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Paxson, Diana L.

Titel: Paxson, Diana L.
Autoren: Der Zauber von Erin
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väterliche Handlung darin bestanden hatte, mich vom Leichnam der kleinen Britin aufzuheben, die bei meiner Geburt ihr Leben gelassen hatte, und mich zu seiner Schwester, der Königin, zu bringen, damit sie mich mit ihrem eigenen neugeborenen Töchterchen aufziehe. Doch das war nichts, was der Bemerkung wert gewesen wäre, und die Prinzessinnen achteten nicht mehr auf mich, als wäre ich wahrhaftig Esseiltes Schatten.
    »Ich weiß, wer der Morholt ist und wer ich bin.« Esseilte umhüllte sich mit Würde wie mit dem weiten Faltenwurf ihres gedeckten blaulila karierten Umhangs. »Und ich schwöre euch, daß kein Mann, der nicht des Morholts Bezwinger ist, den Liebesschwur von mir hören wird!«
    Plötzlich schien mir der Wind kälter zu wehen. Er kam aus dem Osten, von jenseits des Dunstschleiers, den die Dämmerung über das Britische Meer gesenkt hatte. Ich zog meinen eigenen grauen Umhang enger um mich, dankbar für die Wärme der dicken Wolle, denn mir deuchte, ich hörte aus Esseiltes trutzigen Worten den Widerhall eines Zauberbanns aus einer der alten Sagen. Die Prinzessinnen lachten, und auch ich bemühte mich zu lächeln, denn ähnliche Beteuerungen hatte ich von Esseilte schon nach dem Ableben eines Lieblingssperlings gehört und wieder, nachdem sie ihren goldenen Armreif verloren hatte.
    Doch am Samhainabend hatte die Erde Ohren, die Schwüre von Sterblichen zu hören.
    Jemand auf der Bergkuppe winkte – eine lange weiße Hand, deren Geste Aufmerksamkeit gebot, noch ehe jemand bewußt war, daß sie der Königin gehörte. Das Geplaudere der Prinzessinnen verstummte sogleich. Esseilte hob bestätigend die Rechte und drehte sich ohne ein Lebewohl um. Sie machte sich daran, den Berg emporzusteigen. Ich blickte ihr nach. Ihr blonder Kopf schimmerte noch deutlich, nachdem ihr Umhang bereits eins mit dem dunklen Gras geworden war. Ich fragte mich, ob ich ihr folgen solle. Doch wenn sie sich der Königin widmen mußte, brauchte sie mich nicht.
    In der Stille hörte ich das Plätschern des Wassers am Mühlenrad. Langsam stieg ich den Hang hinunter. Der Mühlteich, den eine unterirdische Quelle speiste, war im schwindenden Licht wie ein dunkler Spiegel. Ich beugte mich darüber, und einen Moment glaubte ich, Esseiltes Gesicht blickte mir daraus entgegen. Da wurde mir bewußt, daß es mein eigenes war – schmäler, mit eher grauen als blauen Augen und Haar vom hellen Braun eines im Schatten liegenden Weizenackers, während ihres wie das eines Kornfeldes im hellen Sonnenschein war.
    Es ist gleich, wer ich bin, dachte ich da. Ich teile jetzt Esseiltes Los.
    Als hätte mein Gedanke sie gerufen, sah ich beim Hochblicken, wie Esseilte mir von der Bergkuppe zuwinkte.
    »Branwen, komm, schnell! Wir können das Tlachtgafeuer sehen! Sie bringen die Fackeln – Branwen, komm! Schau doch!«
    Ich winkte zurück, hob schnell noch ein paar verlorene Getreidekörner vom Weg auf und warf sie als Opfergabe für den Teichgeist ins dunkle Wasser. Dann stand ich auf und eilte den Hang empor.
    Sieben Meilen entfernt erhob sich der Hügel von Tlachtga, wo soeben die heiligen Feuer gezündet wurden. Früher hatte man da auch Opfergaben verbrannt. Ein Lichtfunke leuchtete dort auf, winzig noch, doch heller als das rosige Glühen, das allmählich am Westhimmel erlosch. Ich wußte, daß es das Wachtfeuer war, das die Heerscharen der Luft und Erde in Schach hielt.
    Und während wir zusahen, sprühte das Feuer zu unzähligen Lichtpunkten auf. Esseilte griff nach meinem Arm und klammerte sich daran, während wir zusahen, wie sie wuchsen – zu einem Funkenschwarm wurden und über den Schattenreitern tanzten, die entlang der Straße auf uns zudonnerten.
    So kamen die Elbenscharen, wenn sie sich am Samhainabend in ihre Winterfestungen begaben. Ich spürte, wie sich mir die Härchen auf den Armen aufstellten, obgleich ich wußte, daß es Menschen waren, die da herbeiritten.
    »Ard-Righ! Ard-Righ!« kündete Königin Mairenn den Hochkönig an, und die anderen Frauen stimmten laut ein. Ich konnte das weiße Schimmern von zwei Pferden sehen, ein gedämpftes Goldglimmen von des Königs Prunkwagen dahinter, dann weitere Reiter mit den Samhainfackeln, die hell in ihren Händen brannten. Um die Kurve herum und den sanften Osthang des Berges brausten sie, glitzernd in beeindruckender Schönheit.
    »Da ist er!« übertönte Esseiltes helle Stimme das Rufen. »Siehst du, Branwen – der Morholt führt sie an!«
    Ich sah meinen Vater, wie er seinen kräftigen
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