie tat. Auf einer geheimnisvollen Kommunikationsebene verstand sie mich.
    Nachdem ich nachmittags lange mit ihr an den Schweinefarmen vorbei und über die Maisfelder spazieren gegangen war und von besseren Tagen in Cazenovia geträumt hatte, nahm ich sie mit zu Franks Haus. Ich brachte es nicht übers Herz, sie zurückzulassen. Es war früh am Abend, und Frank war noch nicht zu Hause, also ließ ich sie kurzerhand allein in seinem Haus und ging von dort aus zum Krankenhaus. Ich fand Cindys Zimmer und schaute vorsichtig hinein. Ihr Bein war in einem komplizierten Apparat aufgehängt. Ich nahm mir vor, fröhlich zu sein, koste es, was es wolle.
    Sie strahlte vor Freude, als sie mich sah. »Oh, komm herein. Ich habe mich so nach dir gesehnt. Wo warst du ?«
    »Ah, du bist noch ganz geblieben, wie ich sehe, auch wenn du etwas eigenartig aussiehst. Man hat mir gesagt, dass ich nicht vorher kommen soll. Hast du Schmerzen ?«
    »Nein, überhaupt keine. Ich muss allerdings drei Wochen im Streckverband bleiben, bevor mein Bein operiert werden kann. Ich weiß nicht, wie ich das aushalten soll. Ich werde wahnsinnig werden !«
    Ich war entsetzt, aber ich setzte mich hin, nahm ihre Hand und sagte sanft: »Die haben bestimmte Methoden, um es dir angenehm zu machen, hab keine Angst. Und denk doch mal, wie viel du hier lesen kannst — die Zeit wird schnell vergehen, du wirst schon sehen.«
    In ihren Augen standen Tränen. Wir unterhielten uns noch ein paar Minuten, dann fragte sie: »Wie geht es Perth ?«
    »Um ehrlich zu sein, sie ist nur ein paar Häuserblocks von hier entfernt. Frank hat mich zum Abendessen eingeladen, und da habe ich sie mitgenommen. Ich konnte sie nicht zurücklassen, nicht heute Abend. Sie vermisst dich. Wir haben heute Nachmittag einen langen Spaziergang zusammen gemacht .«
    »Ich wünschte, ich könnte sie sehen .«
    Mich überkam plötzlich ein unangenehmes Gefühl, als ich an Perth dachte, die allein in Franks Haus war. Vielleicht hätte ich sie lieber draußen lassen sollen. Aber sie würde doch sicherlich nichts in einem fremden Haus anstellen. Wenn sie irgendwie aus dem Haus herauskam, wohin würde sie dann gehen?
    »Peter, was ist los ?«
    »Ich glaube, ich sollte mal eben nachsehen, was Perth macht. Ich höre im Geiste ständig das Geräusch von berstendem Holz und den gedämpften Ton des bauschigen Füllmaterials von Stuhlpolstern .« Ein weiterer schrecklicher Gedanke kam mir, als ich mich an Franks kostbare Perserteppiche erinnerte. »Ich bin gleich wieder da .«
    »Aber ich hab dir so viel zu erzählen. Kann Perth nicht warten ?«
    »Ich glaube nicht. Ich bin wirklich sofort wieder zurück .«
    Ich küsste sie und ging auf die Tür zu, aber bevor ich sie erreichte, kam Perth hereingetrottet. Ihre kleinen Krallen klapperten leise auf dem gefliesten Boden, sie wedelte wild mit dem Schwanz und hielt ihren Kopf keck in die Höhe, als ob sie sagen wollte: »Ich komme überall hinein, wenn ich will .« Wir sahen sie im selben Moment. Ich war sprachlos vor Staunen.
    »Perth !« , rief Cindy. »Mein kleines Hündchen. Komm her, komm her zu mir, du lieber, frecher Hund .«
    Perth stürmte auf ihr Bett zu. Sie war klug genug, nicht zu bellen oder zu heulen. Als sie auf dem Bett landete, war sie sich der besonderen Situation bewusst und leckte Cindy drei oder vier Mal.
    Ich wusste nicht, ob ich mich freuen oder ein schlechtes Gewissen haben sollte. Dass Perth auf Cindys Bett saß, kam einer Therapie gleich, die ein Arzt ihr nie hätte verordnen können. Es war die wertvollste Medizin, die Cindy bekommen konnte. Aber Hunde durften nicht ins Krankenhaus. Die Krankenschwestern würden mich in die Mangel nehmen, wenn sie Perth hier fanden. Wo waren die
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