Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Personenschaden

Personenschaden

Titel: Personenschaden
Autoren: P Probst
Vom Netzwerk:
würde ich sagen.«
    »Haben die bei Ihnen eingekauft?«
    »Nein, sie sind nur immer unter der Linde gestanden und haben zum Lokomotivführerbau rübergeschaut. Nach einer Weile sind sie wieder gegangen. Ich wollte es melden, aber dann hätte es wieder geheißen: die Vroni ist so eine G’schaftlhuberin.«
    »Können Sie die Männer beschreiben?«
    Sie überlegte. »Die zwei jungen waren recht kräftig, aber nicht besonders groß. Könnten Brüder gewesen sein.«
    »Und wissen Sie noch, was die anhatten?«
    »Schwarz, nur schwarz. Schwarze Jeans, schwarze Jacken.«
    Bei so einer Häufung seines Namens durchzuckte es Schwarz immer noch, obwohl er nach fast fünfzig Jahren gelernt haben sollte, dass er nur in den seltensten Fällen gemeint war.
    »Und der ältere Mann?«
    »Der hat bei jedem Wetter einen Parka angehabt. Krank hat er ausgeschaut und gehinkt ist er – aber eher wie einer, der eine Prothese trägt.« Sie schaute Schwarz erwartungsvoll an, als müsste er jetzt endlich die Auflösung des Rätsels liefern. Als er schwieg, riet sie: »Es hat was mit dem Engler Rudi zu tun, stimmt’s?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ich mag den Rudi, aber er hat auch viele Feinde, weil er das Maul immer so weit aufreißt. Sie müssten mal hören, was der so alles zur Privatisierung der Bahn sagt.«
    »Was denn zum Beispiel?«
    »Da fragen Sie ihn besser selber. Ich kenne mich nicht so aus mit der Politik. Am wütendsten aber wird der Rudi, wenn ihm einer mit Nazisprüchen kommt.« Sie kam mit verschwörerischer Miene ganz nah an sein Gesicht heran. Er konnte riechen, dass sie Zwiebeln gegessen hatte.
    »Die zwei Burschen waren garantiert solche Neonazis. Einmal haben sie ihre Kapuzen nicht aufgehabt, da habe ich die Glatzen gesehen.«
    Sie nahm Schwarz die Tasse aus der Hand, trocknete den Boden mit einer Papierserviette ab, gab sie ihm zurück und tupfte noch einen Kaffeetropfen von der Untertasse. »Ein Kaffee mit Fußbad ist doch nichts für einen Herrn Kommissar, oder?«
    »Jetzt glauben Sie es mir halt, dass ich keiner bin«, sagte Schwarz, zahlte und bedankte sich für die Auskünfte.
    Die Verkäuferin schaute ihm stirnrunzelnd hinterher, wie er die Straße überquerte und zum Lokomotivführerbau strebte: »Dann halt ein Detektiv.«
     
    Als Schwarz ins Treppenhaus trat, kam die junge Frau gerade zur Hintertür herein. Sie nickte ihm freundlich zu. Sein Blick fiel auf die Schere in ihrer Hand. So ein schönes Gesicht und so grausam, dachte er.
    Sie schien seine Gedanken zu erraten und lächelte verlegen. »Damit geht es schneller als mit Schneckengift oder Bier.«
    Schwarz reichte ihr seine Visitenkarte. Sie warf einen Blick darauf und sah ihn fragend an.
    »Sind Sie hier Hausmeisterin?«
    »Ja, gemeinsam mit meinem Mann. Wir sind vor sechs Jahren aus Tschechien gekommen.«
    »Ach. Von wo denn?«
    »Aus Pilsen. Kennen Sie das?«
    »Ich war nie dort, aber meine Mutter stammt aus Karlsbad.«
    »Aus Karlovy Vary? Dann sind Sie ja halber Tscheche?«
    Schwarz lächelte unbestimmt und verzichtete auf eine nähere Definition seiner Herkunft. Stattdessen erklärte er der Hausmeisterin sein Anliegen.
    Sie hörte aufmerksam zu und nickte. Sie habe die Männer gesehen und sei beunruhigt gewesen. Aber ihr Mann habe sie ausgelacht: München sei eine der sichersten Städte der Welt, und wer wirklich etwas Böses plane, mache das doch im Verborgenen.
    »Ja«, sagte Schwarz, obwohl er eigentlich Nein meinte. Wenn die drei Klaus Engler hatten einschüchtern wollen,mussten sie sich offen zeigen. Plötzlich kam ihm ein Gedanke: War die Tatsache, dass die Männer seit drei Wochen nicht mehr aufgetaucht waren, vielleicht ein Hinweis darauf, dass sie jetzt etwas Größeres planten? Wieder hatte er die Schrift auf der Betonmauer vor Augen: »Tötet Engler«.
    Die Personenbeschreibung, die ihm die Hausmeisterin lieferte, deckte sich weitgehend mit den Angaben der Verkäuferin. Innerlich musste Schwarz grinsen, wie gut die nachbarschaftliche Überwachung im Eisenbahnerviertel funktionierte. Aber die junge Tschechin hatte noch einen interessanten Hinweis. Sie hatte beobachtet, wie der ältere der drei in einem schwarzen Fiat Punto am Haus vorbeifuhr.
    »Einem Punto, sicher?«
    »Ja, wir haben genau so einen.«
    »Das Kennzeichen haben Sie sich nicht zufällig gemerkt?«
    Sie machte eine bedauernde Geste. »Nur die ersten Buchstaben: TÖL.«
    »Bad Tölz?«
    Sie hob die Schultern. Mit polizeilichen Kennzeichen hatte sie sich während ihres
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher