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Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss

Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss

Titel: Percy Pumpkin (Bd.1) - Mord im Schloss
Autoren: Christian Loeffelbein
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Tropfen Wasser, dann fiel sein Kopf auf ihre Schulter. Sie strich ihm über die dunklen Locken und küsste seine heiße Stirn. Sie nahm ihn fester in die Arme und hielt ihn im Schlaf. Johanna war selbst müde, so müde, dass ihr die Augen zufallen wollten. Aber sie hatte Angst einzuschlafen.
    »Lass mich nicht allein, Sami, bitte lass mich nicht allein«, flüsterte sie.
    Tränen liefen ihr über das Gesicht. Wie sehr sehnte sie sich nach ihrer Mutter. Aber die war tot, genauso wie ihr Vater.
    Immer wieder quälten sie die Bilder, die besonders in der Nacht aus ihrem Versteck krochen, als hätten sie den ganzen Tag nur dagelegen wie ein hungriges Raubtier und auf den Moment gelauert, da sie nicht mehr die Kraft haben würde, sich gegen sie zu wehren. Für immer eingebrannt in ihre Erinnerung waren die Bilder der Männer, die erst ihren Vater in weiße Tücher gehüllt hatten. Dann hatte die Nachbarin auch über das geliebte Gesicht der Mutter helles Leinen gelegt, und die Männer hatten die toten Körper der Eltern aus der Stube geschafft wie alte Möbel, die keiner mehr brauchte.
    In der Nacht nach dem Tod der Mutter hatte Samuel ebenfalls das schreckliche Fieber bekommen. Er wird sterben, hatte ein Nachbar gesagt. Ein anderer meinte, man solle die Hütte am besten gleich mit ihnen beiden anzünden, sie seien ohnehin verloren. Doch dann war die alte Hebamme gekommen, hatte sie mitgenommen undin das Kloster gebracht. Der Herrgott ist mit den Kindern, hatte sie gemurmelt und sie beide durch das große Tor geschoben.
    Seitdem waren sie hier und Samuel wurde von Tag zu Tag schwächer. Johanna hielt ihn fest umklammert und lehnte sich an seinen kraftlosen Körper. Ihr Kopf wurde schwer, sie wollte sich hinlegen, nur für einen kurzen Moment die Augen schließen, nicht schlafen, nur ausruhen vom Tag.
    Plötzlich schreckte sie hoch. Ihr war, als hätte ein Luftzug ihre Wange gestreift. Johanna lauschte.
    Vereinzelt war leises Stöhnen zu hören, aber sonst war es still in der Kirche.
    Dann sah sie den Fremden.
    Hoch ragte er zwischen den Kranken auf, eine dunkle Gestalt in einer langen Kutte. Eine weit in die Stirn gezogene Kapuze verbarg das Gesicht. Johanna hielt die Luft an und machte sich ganz klein. Wer war dieser Mann und wie war er in die Kirche hereingekommen? Sie wusste, dass die schwere Eichentür des Klosters nachts abgeschlossen wurde.
    So wollte man verhindern, dass die Menschen von ihren Lagern aufstanden und zurück in ihre Häuser flohen. Die Krankheit sollte nicht aus den Mauern hinaus in die Stadt getragen werden.
    Was hatte der Fremde hier mitten in der Nacht zu suchen? Johanna reckte sich ein bisschen, um ihn besser sehen zu können. Er schaute nicht nach rechts und nichtnach links, interessierte sich nicht für die Menschen, die hier lagen. Mit langen Schritten eilte er durch den Gang.
    In den Armen hielt er ein Bündel, das er fest an sich presste. Er bemerkte Johanna nicht, obwohl er so dicht an ihr vorbeilief, dass sie ihn hätte berühren können. Rasch drückte sie ihr Gesicht wieder tiefer in Samuels Locken und stellte sich schlafend.
    Da ließ sie ein plötzliches Poltern zusammenzucken. Der Fremde war über einen der Kranken am Rand des Ganges gestolpert und hatte sein Päckchen fallen gelassen. Etwas Glänzendes rollte über den Steinboden auf Johanna zu.
    Im sanften Licht des Vollmonds konnte sie einen goldenen Kelch erkennen, der genau vor ihr zum Liegen kam. Noch nie hatte sie etwas so Kostbares gesehen. Johanna schlug das Laken zurück. Sie musste den Kelch berühren. Sie musste wissen, wie er sich anfühlte. Langsam strich sie mit den Fingerkuppen über die glatten Steine, die in seinen Rand eingefasst waren, ertastete die feine Gravur, die sich wie eine Schlange darum wand.
    Der Blick des Fremden traf sie. Er hob den rechten Arm und streckte ihr seine Hand entgegen. Johanna zögerte. Der Mann trat einen Schritt auf sie zu. Er sprach kein Wort, aber Johanna wusste auch so, dass er ohne den Kelch nicht wieder gehen würde. Behutsam bettete sie Samuel auf das Lager, erhob sich und bewegte sich zögernd auf den Fremden zu. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie groß er war. Viel größer als alle Männer, die ihr bisher begegnetwaren. Fest umklammerte sie den Kelch und biss sich auf die Lippen. An der rechten Hand des Mannes fehlte ein Finger. Schnell reichte sie ihm das kostbare Gefäß.
    Der Fremde drehte sich augenblicklich um und ging auf den Altar zu. Dort berührte er das große Gemälde
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