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Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss

Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss

Titel: Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss
Autoren: Christian Loeffelbein
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hinter dem Marmortisch – und verschwand.
    Augenblicklich löste sich Johanna aus ihrer Starre und rieb sich die Augen. Zuerst glaubte sie, das sich in den Kirchenfenstern brechende Mondlicht habe ihr einen Streich gespielt. Sie lief zum Altar und erwartete, den Fremden noch zu sehen. Aber es war, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Mit klopfendem Herzen erklomm Johanna die Stufen zu dem heiligen Tisch. Ehrfürchtig betrachtete sie das riesige Bild, befühlte vorsichtig das bemalte Leinen und tauchte ein in ein schwarzes Nichts.
1
Deutschland, Gegenwart
    Es war Sommer, als Jan die Tür hinter sich ins Schloss zog und das Haus für immer verließ.
    Wie ein Dieb schlich er sich schon im Morgengrauen aus ihrem gemeinsamen Leben.
    Im Kirschbaum stritten sich die Spatzen lauthals um die besten Plätze, die Sonne hatte eben erst begonnen, den Tau auf den Blättern zu trocknen.
    Nele legte die Stirn an die Fensterscheibe und blickte auf die Straße. Sie würde nie wieder Kirschen essen können, ohne an diesen Morgen zu denken.
    Unten vor ihrem Fenster stand Jan, ihr Vater. Sie sagte schon lange nicht mehr Mama und Papa zu ihren Eltern. Irgendwann war aus ihnen Lilli und Jan geworden.
    Jan schaute zu ihr hoch und winkte zum Abschied. Dann stieg er in seinen alten blauen Bus und fuhr davon.
    Nele fror. Es fühlte sich an, als ob nicht nur Jans Möbel, seine Bücher und Kleider mit dem Bus um die Ecke bogen, nein, es war, als ob auch ein Stück von ihr in Kisten verpackt worden wäre und sich nun immer weiter von ihr entfernte.
    »Bis bald«, hatte Jan gesagt und sie noch einmal in den Arm genommen. Bis bald. So, als ob er nur eben auf eine Dienstreise ginge oder auf seinen jährlichen Angeltrip. Aber sie wusste, dass Jan niemals zurückkommen würde. Nicht in dieses Haus, in dem sie so viele Jahre glücklich zusammengelebt hatten.
    Auch sie würde bald ausziehen. Lilli hatte eine kleinere Wohnung für sie beide gemietet.
    Nele zog sich die Kapuze des riesigen grauen Sweatshirts über den Kopf.
    Es war Jans Pullover. Sie hatte ihn heimlich aus einer der gepackten Kisten herausgenommen und unter ihrem Bett versteckt. Heute Morgen hatte sie ihn hervorgezogen und sich darin verkrochen. Wenn sie die Kapuze tief ins Gesicht schob und die Nase vorne in den Ausschnitt steckte, dann roch es nach Jan. Aber der Geruch würde verfliegen, sie konnte die Vergangenheit nicht festhalten.
    »Nele, bitte mach doch endlich die Tür auf!«
    Schon zum zweiten Mal stand Lilli heute vor ihrem Zimmer.
    Nele antwortete nicht. Was hätte sie auch sagen sollen?
    »Nele, bitte! So geht das nicht weiter. Wir müssen reden!«
    Lilli klopfte schon wieder.
    »Verdammt, lass mich endlich in Ruhe. Ich will nicht mit dir reden!«
    Nele wandte sich vom Fenster ab und warf sich aufs Bett. Tränen liefen ihr über das Gesicht. Wütend schlug sie mit den Fäusten auf das Kissen. Nur so konnte sie den Schmerz tief in sich drin aushalten.
    Dieser Tag war auf sie zugerollt wie eine Lawine. Am Anfang hatte sie noch geglaubt, dass ihre Eltern sich bald wieder vertragen würden. Aber dann hatte Jan angefangen, Zeitungsannoncen auszuschneiden und auf Wohnungssuche zu gehen. Schließlich war er fündig geworden und hatte begonnen, seine Sachen in Umzugskisten zu packen.
    Jeden Tag war das Haus ein bisschen leerer geworden, mit jeder gepackten Kiste hatte es sein Gesicht ein wenig mehr verändert. Da, wo Jans Sachen fehlten, wirkten die Räume wie ein Bild, in dem jemand herumradiert hatte.
    Nele ließ ihren Blick durch ihr Zimmer schweifen. Bald würde hier ein anderes Kind wohnen. Ob es Geschwister mitbrachte? Ob seine Eltern sich besser vertragen würden als Lilli und Jan?
    Sie seufzte. Ihr war kalt. Sie nahm die Wolldecke vom Bett und wickelte sich darin ein.
    Dann drehte sie den Schlüssel im Schloss, öffnete die Tür und ging nach unten.
    Lilli saß in der Küche und umklammerte mit beiden Händen eine Tasse. Ihre Mutter sah blass aus.
    »Na, Große, möchtest du mit mir frühstücken?«
    Nele griff nach einem Glas und goss Milch hinein.
    »Das ist Jans Platz!«, fauchte sie ihre Mutter an.
    Lilli hob erschrocken den Kopf. Ohne ein Wort zu sagen, stand sie auf, schob ihre Tasse ein Stückchen weiter und setzte sich auf den nächsten Stuhl.
    Nele ließ sich ihr gegenüber nieder und nippte an ihrer Milch. Sie wusste, dass sie gemein war. Aber sie konnte nicht anders.
    »Du siehst gemütlich aus mit deiner Decke.«
    Nele verdrehte die Augen. Sie hasste es, wenn
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